Das Sportamt Zürich im Porträt

Zürich ist einer der wichtigsten Wirtschaftsstandorte der Schweiz. Zudem hat die Stadt mit einer über 5.000 Jahre alten Geschichte viel zu bieten. Das zu erwartende Städtewachstum ist Freud und Leid zugleich.

„Die Stadt Zürich treibt die Digitalisierung voran“ – Im Interview mit Stadionwelt spricht Urs Schmidig, Direktor des Sportamtes der Stadt Zürich, über den Sanierungsbedarf der Sportstätten, eine Digitalisierungs-Offensive der Stadt und über soziale Medien.

Zürich ist die größte Stadt der Schweiz – und sie wird weiter wachsen. Wurden im Jahr 2018 noch 428.000 Einwohnerinnen und Einwohner gezählt, gehen Prognosen davon aus, dass bis 2035 insgesamt über 500.000 Menschen in Zürich leben werden. Diese Vorhersage verwundert nicht: Die Stadt bietet mit ihrer malerischen Lage am Zürichsee, den Alpen am Horizont, den zahlreichen Naherholungsgebieten und ihrer urbanen Vielfalt durchaus attraktive Bedingungen.

Im Letzigrund finden jährlich rund 300 Veranstaltungen mit über 500.000 Zuschauerinnen und Zuschauern statt.
Im Letzigrund finden jährlich rund 300 Veranstaltungen mit über 500.000 Zuschauerinnen und Zuschauern statt. Bild: Sportamt Stadt Zürich

„Zürich bietet ausgezeichnete Einkaufs-, Sport- und Freizeitaktivitäten sowie ein einzigartiges und vielfältiges kulturelles Angebot“, heißt es von Seiten der Stadt. Auch die Infrastruktur sei „hervorragend“. In puncto Lebensqualität erreicht die Stadt in internationalen Studien immer wieder Spitzenpositionen, Befragungen der Bürger untermauern dies.

Eine dieser Umfragen ist die Studie „Sport in der Stadt Zürich“, die Teil der nationalen Erhebung „Sport Schweiz“ ist – dem zentralen Beobachtungsinstrument des Schweizer Sports. Seit 2000 werden die Studie und die Zusatzerhebung für die Stadt Zürich durchgeführt. Befragt wird die Stadtzürcher Bevölkerung im Alter von 15 bis 74 Jahren. Zuletzt wurde die Studie 2014 veröffentlicht. Demnach spielt Sport für die Bevölkerung eine wichtige Rolle. Rund 75 % der Zürcherinnen und Zürcher sind mindestens einmal pro Woche sportlich aktiv.

Die Bürger geben dabei hauptsächlich Gesundheit, Freude an Bewegung sowie Spaß und Fitness und Zeit in der Natur als Beweggründe an. Rund 20 % der Bevölkerung im Alter zwischen 15 und 74 Jahren sind in einem Sportverein aktiv. Nach Angaben der Stadt sind 2019 insgesamt 16.460 Kinder und Jugendliche, die in der Stadt Zürich wohnen und zwischen 5 und 20 Jahre alt sind, in einem Sportverein aktiv. Aktuell läuft eine weitere Befragung, deren Ergebnisse 2020 veröffentlicht werden.

Im internationalen Ranking auf dem Treppchen

Die sogenannte Mercer-Studie vergleicht auf internationalem Niveau die Städte mit der höchsten Lebensqualität und kürt eine Top 10. Auch soziale, politische, wirtschaftliche und umweltorientierte Aspekte spielen bei der Bewertung eine Rolle – ebenso wie Gesundheit, Bildungs- und Verkehrsangebote.

