Das Sportamt Wolfsburg im Porträt

Seit 2015 ist die finanzielle Situation der Stadt Wolfsburg sehr angespannt. Da zeitgleich aber in die Sanierung und Erweiterung städtischer Sportanlagen investiert werden muss, gilt es, die Prioritäten richtig zu setzen.

Seit Oktober 2016 leitet Diplom-Sozialpädagoge und Sozialbetriebswirt Reiner Brill den Geschäftsbereich Sport der Stadt Wolfsburg. Unter seiner Leitung wurde der Geschäftsbereich auf Basis umfänglicher Empfehlungen aus der Sportentwicklungsplanung, die 2013 abgeschlossen werden konnte, in vielen Bereichen weiterentwickelt. Die sich aus der Sportentwicklungsplanung ergebenden Aufgaben und Ziele sind klar definiert: Das Profil des Geschäftsbereich Sport soll geschärft und Netzwerkarbeit ausgebaut, inklusive Sport- und Bewegungsangebote mit den Vereinen gestärkt und die Bewegungsförderung für Kitas und Grundschulen forciert werden.

Die EisArena – Heimat der Grizzlys Wolfsburg.
Die EisArena – Heimat der Grizzlys Wolfsburg. Bild: Stadt Wolfsburg

Dabei weiß Brill stets ein starkes Team in seinem Rücken: Aktuell umfasst der Geschäftsbereich Sport 65 Mitarbeiter – verteilt auf die Abteilung Sportbetrieb und Service (35 Mitarbeiter; davon 9 in der Verwaltung und 26 Platz-/Hallenwarte), Bäder, EisArena, Veranstaltungen (27 Mitarbeiter; davon 17 Fachkräfte für Bäderbetriebe und 4 Eismeister) sowie Sportförderung und Sportentwicklung (3 Mitarbeiter). „Die Sportentwicklungsplanung und das operative Sportstättenmanagement sind mit der Einstellung von zwei Sportwissenschaftlerinnen deutlich gestärkt worden“, so Brill. „Ihre Aufgaben umfassen die kontinuierliche Fortschreibung und Bewertung der vorhandenen Sportinfrastruktur, die Erhebung von Bedarfen und Erarbeitung von Strategien und Maßnahmen zum Ausbau der Sport- und Bewegungsinfrastruktur sowie die zeitgemäße Ausstattung von Sportstätten.“

Eine Stadt im Wandel

Wolfsburg ist Sportstadt. Das zeigt vor allem ein Blick auf den überdurchschnittlich hohen Organisationsgrad der Wolfsburger Bevölkerung: Sind im Landesdurchschnitt rund 32,9 % aller Bürgerinnen und Bürger in einem Sportverein organisiert, verfügen die Wolfsburger Sportvereine aktuell über 42.770 Mitglieder, was einem Anteil von 34,1 % an der Gesamtbevölkerung entspricht. Gerade im Bereich der unter 18-Jährigen ist der Organisationgrad mit 62,9 % überdurchschnittlich hoch.

Ein Blick auf die Bevölkerungsentwicklung der Stadt Wolfsburg zeigt auf, warum die personelle Verstärkung im Bereich der Sportförderung und Sportentwicklung unabdingbar war. „Wolfsburg ist eine dynamische Stadt“, so Brill. „Nach der aktuellen Bevölkerungsprognose aus 2020 wird die Stadt perspektivisch von derzeit knapp 125.000 auf gut 128.000 Einwohner bis 2029 wachsen.“

Gerade in der Altersgruppe der 6- bis unter 18-Jährigen sei ein überdurchschnittliches Wachstum von 20,1 % zu erwarten, so der Geschäftsbereichsleiter. „Mit dem Wachstum der Bevölkerung geht eine große Wohnbauoffensive der Stadt einher. Es sind neue Stadtquartiere mit qualitativ hochwertigen Bildungs-, Betreuungs- und Freizeiteinrichtungen in der Planung und Entstehung. Sport- und Bewegungsangebote sowie Sport- und Bewegungsinfrastruktur sind wichtige Elemente der Stadtentwicklung, weshalb sich der GB Sport frühzeitig an den Planungsprozessen beteiligt.“ Dabei sollen vor allem die Angebote und Sportinfrastruktur vorhandener Sportvereine im Umfeld neuer Quartiere gestärkt, Synergien, die sich aus der abgestimmten Planung der Sport- und Bewegungsinfrastruktur ergeben, genutzt und innovative Sport- und Bewegungsangebote geschaffen sowie Doppelstrukturen vermieden werden. „Ziel ist, mit den vielfältigen Angeboten des organisierten Sports stärker auch sozio-ökonomisch benachteiligte Menschen zu erreichen, um gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen, soziale Integration zu fördern und zur Entwicklung von Bewegungs-, personellen und sozialen Kompetenzen beizutragen“, so Brill.

