Leitfaden für Bau und Finanzierung eines kommunalen Schwimmbades

Der (Neu-)Bau oder die Revitalisierung von Schwimmbädern stellt Kommunen vor große Herausforderungen, die durch gut strukturierte Vorbereitung, Planung und Projektumsetzung zu einem erfolgreichen Projekt werden können.

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I. Vom Wunsch zur realen Planung

Der Bau oder die Revitalisierung von Schwimmbädern ist häufig begleitet von politisch geprägten Wünschen oder Vorstellungen der Bürger. Nicht selten wird der (Um)Bau zum Anlass genommen, zunächst einmal alle möglich oder interessant erscheinenden Nutzungsmöglichkeiten des Schwimmbades in Erwägung zu ziehen. Das ist zielführend und hilfreich, muss jedoch einer Wirtschaftlichkeitskontrolle standhalten.

1. Markterkundung

Wenn alle Wünsche und Vorstellungen auf dem Tisch liegen, sollte im Wege einer Markterkundung zunächst in Erfahrung gebracht werden, was auf dem Markt an Lösungen (derzeit) tatsächlich verfügbar ist, welche Leistungen – auch ggf. durch Dritte – erbracht werden können und wie sich das Preisgefüge (Ausgaben für Bau und Betrieb gegen potenzielle Einnahmen durch (erhöhte) Besucherzahlen) überhaupt auswirkt. Für den Fall, dass Fördermittel zum (Um-)Bau in Anspruch genommen werden sollen, ist eine solche Markterkundung teilweise sogar zwingend vorgegeben (§ 28 VgV; § 2 Abs. 7 VOB/A-EU). Letztlich muss das Modell dann auf Wirtschaftlichkeit und die hauptsächlich gewünschte Nutzungsart angepasst werden.

2. Machbarkeitsstudie

Schließlich sollte in einer Machbarkeitsstudie das anvisierte Modell konkreter betrachtet und die Wirtschaftlichkeit anhand realistischer Zahlen durchgerechnet werden (Businessplan). Fällt dabei auf, dass z. B. der Betrieb einer Saunalandschaft oder einer umfangreichen Gastronomie nur zu unverhältnismäßig hohen Kosten möglich ist, oder dass die Ausstattung mit mehreren Schwimmbecken eine zu hohe Zahl an Mitarbeitern mit sich bringt, können noch vor Beginn der Umsetzungsplanung Abstriche gemacht und das Modell optimiert werden.

II. Einfluss der Organisationsstruktur auf Finanzierung und Wahrung kommunaler Interessen

Die kommunalen Entscheidungsträger müssen sich als erstes mit den Fragen befassen, wer Eigentümer des Schwimmbades werden und wer es betreiben soll. In Betracht kommen die Kommune selbst als Regie- oder Eigenbetrieb, – sofern vorhanden – der kommunale Energieversorger, die Stadtwerke GmbH oder ein (fremder) „Dritter“. Mischformen sind selbstverständlich möglich.
Die Entscheidung hängt von verschiedenen Parametern ab, die hier kurz vorgestellt werden sollen. Wesentlich sind dabei aus Sicht der Kommune die Finanzierung und die Absicherung der Mitspracherechte während der Bau- und Betriebsphase des Schwimmbades.

1. Finanzierung eines kommunalen Schwimmbades

Als erstes ist zu klären, wie die Kapital- und Betriebskosten finanziert werden können. Bei den Kapitalkosten handelt es sich um die Zinsen aus der Finanzierung und die Abschreibung auf das Gebäude und die Einrichtung. Die Höhe der Betriebskosten wird wesentlich bestimmt durch den Energieverbrauch (Wasser, Wärme und Strom) sowie die Arbeitslöhne für das Schwimmbadpersonal. Hierbei muss man sich klar machen, dass der Betrieb eines kommunalen Schwimmbades (fast) immer dauerdefizitär ist. Die Eintrittspreise können nicht kostendeckend sein, da die Kommune aus Gründen der Daseinsvorsorge gehalten ist, die Eintrittspreise in einer für jedermann erschwinglichen Höhe festzusetzen.

