Schwimmbadbetrieb: Rechtliche Grundlagen

Alle relevanten Rechtsfragen rund um den Betrieb von Schwimmbädern abzuhandeln, hieße ein umfassendes Handbuch zu erstellen, das den vorliegenden Rahmen sprengen würde. Daher werden im Folgenden, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, besonders markante rechtliche Aspekte des laufenden Badbetriebs aufgezeigt, und zwar zu Verkehrssicherungs- bzw. Aufsichtspflichten, zu Personalfragen, sowie Datenschutz und Aspekten des Hausrechts.

I. Haftung aus Verkehrssicherungs- und Aufsichtspflichten

Zentrale Bedeutung für den Badebetrieb haben die Verkehrssicherungs- und Aufsichtspflichten. Zivilrechtlich leiten sich diese Pflichten aus der gesetzlichen Deliktshaftung nach §§ 823 ff. BGB sowie vertraglichen Nebenpflichten gegenüber dem Badegast ab und folgen daraus, dass auch vorsätzliches sowie fahrlässiges Unterlassen eine unerlaubte Handlung bzw. Pflichtverletzung darstellen kann. Entsprechendes gilt nach § 13 StGB auch für eine mögliche Strafbarkeit durch Unterlassen, wenn eine sog. „Garantenstellung“ entsprechende Sicherheitsvorkehrungen erfordert. Sowohl dem Betreiber, als auch den Beteiligten persönlich droht zivilrechtliche wie auch strafrechtliche Haftung insbesondere für Badeunfälle.

1. Konkretisierung durch die Richtlinie DGfdB R 94.05

Genauere Anforderungen aus diesen Pflichten und Risiken ergeben sich für Bäderbetriebe aus der Richtlinie „R 94.05“ der Deutschen Gesellschaft für das Bäderwesen (DGfdB), Stand April 2015. Zwar liegt derzeit ein neuer Entwurf von Januar 2019 vor, dessen Umsetzung ist aktuell jedoch nicht absehbar. Die R 94.05 hat zentrale Bedeutung für die Erfüllung der bädertypischen Verkehrssicherungspflichten und gibt eine in der Rechtsprechung anerkannte Orientierung. Sie gilt für kommunale Schwimmbäder und Freizeitbäder, deren Nutzung öffentlich ist, nicht aber für Naturbäder.

Sie schreibt eine „Aufbau- und Ablauforganisation einschließlich der entsprechenden Dokumentation“ vor. Sodann wird differenziert nach „Betriebsaufsicht“, bezogen auf den sicheren Zustand der baulichen und technischen Anlagen, und „Beaufsichtigung des Badebetriebs“, bezogen auf präventive Vorbeugung gegen Unfälle mit dem Kernbereich der „Wasseraufsicht“, neben der Aufsicht über „weitere zugängliche Bereiche“ wie Sauna, Kassen, Umkleiden, Wege, Toiletten usw.

Für die Qualifikation des Personals gilt: Während für die „Betriebsaufsicht“ nur eine Soll-Vorgabe zur Ausübung durch „Fachkräfte“ (Fachangestellte für Bäderbetriebe/Schwimmmeistergehilfen/innen bzw. Geprüfte Meister/innen für Bäderbetriebe/Geprüfte Schwimmmeister/innen) oder gleichermaßen geeignete andere qualifizierte Personen gemacht wird, ist für die „Beaufsichtigung des Badebetriebs“ der Einsatz von Fachkräften oder von Rettungsschwimmern vorgegeben, die mindestens 18 Jahre alt, körperlich sowie geistig für die Aufgabe geeignet und mit dem Bad einschließlich Ausstattung und betrieblichen Abläufen vertraut sind sowie ausgebildete Ersthelfer sein müssen.

Diese Anforderungen sind verzichtbar, soweit der Einsatz ausschließlich in den „weiteren zugänglichen Bereichen“ und nicht (auch) in der Wasseraufsicht erfolgt. Für die Wasseraufsicht ist zudem noch „Rettungsfähigkeit“ erforderlich, d.h. das Rettungsschwimmabzeichen in Silber oder eine andere, gleichwertige Prüfung; der Nachweis darf nicht älter als zwei Jahre sein.