Freibad Fallersleben.
Freibad Fallersleben. Bild: Stadt Wolfsburg

Leuchtturm-Projekt in der Wolfsburger Sportentwicklungsplanung ist dabei zweifelsohne das neue Quartier „Sonnenkamp“: Hier sollen bis zu 3.000 Wohneinheiten entstehen. Im Vordergrund stehe dabei die fachübergreifende, bedarfsgerechte Planung von Sport- und Bewegungsinfrastruktur: „Das Konzept soll die spezifischen pädagogischen Anforderungen von Kitas und Grundschulen und die sportfachlichen Anforderungen der Sportvereine berücksichtigen. Außengelände von Kita und Grundschule sind wiederum so zu entwickeln, dass dort unterschiedliche Bewegungserfahrungen gesammelt werden können und auf dem Schulgelände möglichst alle Bewegungsfelder des Kerncurriculums gesammelt werden können. Der Panoramaweg, der für das gesamte Quartier geplant ist, soll punktuell mit attraktiven Bewegungsinseln für unterschiedliche Nutzerinnen und Nutzer ausgestattet werden.“

Daueraufgabe Sanierung

Um die begrenzten Haushaltsmittel effektiv zu verteilen, hat der Bereich Sportentwicklungsplanung ein Ampelsystem eingeführt, mit Hilfe dessen die 78 genutzten städtischen Sportanlagen bewertet und Prioritäten korrekt gesetzt werden können. „Dank umfangreicher Investitionen in den vergangenen Jahren sind aktuell nur noch zehn Objekte rot markiert“, so Brill. „Bei drei der zehn Objekte ist mit der Sanierung begonnen worden und für fünf Objekte wird gegenwärtig die Sanierung geplant.“

So soll etwa die Einfeld- und Gymnastikhalle im Stadtteil Detmerode für insgesamt 4,4 Mio. Euro generalsaniert werden. Ein Förderbescheid des Landes über 400.000 Euro liegt hierfür bereits vor, die Entkernung des Gebäudes konnte bereits abgeschlossen werden. Auf eine Förderung hofft die Stadt indes auch bei der Generalsanierung einer Zweifeldhalle im Stadtteil Westhagen, die mit 2,5 Mio. Euro zu Buche schlagen soll. Gleich zwei Projekte stehen im Ortsteil Reislingen auf der Agenda: Zum einen soll im kommenden Jahr das Dach einer Dreifeldhalle für rund 500.000 Euro saniert werden, zum anderen soll eine neue Mehrzweckhalle für insgesamt 4,7 Mio. Euro gebaut werden. Auch im Quartier Laagberg sollen die Sanierungsarbeiten am Dach einer Einfeldhalle im kommenden Jahr abgeschlossen sein (Kosten: 291.000 Euro). Das letzte Großprojekt in der Kategorie „Sporthallen“ findet sich im Wolfsburger Ortsteil Wendschott: Hier soll bis 2024 eine neue Sporthalle für mehrere Mio. Euro entstehen.

Das BadeLand ist mit jährlich 700.000 Besuchern eines der größten Freizeitbäder Deutschlands.
Das BadeLand ist mit jährlich 700.000 Besuchern eines der größten Freizeitbäder Deutschlands. Bild: Stadt Wolfsburg