a) Kommunalkredit und Fördermittel

Übernimmt es die Kommune, das Schwimmbad zu finanzieren, kann sie sich über sogenannte Kommunalkredite günstiger refinanzieren als Private dies können. Angesichts des drastischen, bundesweit bestehenden Investitionsbedarfs bei kommunalen Schwimmbädern haben der Bund und die Länder zwischenzeitlich Fördermittelprogramme aufgelegt. Fördermittel in Anspruch nehmen können in der Regel die Kommunen selbst; ob die Weiterleitung der Fördermittel an Dritte, wie beispielsweise an Gesellschaften, die mehrheitlich von einer Kommune beherrscht werden, zulässig ist, ist anhand der Förderbedingungen im Einzelfall zu prüfen. Auch lassen sich die Kosten über Fördermittel nur zum Teil abdecken, da die Fördermittel nur für den Bau, nicht aber den Betrieb des Schwimmbades bereitgestellt werden.
Die unterschiedlichen Förderprogramme und deren Voraussetzungen sollten daher frühzeitig ermittelt und Anträge nach dem Abschluss der Machbarkeitsstudie zeitnah gestellt werden. Gegebenenfalls sind im Hinblick auf das gewünschte Förderprogramm auch noch Änderungen an den bereits geplanten Maßnahmen erforderlich, etwa weil zwar ein Spaßbad gewünscht, aber (nur) ein Lehrschwimmbecken gefördert wird. Hier ist eine Entscheidung zu treffen.

b) Nutzung des steuerlichen Querverbunds

Bindet die Kommune „ihr Stadtwerk“, den kommunalen Energieversorger vor Ort, an dem die Kommune mehrheitlich beteiligt ist, in den Bau und den Betrieb des Schwimmbades ein, lässt sich das Schwimmbad – sofern das Stadtwerk über eine Stromversorgung verfügt – über den sogenannten steuerlichen Querverbund mitfinanzieren. Der steuerliche Querverbund ist die tragende Säule der Finanzierung kommunaler Schwimmbäder. Im Rahmen des steuerlichen Querverbunds werden die Dauerverluste des kommunalen Schwimmbades steuermindernd mit den Gewinnen der Versorgungssparte des Stadtwerks (Strom, Gas, Wasser und Wärme) verrechnet. Das Finanzierungsvolumen, welches in der Steuerersparnis durch die Verrechnung liegt, entspricht rd. 30 % des Schwimmbadverlusts. Die Ergebnisverrechnung im steuerlichen Querverbund setzt voraus, dass das Ergebnis der Versorgungssparte entsprechend hoch ist, was in Zeiten sinkender Margen bei Energieversorgern keine Selbstverständlichkeit mehr ist.

c) Einbindung Dritter

Schließlich kann es einem Dritten überlassen werden, Bau und Errichtung zu finanzieren und das Schwimmbad selbst zu betreiben. Dann allerdings werden die Eintrittspreise vorhersehbar in einer Höhe eingesteuert, in der der Betrieb einen Gewinn abwirft. Oder die Kommune ist gehalten, das jährlich verbleibende Defizit durch einen Zuschuss auszugleichen. Dies kann die Kommune jedoch nicht unbeschränkt tun, da sie bei der Verwendung öffentlicher Gelder an die Vorgaben bzw. Grenzen des Beihilfenrechts gebunden ist.

2. Sicherstellung der kommunalen Interessen

Wichtig für die Kommune bei einem so prominenten Projekt wie dem Schwimmbadbau ist die Absicherung der Mitspracherechte in der Planungs-, Bau- und Betriebsphase. Hier gilt die einfache Formel, je weniger Einfluss die Kommune auf die Entscheidungen des ausführenden Unternehmens hat, desto weniger Mitspracherechte hat sie. Übernimmt die Kommune Bau und Betrieb, hat sie im Rahmen eines Regie- oder Eigenbetriebs alle Entscheidungen selbst in der Hand. Übernimmt die kommunale Stadtwerk GmbH Bau und Betrieb, sind wesentliche Entscheidungen von der Gesellschafterversammlung, in der die Kommune als herrschender Gesellschafter das Sagen hat, abzusegnen. Der Geschäftsführer des Stadtwerks wird im laufenden Betrieb durch den Aufsichtsrat überwacht. Ein Dritter hingegen kann nur über entsprechende vertragliche Regelungen verpflichtet werden.

Was sind die für die Kommune entscheidenden Aspekte, auf die sie Einfluss nehmen will? Hier sind regelmäßig die Standortwahl und die Erreichbarkeit zu nennen. Möglicherweise gibt es „nebenan“ bereits andere gewerbliche Einrichtungen wie Supermärkte, die den Standort attraktiv machen. Existiert ein (altes) Schwimmbad, ist zu klären, was mit dem Schwimmbad passieren soll, sobald das neue Schwimmbad geöffnet hat. Wer trägt die Abrisskosten und wie soll das Grundstück künftig genutzt werden? Wichtig dabei ist, zu beachten, dass die Stilllegung des alten Schwimmbades auch erhebliche steuerliche Folgen haben kann, wenn z.B. die stillen Reserven des Bädergrundstücks nach Jahrzehnten der Nutzung durch die Betriebsaufgabe aufgedeckt werden müssen.