Zürich belegt, hinter Wien, im Ranking 2019 Platz zwei. Mit Genf (Rang 8) und Basel (Platz 10) sind im Übrigen zwei weitere Schweizer Städte vertreten. Die Stadt Zürich beschreibt sich als „lebendig“ und „dynamisch“ – etwas mehr als 30 % der Bewohner haben einen anderen als den Schweizer Pass. Die Stadt zeigt sich „stolz auf diese Vielfalt der Mentalitäten und Lebensstile, auf die Weltoffenheit und auf das fruchtbare Miteinander der verschiedenen Nationalitäten und Kulturen.“

Bild: Sportamt Stadt Zürich

Urs Schmidig, Direktor des Sportamtes der Stadt Zürich, beschreibt die Sportstadt als „vielseitig, trendy und dynamisch“. Diese Vielseitigkeit spiegelt sich auch im Sportamt selbst wider, wie Schmidig bekräftigt. „Beim Sportamt arbeiten rund 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus über 40 Nationen.“ Schmidig berichtet ferner: „Gegen 500 Personen arbeiten in Sport- und Badeanlagen, warten Sportgeräte in rund 150 Sporthallen, sorgen für die Sicherheit in den Badeanlagen, engagieren sich im obligatorischen und freiwilligen Schulsport oder in der Förderung von Sport in den Vereinen und in der Bevölkerung und erledigen vielfältige administrative Aufgaben.

Darüber hinaus unterrichten gut 500 Kursleiterinnen und Kursleiter in freiwilligen Schulsportkursen. Rund 70 Anlagen werden vom Sportamt selbst betrieben, weitere 70 städtische Anlagen werden von Dritten betrieben, aber durch das Sportamt betreut.“

Bild: Sportamt Stadt Zürich
Beim Sportamt gab es zuletzt keine signifikanten personellen Umbrüche. „Es gab keine größeren Veränderungen. Das Sportamt ist in den letzten Jahren eher in den bestehenden Strukturen gewachsen“, erläutert Schmidig. Dennoch verspürt er ob der steigenden Anzahl der Einwohner eine personelle Ressourcenknappheit. „Wir spüren die zunehmende Arbeitslast durch die stetig wachsende Stadt.“ Aber, so Schmidig weiter, „glücklicherweise verfügt das Sportamt über viele qualifizierte und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, die sich den anfallenden Aufgaben annehmen.

Das steigende Interesse an der Stadt stellt das Sportamt vor große Herausforderungen. „Das Bevölkerungswachstum der Stadt Zürich beschäftigt uns auf verschiedenen Ebenen“, konstatiert Schmidig. Einerseits soll die Versorgung der Bevölkerung mit Sport- und Badeeinrichtungen gesichert werden. „Das bedeutet, Zürich wird künftig mehr Sport- und Badeanlagen benötigen“.

Andererseits nehmen immer mehr Kinder und Jugendliche an freiwilligen Schulsportangeboten teil. „Die Zahlen haben in den letzten vier Jahren um 35 % zugenommen, während die Schülerzahlen nur um 10 % gestiegen sind“, so Schmidig. „Wir müssen somit mit einer stark zunehmenden Anzahl an Bauprojekten und mit anderen Auswirkungen des Bevölkerungswachstums umgehen können, wollen gleichzeitig gute Dienstleistungen für die Bevölkerung erbringen und die Anforderungen der digitalen Zukunft mitgehen.“

Über 100 Bauprojekte

Insgesamt attestiert Schmidig den Sportanlagen in der Stadt einen „mehrheitlich guten oder sogar sehr guten Zustand“. Besonders erfreulich aus seiner Sicht sei „das vielfältige Freibadangebot im Sommer mit fünf Flussbädern, sechs Seebädern und zusätzlichen sieben Freibädern.“

Gute Aussichten gibt es auch für die Hallensportarten. „Aktuell sind neue Großsporthallen in Planung, die tagsüber von der Schule und am Abend und am Wochenende Vereinssport genutzt werden“, sagt Schmidig. Dies sei vor allem auf das starke Wachstum der Schülerzahlen der Volksschule zurückzuführen. Denn die Schulen sind dazu verpflichtet jeder Schülerin und jedem Schüler drei Stunden Sport pro Woche zu unterrichten.