Zwar sind die insgesamt 10,5 Kunstrasenplätze auf kommunalen Sportanlagen in Wolfsburg allesamt erst zwischen fünf und neun Jahren alt und somit noch lange nicht am Ende ihres Lebenszyklus angelangt, die aktuelle Debatte um die Mikroplastikemissionen von granulatverfüllten Kunstrasenplätzen erfordere aber auch hier Handlungsbedarf, so Brill: „Um den Austrag von Granulat zu verringern, wurden die Pflegemaßnahmen intensiviert und die Anlagen werden sukzessive mit zusätzlichen Gitterrosten zum Abstreifen des Granulats von Kleidung und Schuhen ausgestattet. Außerdem werden neue Filteranlagen eingebaut, damit das Granulat nicht in das Abwasser gelangt.“ Im Rahmen anstehender Erneuerungen der Kunstrasenteppiche wolle man in Zukunft auf die dann entwickelten, umweltverträglicheren Technologien zurückgreifen – so setze man beim aktuell im Bau befindlichen Kunstrasenplatz auf der städtischen Sportanlage „Stadion West“ bereits auf eine sandverfüllte Alternative.

Herz des Wolfsburger Sports

Der Allerpark beherbergt neben großen Profi-Sportstätten wie der Volkswagen Arena des VfL Wolfsburg, der EisArena, Spielstätte der Grizzlys Wolfsburg, sowie dem AOK-Stadion der Damen- und Nachwuchsabteilung des VfL Wolfsburg auch zahlreiche Sport- und Bewegungsangebote für die Wolfsburger Bevölkerung. Neben städtischen Trend- und Funsportanlagen wie einem Discgolf-Parcours, einer Skater-Anlage, einer Calisthenics-Station und einem Beachvolleyballfeld lockt vor allem das städtische BadeLand Menschen jeder Altersgruppe in den Allerpark – insgesamt 700.000 pro Jahr.

„Aktuell wird die Aufgabenwahrnehmung des Bäderbetriebs (BgA) neu strukturiert“, so Brill. „Ziel ist insbesondere die bauliche Unterhaltung sowie die Belegung und Abrechnung der EisArena und der Frei- und Hallenbäder besser steuern und effizienter wahrnehmen zu können.“ Gerade die Sanierung und Attraktivierung des BadeLandes im laufenden Betrieb sei dabei eine Daueraufgabe: „Nachdem in 2019 die Sanierung der Trink- und Warmwasseranlagen mit Kosten in Höhe von 2,4 Mio. Euro erfolgt ist, werden aktuell die Erneuerung der Brauchwasseranlagen und der Badewassertechnik mit geschätzten Kosten in Höhe von 6,9 Mio. Euro bis 2024 vorbereitet.“ Bereits 2019 wurde zudem die Beleuchtung im Sportbad des BadeLandes unter Einbezug von Fördermitteln auf energiesparende LED-Beleuchtung umgerüstet – für insgesamt 237.500 Euro. Das städtische BadeLand wird im Auftrag der Stadt Wolfsburg von der GMF Neuried, Gesellschaft für Entwicklung und Management mbH & Co. KG, betrieben.

Mit der städtisch betriebenen EisArena wagte bereits 2018 eine weitere Sportstätte den Sprung zu moderner LED-Beleuchtung, deren Strahlkraft weit über die Grenzen der Stadt hinaus reicht.

Zwar seien die Berührungspunkte zwischen dem GB Sport und den ebenfalls im Allerpark beheimateten Profis des VfL Wolfsburg nur gering, der VfL erfülle aber – neben seiner Bedeutung für die Wolfsburger Bevölkerung – vor allem eine integrative Funktion: Gemeinsam mit zwei Amateursportvereinen und dem städtischen Integrationsrat haben der Geschäftsbereich Sport und der VfL Wolfsburg 2017 das Bündnis „Willkommen im Fußball“ geschaffen. „Mit Mitteln der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung werden niedrigschwellige Sportangebote, Sprach- und Qualifizierungskurse geplant und durchgeführt, um jungen Geflüchteten über den Sport gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen“, so Brill. Ebenfalls 2017 wurde zudem mit dem Forum „Sport und Bildung“ eine kooperative Initiative zwischen dem GB Sport und dem StadtSportBund ins Leben gerufen, die vor allem Erziehern, Grundschullehrern und Übungsleitern im Rahmen von Fachvorträgen und Workshops die Bedeutung von Sport und Bewegung für ganzheitliche Bildungsprozesse vor Augen führen soll – damit Sport in Wolfsburg auch in Zukunft fördert, begeistert und verbindet. (Sportplatzwelt, 10.12.2020)

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