Schließlich ist das Nutzungskonzept festzulegen. Dieses ist für jede Kommune individuell in Abhängigkeit von den Gegebenheiten vor Ort zu bestimmen. Soll ein Freizeit- bzw. Spaßbad oder Sportbecken, ein Hallen-, Frei- oder Kombibad gebaut werden? Soll das Schwimmbad in Kooperation mit der Nachbarkommune gebaut und betrieben werden? Auf welche Nutzergruppe soll das Schwimmbad zugeschnitten sein? Soll es auch für Schulen und Vereine offen stehen? Welche weiteren Angebote wie beispielsweise eine Sauna oder Gastronomie sind darüber hinaus erforderlich, um das Schwimmbad attraktiv zu machen? Letztlich hat die Ausstattung des Schwimmbades auch Auswirkung auf die Höhe der Eintrittspreise.

III. Verpflichtende Anwendung Vergaberecht

Für die Durchführung von Baumaßnahmen, aber auch schon für die Beschaffung von Planungs- und Beratungsleistungen ist die Kommune als öffentlicher Auftraggeber zur Anwendung des Vergaberechts und damit zur (europaweiten) Ausschreibung der zu beschaffenden Leistungen verpflichtet. Dies kann unter Umständen auch auf Stadtwerke zutreffen. Insbesondere wenn Fördermittel in Anspruch genommen werden sollen, sollte ein Blick ins Vergaberecht geworfen werden. Da der Förderbescheid eine staatliche Zuwendung darstellt, ist dieser mit Nebenbestimmungen versehen, die im Regelfall die Anwendung des Vergaberechts für die geförderte Maßnahme vorschreiben.
Rechtlich gesehen darf mit der Ausschreibung der Leistungen (abhängig vom Fördergeber kann das auch bereits die konkreten Planungsleistungen betreffen) erst begonnen werden, wenn die Finanzierung gesichert ist und ggf. der Förderbescheid für ein konkretes Projekt vorliegt.

IV. Baurecht

Im Bereich des Baurechts gilt es zu berücksichtigen, ob hinsichtlich der geplanten Maßnahme zunächst überhaupt Baurecht geschaffen werden muss (Ausweisung einer geeigneten Fläche, Fragen der Anbindung an den ÖPNV, Parkplatzsituation vor Ort, etc., mit ggf. langwierigen Vorbereitungsmaßnahmen). Dann gilt es bei der Wahl des geeigneten Standortes die möglichen Synergien kritisch zu hinterfragen. Wenn es dagegen rein um die Maßnahmen an einer bestehenden Anlage geht, sind der Umfang, Zeitraum und ggf. Anwohnerbelange während des Baus hinreichend zu berücksichtigen. Hier sollte frühzeitig geklärt werden, ob eine Revitalisierung unter laufendem Betrieb erfolgen kann oder was den Badegästen/Schulen/Vereinen während der Zeit einer Vollschließung als Alternative geboten werden kann.

V. Fazit

Ein Schwimmbadneubau bzw. dessen Revitalisierung wird dann zum Erfolgsprojekt, wenn die für eine strukturierte und fachübergreifende Planung erforderlichen Parameter frühzeitig erarbeitet und als Entscheidungsgrundlage herangezogen werden.

Die Autorinnen: Meike Weichel und Anne K. Rupf (Becker Büttner Held)

Becker Büttner Held ist ein führender Anbieter von Beratungsdienstleistungen für Energie- und Infrastrukturunternehmen und deren Kunden. Den Kern der Mandantschaft bilden zahlreiche Energie- und Versorgungsunternehmen, vor allem Stadtwerke, Kommunen und Gebietskörperschaften, Industrieunternehmen sowie internationale Konzerne. Diese und viele Unternehmen und Institutionen aus anderen Bereichen unterstützt BBH sowohl in allen Rechtsfragen als auch betriebswirtschaftlich und strategisch.

Meike Weichel (Rechtsanwältin/Steuerberaterin) ist spezialisiert auf die laufende und gestaltende steuerliche Beratung von Unternehmen der Energiewirtschaft und des öffentlichen Personennahverkehrs, von Schwimmbädern und sonstigen Einrichtungen der kommunalen Daseinsvorsorge. Anne K. Rupf (Rechtsanwältin) beschäftigt sich mit allgemeinem Energiewirtschaftsrecht, Fragen rund um Konzessionierungsverfahren und Netzübernahmen sowie Vergabe- und allgemeinem Zivilrecht.

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