Das Sportamt Bochum im Porträt

60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind im Referat für Sport und Bewegung der Stadt Bochum beschäftigt. Die Großstadt hat langfristig einige Herausforderungen zu bewältigen – dazu zählen rund zwei Dutzend Bauprojekte.

„Wir sind immer für neue Trends offen“ – Im Interview spricht Achim Paas, Leiter des Referats für Sport und Bewegung der Stadt Bochum, über aktuelle Aufgaben, Trend-Themen, kommende Events wie die Ruhr Games 2021 oder die Universiade 2025 – und Corona.

Seit 1984 besingt Herbert Grönemeyer die Stadt Bochum. Sein Song gilt für viele Bewohner als die inoffizielle Hymne der Stadt inmitten des Ruhrgebiets. Die sechstgrößte Stadt Nordrhein-Westfalens ist besonders bekannt für ihre lange Geschichte des Bergbaus und der Stahlproduktion. Um den Herausforderungen und dem Veränderungsdruck der Zukunft gewachsen zu sein, hat die Stadt die „Bochum Strategie 2030“ ins Leben gerufen und sich mittelfristig bestimmte Ziele auf die Agenda gesetzt. Themen wie die Digitalisierung in Wirtschaft und Gesellschaft, die anhaltende Schwäche kommunaler Haushalte, der demografische Wandel oder aber das Auseinanderdriften der Gesellschaft: Die Aufgaben, die über kurz oder lang auf die Stadt zukommen werden, sind mannigfaltig. Die Initiative soll daher „neue Antworten auf Fragen der Zukunftsgestaltung der Stadt“ geben, heißt es von Seiten der Initiatoren. „Bochum ist hier gefordert, und die Stadt unternimmt vielfältige Anstrengungen, diesem Änderungs- und Anpassungsdruck angemessen zu begegnen.“

Diverse Verbesserungen sollen dazu beitragen, Menschen und Unternehmen in der Stadt zu halten beziehungsweise in die Stadt zu locken.

Das Vonovia Ruhrstadion, Heimstätte des Zweitligisten VfL Bochum, ist im Besitz der Stadt Bochum.
Das Vonovia Ruhrstadion, Heimstätte des Zweitligisten VfL Bochum, ist im Besitz der Stadt Bochum. Bild: Stadt Bochum

Demografischer Wandel

Aktuell leben in Bochum rund 372.000 Einwohner. Zum Vergleich: Im Jahr 2013 waren es noch 365.000 Personen. Mit rund 17 % machen die 18- bis unter 30-Jährigen den größten Anteil aus, gut 15 % sind 50 bis 59 Jahre alt. „Wir werden also nicht mehr nur älter und weniger. Daran muss sich auch die Sportpolitik orientieren“, sagt Achim Paas.

Er leitet erst seit dem 1. Oktober 2019 das Referat für Sport und Bewegung der Stadt Bochum. „Zunächst galt es die Mitarbeitenden kennenzulernen und mir einen Überblick über die Sportstätten zu verschaffen, die in unserer Verwaltung stehen“, schildert Paas seine ersten Eindrücke. Zu den Sportstätten zählen zwei Stadien, 56 Sportplatzanlagen mit insgesamt 88 Großspielfeldern und 14 Kleinspielfeldern, rund 100 Sporthallen sowie zahlreiche Lehrschwimmbecken.

2018 wurden die Bäder aus dem ehemaligen Sport- und Bäderamt in die Bochumer Wasserwelten GmbH ausgegliedert. „Ich bin hier auf ein junges, agiles Team getroffen“, sagt Paas, „das mit großer Begeisterung für den Sport in Bochum arbeitet.“

Dieser spielt für die Bürger eine wichtige Rolle. „Das Sportinteresse und die Bindung an Sportvereine sind im Ruhrgebiet traditionell hoch, das trifft auch auf Bochum zu“, sagt Paas. Insgesamt sind 84.020 Menschen Mitglieder in den insgesamt 378 organisierten Sportvereinen. Ob Aroha – dabei handelt es sich um eine Art Fitness-Tanz mit einem Mix aus Musik und Choreografie – oder Zumba: In 40 Fachschaften des Stadtsportbundes sind insgesamt über 110 Sportarten vertreten.

Bewegung in Bochum: „Beim Disc-Golf ist der Spaßfaktor groß“, sagt Achim Paas.
Bewegung in Bochum: „Beim Disc-Golf ist der Spaßfaktor groß“, sagt Achim Paas. Bild: Stadt Bochum

VfL als Zugpferd

Der Traditionsverein VfL Bochum gilt als Zugpferd der Stadt und ist, so Paas, „sicherlich das sportliche Aushängeschild“. Der Club blickt auf eine bewegte Vereinshistorie zurück und gilt mittlerweile als eines der Urgesteine der 2. Bundesliga. Seit einem Jahrzehnt spielt der VfL ununterbrochen in der zweithöchsten Spielklasse. Ausverkauft war das heimische, rund 27.600 fassende Vonovia Ruhrstadion in der jüngsten Vergangenheit indes selten. Dennoch pilgern regelmäßig Tausende Fans zu den Heimspielen „anne Castroper“, gemeint ist die Castroper Straße im Stadtteil Grumme unmittelbar nordöstlich der Innenstadt.