Bild: Sportamt Stadt Zürich

„Zürich wird künftig mehr Sport- und Badeanlagen benötigen“

Weil Zürich in Zukunft mehr Sport- und Badeanlagen brauchen wird, investiert die Stadt kräftig in die Sportinfrastruktur. Ob Neubau, Ersatzneubau oder Sanierung: Rund 100 Bauprojekte, kleinere wie größere, kommen in den nächsten Jahren auf Zürich zu. Mit dem Sportzentrum Oerlikon ist eine Sportanlage der Kategorie „ambitioniertes Großprojekt“ in Planung. Es wird über ein Hallenbad mit 50-Meter-Becken, zwei Lernschwimmbecken mit Hubboden, ein Sprungbecken, Familienangebote sowie Außenbecken verfügen. Zusätzlich werden zwei überdachte Eisfelder mit Zuschauertribünen und sechs Rasensportfelder sowie ein Allwetterplatz in den Komplex integriert. Und auch in Nachhaltigkeitsfragen setzt die Stadt Zürich hohe Maßstäbe an. Das Sportzentrum soll im Hinblick auf sämtliche Dimensionen der ökologischen Nachhaltigkeit – Effizienz, Suffizienz, Konsistenz „vorbildlich entwickelt und gebaut werden“, wie die Stadt Zürich schreibt.

Das Sportamt der Stadt Zürich hat ein jährliches Budget von 116 Mio. Franken (rund 105 Mio. Euro) mit dem Betrieb der Sportanlagen und der Bäder sowie – über verwaltungsinterne Verrechnungen – dem Bau und Unterhalt der Anlagen als Hauptkostenblock.

Schmidig erklärt: „Mit dem Budget wird aber auch der Aufwand der Kurse im Freiwilligen Schulsport, also außerhalb des obligatorischen Schulsportunterrichts, finanziert. Das Sportamt kann zudem jährlich 2 Mio. Franken einsetzen, um Vereine zu unterstützen, die im Jugendsport aktiv sind.“ Dieser so genannte Jugendsportkredit soll bis 2021 auf 2,5 Mio. Franken erhöht werden. Für Projektförderungen stehen weitere 250.000 Franken zur Verfügung.

Durch die zuständigen Instanzen können auch einzelfallbezogen Beiträge an einmalige Großveranstaltungen – wie 2020 die Eishockey-Weltmeisterschaft oder 2024 die Radstraßen-Weltmeisterschaft – zugesprochen werden. Das Budget des Sportamts dürfte sich in den kommenden Jahren aufgrund wesentlicher Investitionen in bestehende und neue Sportinfrastrukturen jedoch erhöhen. „Es ist absehbar, dass in den kommenden Jahren deutlich mehr als die bisherigen rund 30 Mio. Franken jährlich in die Sportinfrastruktur investiert wird. Sollte das Sportzentrum Oerlikon wie derzeit in Planung realisiert werden, dann werden alleine dafür Investitionen von rund 190 Mio. Franken anfallen“, so Schmidig.

Rund 2 Mio. Gäste kommen jährlich in Zürcher Freibäder.
Rund 2 Mio. Gäste kommen jährlich in Zürcher Freibäder. Bild: Sportamt Stadt Zürich

„Flaggschiff“ Letzigrund – WM im Hallenstadion

Ein Aushängeschild der Stadt ist das traditionsreiche Stadion Letzigrund. Ursprünglich war der Letzigrund am 22. November 1925 mit einem Stadtderby zwischen dem Grasshopper Club Zürich und dem FC Zürich eröffnet worden. Erbaut wurde der alte Sportplatz Letzigrund von den Mitgliedern des FC Zürich. Von diesem Zeitpunkt an ließ der Schweizerische Fußballverband (SFV) die Länderspiele im Letzigrund austragen und auch das erste Pokalfinale in der Geschichte des SFV fand dort 1926 statt. Zu Beginn war der FCZ noch der Eigentümer des Stadions.