Kernvorgabe für die Organisation ist, die Beaufsichtigung des Badebetriebs „personell ausreichend auszustatten“ und den „Gegebenheiten des Bades anzupassen“, wobei bei der Festlegung der Anzahl der Aufsichtskräfte bestimmte Faktoren zu berücksichtigen sind. Dies erfordert letztlich die Festlegung eines spezifischen Personalkonzepts, das auf individueller Begutachtung des Betriebes nach den Vorgaben der R 94.05 beruht.

Die Durchführung der Beaufsichtigung erfordert für die „weiteren zugänglichen Bereiche“ kurzzeitige regelmäßige Kontrollgänge. Für die Wasseraufsicht ist jeder Aufsichtsperson ein Aufsichtsbereich zuzuweisen; dabei muss der Standort ein Überblicken des zugewiesenen Aufsichtsbereichs ermöglichen, ein regelmäßiger Standortwechsel durch Rundgang erfolgen und die Wasserfläche und der Beckenboden regelmäßig beobachtet werden.

2. Rechtsprechung zur Haftung bei Badeunfällen

Die Vorgaben der R 94.05 wurden aus der Rechtsprechung herausgebildet, die wiederum in ihre Urteile die Maßstäbe der Richtlinie mit einbezieht. So verwies der Bundesgerichtshof (BGH) zu den vorgenannten Anforderungen an die Wasseraufsicht in seinem letzten Grundsatzurteil vom 23.11.2017 (III ZR 60/16) ausdrücklich auf die R 94.05. Dabei bestätigte der BGH auch den Grundsatz, dass „keine Verpflichtung zur lückenlosen Beobachtung eines jeden Schwimmers“ besteht.

Allerdings wies er gleichzeitig auf verschärfte Beweislastregeln hin, wonach Aufsichten im Schwimmbad mit Ärzten bei Kunstfehlern gleichgesetzt werden: Wer besondere Berufs- oder Organisationspflichten grob fahrlässig verletzt, muss bei Eintritt von Gesundheitsschäden beweisen, dass sein Fehler nicht ursächlich war. Der BGH begründet dies damit, dass Badegäste – ähnlich wie Arztpatienten – sich einer Berufsgruppe anvertrauen, die zur Bewahrung anderer vor Gefahren für Leben und Gesundheit verpflichtet ist. Die Aufsicht ist daher nicht nur pflichtenkonform zu organisieren, sondern die Einhaltung der Pflichten ist auch durch laufende Kontrollen und Dokumentation nachzuhalten.

II. Personal und Arbeitsrecht

Badbetreiber sind somit gehalten, mit quantitativ wie qualitativ ausreichender Personalbesetzung bzw. mit Fachkräften zu arbeiten. Dem stehen jedoch ein gerade im Bäderbereich dramatischer Nachwuchs- und Fachkräftemangel sowie – jedenfalls im kommunalen Umfeld – regelmäßig knappe Kassen sowie defizitäre Betriebe gegenüber. Dabei gelten komplexe arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen:

1. Tarifverträge

Im kommunalen Bereich sind Bäderbetriebe als Arbeitgeber regelmäßig an den Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst (TVöD) oder – insbesondere bei Stadtwerken – an den Tarifvertrag für Versorgungsbetriebe (TV-V) gebunden. Während der TVöD besondere Tätigkeitsmerkmale für Bäderpersonal regelt, die eine fachspezifische Eingruppierung ermöglichen, fehlt beim TV-V ein solcher bäderbezogener Katalog, so dass die Eingruppierung nach allgemeinen Merkmalen erfolgt. Die Tarifentgelte bilden nicht nur Mindestentgelte, sondern im öffentlichen Dienst auch die Obergrenze für Tarifbeschäftigte. So wird je nach regionaler Struktur die Personalbeschaffung durch eher unattraktive Entgelte zusätzlich verstärkt.

