LINKE fordert Sanierungsprogramm für Schwimmbäder

Um die desolate Situation der deutschen Bäderlandschaft zu verbessern, fordert DIE LINKE unter anderem ein Bundessanierungsprogramm für Schwimmbäder. Das Konzept sieht außerdem die kostenfreie Nutzung durch Sportvereine und Schulen vor.

Seit dem Jahr 2000 seit bundesweit jedes zehnte Schwimmbad geschlossen worden, erklärt Parteivorsitzende Janine Wissler im auf der Website der Linkspartei vorgestellten Konzept. „Das sind durchschnittlich mindestens 40 Bäder pro Jahr. Derzeit gibt es etwa 6.500 öffentlich zugängliche Bäder – Hallen-, Frei-, Natur- und Schulbäder. Jedes zweite Schwimmbad muss saniert, genauer gesagt modernisiert werden.“ Im Mittelpunkt stünden dabei vor allem die energetische Sanierung und die Schaffung von Barrierefreiheit.

Der Sanierungsstau in der deutschen Bäderlandschaft beträgt laut einer Studie der Universität Wuppertal bereits im Jahr 2016 rund 4,5 Mrd. Euro und dürfte in den vergangenen Jahren noch weiter angestiegen sein.

Ein Problem dabei, auf das Wissler in ihrem Konzept hinweist: „Die Kommunen sind dramatisch unterfinanziert, viele zum Sparen gezwungen. Weil Bäder freiwillige Leistungen der Kommunen sind, gehören sie oft zu den ersten Angeboten, die weggekürzt werden. Besonders betroffen sind also Gemeinden, die wenig Geld haben.“

2017 hatte der Bundesfinanzhof die Quersubventionierung der Schwimmbäder aus Gewinnen anderer kommunaler Betriebe als unvereinbar mit dem EU-Wettbewerbsrecht gerügt. Das EUGH hat bisher nicht dazu entschieden.

Deutschland – ein Land der Nichtschwimmer?

„Das Bäderstreben ist fatal. Deutschland entwickelt sich zu einem Land der Nichtschwimmer*innen“, so Wissler im Konzept der LINKEN. Immer weniger Kinder würden schwimmen lernen. Laut der DLRG sind derzeit sechs von 10 Kindern (58 Prozent) am Ende der Grundschule keine sicheren Schwimmer. Fast 300 Menschen ertranken 2021 in Deutschland, darunter 47 Kinder und Jugendliche. Ertrinken gehört inzwischen zu den häufigsten Unfalltodesursachen für Kinder.

Wissler: „Im Sommer fällt besonders auf, dass die Bäder fehlen. Vor allem Familien, die sich keinen Urlaub oder teure Ausflüge leisten können, sind in den Sommerferien auf Angebote in der Nähe angewiesen. Doch Schwimmbäder sind nicht nur wichtige Sport- und Freizeitangebote, Ausbildungsstätten für Rettungsschwimmer*innen sowie des Rehabilitations- und Gesundheitssport, sondern einer der wenigen Orte der Gemeinde, an denen noch alle zusammenkommen. Sie zu erhalten, ist deshalb ein Beitrag zu einer solidarischen Gesellschaft. Das kostet Geld – Schwimmbäder sind ein Zuschussgeschäft.“

Schwimmbäder als Teil der kommunalen Daseinsvorsorge

DIE LINKE fordert deshalb in ihrem Bäderkonzept, den Schwimmbadbetrieb nicht mehr als freiwillige Leistung, sondern als Teil der kommunalen Daseinsvorsorge einzustufen, um künftig finanzielle Kürzungen zu vermeiden. Das Bädersterben müsse gestoppt werden, DIE LINKE fordert eine Trendwende: „Ausreichende Finanzierung für die Bäder und kostenloser Eintritt für alle Kinder. Schwimmbäder und die Möglichkeit, schwimmen zu lernen, sollte als kommunale Pflichtaufgabe definiert werden. Bund und Länder müssen hier angemessen unterstützen.“