Neun Jahre später, 1935, musste der Club das Stadion allerdings ob wirtschaftlicher Probleme an die Stadt Zürich abtreten. Die Sektionen Leichtathletik, Hockey, Boxen und Rudern machten sich daraufhin selbstständig.

Während seines Bestehens wurde der Letzigrund mehrmals um- und ausgebaut. Mitte der 2000er Jahre wich der alte Letzigrund schließlich zugunsten eines Neubaus an selber Stelle, der am 24. August 2007 eröffnete. Heutzutage betreibt das Sportamt das Stadion mit eigenem Personal und vermietet es. Deshalb sind die jeweiligen Veranstalter für die Organisation der Anlässe zuständig. „Das Stadion Letzigrund ist das Flagship der Stadtzürcher Sportanlagen“, sagt Urs Schmidig.

„Da die Leichtathletik ihr nationales Leistungszentrum im Letzigrund hat, bietet es für diese Sportart beste Bedingungen, auch für Leichtathletikanlässe.“ So findet dort jährlich, immer im Sommer, die Leichtathletikveranstaltung „Weltklasse Zürich“ statt, bei der insgesamt 16 Wettbewerbe der IAAF Diamond League ausgetragen werden.

Zudem ist das Stadion regelmäßig Schauplatz von Länderspielen oder Champions-League-Partien der FCZ Frauen. Genauso stehen auf der Agenda des Stadions jährlich zwei bis vier Open-Air-Konzerte, bei denen das Letzigrund-Stadion mit rund 50.000 Besuchern in eine der größten Konzertarenen der Schweiz verwandelt wird. Schmidig sagt: „Der Event-Mix ist ausgewogen und bietet vielen Organisationen eine gute Basis und der Bevölkerung ein vielseitiges Angebot.“

Voller Terminplan

Da derzeit mit dem FC Zürich und dem Grasshopper Club Zürich zwei Männermannschaften ihre Heimspiele im Stadion Letzigrund austragen, sei die Stadionagenda „stark durch den Ligaspielplan geprägt“, sagt Schmidig. Dennoch finden pro Jahr insgesamt rund 300 kleine bis mittlere Veranstaltungen statt. Sowohl das Stadion Letzigrund als auch das rund sechs Kilometer entfernte Hallenstadion Zürich (ZSC Lions) – eine weitere Top-Veranstaltungslocation in der Stadt – werden in Zukunft aber ihre Ankermieter verlieren. Private Investoren bauen für circa 207 Mio. Franken (ca. 188 Mio. Euro) bis 2022 ein neues, 12.000 Zuschauer fassendes Eisstadion für die Lions. Die Arbeiten haben bereits begonnen. Nach der positiv verlaufenen Volksabstimmung im November 2018 läuft außerdem die Planung eines neuen, privat finanzierten Fußballstadions. Dem Projekt „Hardturm Areal“, das auch Büro- und Wohntürme inkludiert, waren jahrelange, zähe Debatten vorausgegangen. Ebenfalls 2022 – im Idealfall – soll die neue Spielstätte, für die mit der Credit Suisse Group AG auch bereits ein Naming-Right-Partner gefunden worden ist, eröffnen. Kosten wird die 18.000 Zuschauer fassende „Credit Suisse Arena“ inklusive des Ensembles mit zwei 137 m hohen Hochhäusern sowie 600 Wohnungen rund 500 Mio. Euro. Angesichts der stark zunehmenden Bevölkerungsdichte, über 100 Bauprojekten, Weltmeisterschaften im Eishockey (2020), Unihockey (2022) und Straßen-Rad (2024) sowie zahlreichen weiteren Großevents wird es in Zürich in den nächsten Jahren garantiert nicht langweilig.

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