2. Flexibler Personaleinsatz und S(cheins)elbständigkeit

Insbesondere der saison- und wetterabhängige Freibadbetrieb erfordert flexiblen Personaleinsatz, für den besondere Regeln gelten. So ist die Möglichkeit, „Arbeit auf Abruf“ im laufenden Arbeitsverhältnis zu vereinbaren, durch § 12 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) reglementiert. Insbesondere muss ein wöchentlicher (Regel-)Arbeitsumfang vereinbart sein. Allerdings erlaubt der neue § 12 Abs. 2 TzBfG die Vereinbarung von wöchentlichem Mindest- bzw. Höchstumfang, so dass in einer bestimmten Bandbreite Spielraum besteht. Bei kurzfristigen Wetteränderungen schwierig umsetzbar ist die Vorgabe in § 12 Abs. 3 TzBfG, die Lage der Arbeitszeit jeweils mindestens vier Tage im Voraus mitzuteilen.

Ein Mittel zur Flexibilisierung der Arbeit ist die Ergänzung des Stammpersonals durch geringfügig Beschäftigte, sowohl als „450-Euro-Job“ nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV, für den allerdings TVöD und TV-V ebenfalls gelten und nicht nur den gesetzlichen Mindestlohn, sondern auch Eingruppierung und Tarifentgelt erfordern, als auch in der Variante der „kurzfristigen Beschäftigung“ nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV. Bei letzterer gelten TVöD und TV-V nicht, und im Falle einer „nicht berufsmäßigen“ Ausübung gibt es auch unter Beschränkung auf 70 Einsatztage pro Jahr für die Anwendung der Sonderkonditionen der geringfügigen Beschäftigung keine Verdienstbeschränkung auf 450 Euro monatlich.

Vorsicht ist bei Dritt- oder Fremdpersonaleinsatz geboten: Bei freiberuflichen Aufsichtskräften wie auch Schwimmlehrern droht das Risiko der Scheinselbständigkeit mit insbesondere sozialversicherungsrechtlich erheblichen Beitragsnachforderungen, und je nach Einzelfall sogar strafrechtlicher Verfolgung. Bereits die Einplanung in Dienst- oder Schichtpläne dürfte hier einer Selbständigkeit entgegenstehen.

Der Einsatz von Mitarbeitern über Drittorganisationen kann leicht den Tatbestand der Arbeitnehmerüberlassung erfüllen, die einer behördlichen Erlaubnis sowie verschiedener inhaltlicher wie formaler Anforderungen bedarf. Verdeckte, d.h. weder behördlich erlaubte, noch offen ausgewiesene Arbeitnehmerüberlassung birgt verschiedene arbeits-, sozialversicherungs- und steuerrechtliche Risiken, bis hin zu möglichen Bußgeldern gegen Verantwortliche.

Im Übrigen gibt es für Bäderbetriebe wie für jeden Arbeitgeber viele Reglementierungen wie Kündigungsschutz usw., aber auch Gestaltungsmöglichkeiten mit bestimmten Voraussetzungen, wie etwa die Befristung von Arbeitsverhältnissen. Hier ist insbesondere die mit dem Sachgrund des „vorübergehenden Bedarfs“ nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG mögliche Saisonbefristung für die Sommerbadesaison nutzbar.

III. Ausgewählte Aspekte des Hausrechts

Das Hausrecht wird im Wesentlichen durch die Badeordnung umgesetzt und dient u.a. dem Schutz des Gastes. Die Grenze des Erlaubten ist mitunter schwer zu ziehen.

1. Persönlichkeitsrechte und Datenschutz

Videoüberwachung, Ausweiskontrolle, Fotografieren im Bad – viele Maßnahmen im Schwimmbetrieb berühren die Persönlichkeitsrechte von Gast und Personal und unterliegen zusätzlich der DSGVO. Beim Einsatz einer Videoüberwachung (und umso mehr mit Aufzeichnung!) bedarf es einer Interessensabwägung im Einzelfall für jede Kamera und jeden Standort. Ohne konkrete Gefährdungslage und Dokumentation entsprechender Vorfälle ist die Zulässigkeit und Angemessenheit derzeit schwer zu begründen.