Ein weiteres Problem, das auch die Bäderallianz in ihrem jüngst veröffentlichten Positionspapier angeprangert hatte, ist der akute Personalmangel im Bäderbetrieb. Laut DLRG fehlen derzeit mindestens 2.500 Schwimmmeister. Hinzu kommt ein extremer Mangel an Schwimmlehrern, Rettungsschwimmern, Übungsleitern in Sportvereinen und weiterem Personal in den Schwimmbädern. Wissler: „Es wird zu wenig ausgebildet, unattraktive Arbeitszeiten und schlechte Bezahlung verschärfen das Problem. Auch das führt zum Ausfall von Schwimmunterricht sowie eingeschränkten Öffnungszeiten von Schwimmbädern und zu geringen Angeboten zum Training in Schwimmvereinen.“

Forderungen zur Verbesserung der Bädersituation

Die Partei DIE LINKE fordert deshalb – unter dem Namen „SOS-Seepferdchen“ – ein bundesweites Sanierungsprogramm für Schwimmbäder sowie Maßnahmen zur Verbesserung der desolaten Personalsituation:

  1. Ein Bundessanierungsprogramm für eine in allen Regionen des Landes bedarfsgerechte Ausstattung mit modernen, ökologischen und barrierefreien Schwimmbädern und einen „Goldenen Plan Sportstätten“, mit Hilfe dessen der Sanierungsstau in der deutschen Sportstättenlandschaft in den nächsten 15 Jahren abgebaut werden soll. Hierfür soll der Bund mindestens 1 Mrd. Euro pro Jahr bereitstellen – 500 Mio. davon für die Bäderlandschaft.
  2. Ein Bonusprogramm für Kommunen, die Schwimmbäder zur Verfügung stellen, und eine Anerkennung des Schwimmbadbetriebs als Teil der kommunalen Daseinsvorsorge. Die Länder sollen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs einen dauerhaften und berechenbaren Bäderbonus einführen und dies aus Landesmitteln finanzieren. Der Bonus soll jährlich den Schwimmbad betreibenden Kommunen zugutekommen, insofern diese an einem Schwimmbad als tragende Gesellschaft beteiligt sind.
  3. Sofortige Umsetzung des Beschlusses der Kultusministerkonferenz zum Schwimmunterricht aus dem Jahr 2017. Der mittlerweile sechs Jahre alte Beschluss sieht unter anderem vor, allen Schülern eine Teilnahme am Schwimmunterricht zu ermöglichen, mit dem Ziel, dass alle Kinder bis zum Ende der Primarstufe sicher schwimmen können.
  4. Kostenloser Zugang für Kinder: DIE LINKE fordert, dass alle Kinder ticketlosen Zugang zum Freibad haben – unabhängig vom Geldbeutel der Eltern. Weiterhin sind finanziell benachteiligte Familien weitere Unterstützung, zum Beispiel durch Bereitstellung von Badebekleidung und Übernahme von Eintritts- und Fahrkosten sowie Mitgliedsbeiträgen in Schwimmvereinen zu gewähren.
  5. Anerkannte Sportorganisationen, Schulen und Hochschulen sollen das Recht haben, Schwimmbäder sowie andere Spiel- und Sportanlagen öffentlicher Träger für den Übungs-, Lehr- und Wettbewerbsbetrieb unentgeltlich zu nutzen.
  6. Ehrenamtliches Engagement als Übungsleiter oder Rettungsschwimmer soll stärker gefördert werden, unter anderem durch die Anerkennung ihrer Ausbildung als Bildungsurlaub in allen 16 Bundesländern.

Wissler abschließend: „Solange Bund, Länder und Kommunen in Deutschland keinen vernünftigen Schulsport und Schwimmunterricht absichern können und die Sportstättensanierung nicht endlich voranbringen, werden wir uns nicht für weitere deutsche Olympiabewerbungen engagieren.“ (Sportplatzwelt, 19.07.2023)

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