Nimmt man diese Hürde, bestehen entsprechende Informations- aber auch Löschpflichten. Einfacher ist die Umsetzung von Fotografierverboten, diese gehören dann aber auch in die Badeordnung. Im Bad werden übrigens eine Vielzahl personenbezogener Daten verarbeitet, z.B. bei der Anmeldung zum Schwimmkurs, der Ausstellung einer Dauerkarte und (oft übersehen) Daten von Beschäftigten. Auch hierbei sind bereits seit über einem Jahr umfangreiche Pflichten aus der DSGVO zu erfüllen, die von Information über Datenminimierung bis zu Löschkonzepten reichen.

2. Badebekleidung im Fokus der Justiz

Bei öffentlich-rechtlicher Badeordnung gilt das Recht des Gastes auf Gleichbehandlung (Art. 3 Grundgesetz). Das Verbot per Badeordnung, einen sog. Burkini zu tragen, war vor dem Hintergrund der optischen Kontrolle bzgl. gesundheitsgefährdender Krankheiten gut gemeint. Neoprenanzüge blieben jedoch erlaubt. Eine ungerechtfertigte Benachteiligung der betroffenen gläubigen Muslima, entschied das OVG Rheinland-Pfalz (10 B 10515/19).

Offen blieb, ob ein Burkini gegenüber einem Badeanzug tatsächlich eine schlechtere Kontrolle bietet und verboten werden dürfte. Die (auch gesellschaftspolitisch) brisante Frage steht damit weiterhin im Raum. Duschen in Badebekleidung wurde einer Muslima durch das VG Halle erlaubt (6 B 243/19), hier begründet mit deren Religionsfreiheit (Art. 4 Grundgesetz). Beide Fälle sollten Badbetreiber für die erhebliche Grundrechtsrelevanz ihrer Badeordnungen sensibilisieren.

IV. Fazit

Der Badbetrieb ist nicht nur aus technischer und organisatorischer Sicht anspruchsvoll, sondern umfasst auch eine Vielzahl verschiedenster rechtlicher Fragestellungen. Leider sind diese nicht immer auf den ersten Blick erkennbar und so führen gut gemeinte Ansätze z.B. im Personaleinsatz und bei Kontrollmaßnahmen häufig zu vermeidbaren Streitigkeiten. Ein waches Auge am Markt hilft zwar aus den Fehlern anderer zu lernen, Sicherheit verspricht dagegen nur eine entsprechende Sensibilisierung und Absicherung vor der Umsetzung von Maßnahmen.

Die Autorinnen: Meike Weichel und Anne K. Rupf (Becker Büttner Held)

Becker Büttner Held ist ein führender Anbieter von Beratungsdienstleistungen für Energie- und Infrastrukturunternehmen und deren Kunden. Den Kern der Mandantschaft bilden zahlreiche Energie- und Versorgungsunternehmen, vor allem Stadtwerke, Kommunen und Gebietskörperschaften, Industrieunternehmen sowie internationale Konzerne. Diese und viele Unternehmen und Institutionen aus anderen Bereichen unterstützt BBH sowohl in allen Rechtsfragen als auch betriebswirtschaftlich und strategisch.

Meike Weichel (Rechtsanwältin/Steuerberaterin) ist spezialisiert auf die laufende und gestaltende steuerliche Beratung von Unternehmen der Energiewirtschaft und des öffentlichen Personennahverkehrs, von Schwimmbädern und sonstigen Einrichtungen der kommunalen Daseinsvorsorge. Anne K. Rupf (Rechtsanwältin) beschäftigt sich mit allgemeinem Energiewirtschaftsrecht, Fragen rund um Konzessionierungsverfahren und Netzübernahmen sowie Vergabe- und allgemeinem Zivilrecht.

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Die Publikation informiert auf 100 Seiten über die Planung und den Bau sowie die Ausstattung und den Unterhalt von Schwimmbädern. Das KOMPENDIUM Schwimmbad ist in mehrere Abschnitte untergliedert: Konzeption, Ausstattung, Gebäude- und Schwimmbadtechnik, Betrieb.