Das Vonovia Ruhrstadion befindet sich im Eigentum der Stadt Bochum, vertraglich ist festgehalten, dass die Stadt ein lizenzfähiges Stadion bereitstellt. Der Verein wiederum übernimmt die Betreiberrolle, sowohl bei baulichen Instandsetzungen als auch in der Unterhaltung. „Daraus folgt, dass unser Personaleinsatz sich mit zwei Stadionverwaltern und einem Mitarbeiter in der Verwaltung in Grenzen hält. Aber dieses Vertragswerk steht im Moment auf dem Prüfstand“, verrät Paas.

Der Fußball hat im Ruhrgebiet, so auch in Bochum, eine wichtige Funktion inne. In Bochum gibt es rund 12.000 aktive Fußballer über alle Altersklassen. „Damit hat der Fußball, auch wenn die Zahlen rückläufig sind, nach wie vor einen hohen Stellenwert“, sagt Paas. „Aber auch dem Basketball kommt eine immer größere Bedeutung zu. Bedingt durch den sportlichen Erfolg des ambitionierten Basketball-Drittligisten VfL Sparkassenstars und dessen strukturierter Jugend- und Sichtungsarbeit verzeichnen wir hier Zuwächse.“

Kombination aus Leichtathletik und Urban Sports: VIACTIV RaceArts Ende Januar in der Jahrhunderthalle.
Kombination aus Leichtathletik und Urban Sports: VIACTIV RaceArts Ende Januar in der Jahrhunderthalle. Bild: VIACTIV RaceArts

Permanente Investitionen

Seine übergeordnete Zielsetzung als Amtsleiter beschreibt Paas als „nicht spektakulär, aber doch anspruchsvoll: Die vorhandene Sportinfrastruktur sichern und ausbauen, durch neue Angebote Bewegungsmöglichkeiten bieten und letztlich in Kooperation mit allen anderen Beteiligten zur Stadtentwicklung beitragen“. Der Sport sei „nicht isoliert in einem Silo zu betrachten, sondern muss sich als Teil der Stadtgesellschaft in zahlreiche Prozesse einbringen“, sagt Paas.

In erster Linie betreibt das Amt Sportförderung durch den Neubau, die Sanierung und Instandhaltung der Sportstätten. „Aber auch die Modernisierung vereinseigener Anlagen können von uns bezuschusst werden“, so Paas. „Daneben gewähren wir Übungsleiterzuschüsse, Zuschüsse an Talentgruppen und Zuschüsse für Miet- und Pachtzahlungen Bochumer Vereine.“ Im Hinblick auf die Sportstätteninfrastruktur in der Stadt zeigt sich Paas durchaus zufrieden. „Ohne von mir behaupten zu wollen, einen vollständigen Überblick über die Sportstätteninfrastruktur der Städte im Ruhrgebiet zu haben, würde ich die hier in Bochum als herausragend bezeichnen. Sowohl für den Schul- als auch den Vereinssport bieten wir ein umfassendes Angebot, wenn auch im Detail die gewünschte Sportstätte nicht immer im gewünschten Stadtteil zur Verfügung gestellt werden kann. Abstriche müsste man bei den Lehrschwimmbecken machen. Hier müssen wir in der nächsten Zeit genauer hinschauen“, berichtet Paas.

Bild: Stadionwelt/Stadt Bochum
Personell sieht sich das Referat für Sport und Bewegung gut aufgestellt. 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kümmern sich um die anfallenden Aufgaben. „Mehr ginge aber natürlich immer“, sagt Paas. Einen Sanierungsstau moniert er nicht. „Ich würde eher von Sanierungsbedarfen sprechen. Natürlich hat die lange Zeit der Haushaltssicherung dazu geführt, dass Mittel für die Instandhaltung nicht immer im gewünschten Umfang zur Verfügung standen. Bei einem Durchschnittsalter unserer Sporthallen von 49 Jahren und unserer Spielflächen auf den Sportanlagen von 17 Jahren muss permanent investiert werden. Da holen wir im Moment einiges auf, was allerdings dann auch dazu führt, dass Hallen und Plätze für die Zeit der Sanierung nicht zur Verfügung stehen.“

Aktuell läuft ein Prozess zur Erarbeitung einer Sportentwicklungsplanung. „In diesem auf zwei Jahre angelegten Projekt soll am Ende eine Aussage zur zukünftigen Sportentwicklung unserer Stadt stehen“, so Paas. „Ich bin sehr gespannt.“ Ein weiteres drängendes Thema, das aktuell auf der Agenda steht, ist die Verbesserung der Schwimmfähigkeit von Kindern. „Die uns dazu vorliegenden Zahlen sind – bundesweit – erschreckend“, mahnt Paas. Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft bezeichnet die Schwimmfähigkeit der Kinder im Grundschulalter als „ungenügend“.

Im Durchschnitt besitzen laut Angaben der DLRG nur 40% der Sechs- bis Zehnjährigen ein Jugendschwimmabzeichen. „Wir versuchen mit allen Beteiligten, Experten und Betroffenen eine Strategie und ein Handlungskonzept zu entwickeln“, kündigt Paas an.

Darüber hinaus arbeitet das Amt derzeit – sowohl wörtlich als auch im übertragenen Sinne – auf vielen Baustellen gleichzeitig. „Das Referat ist derzeit in insgesamt 22 Bauprojekte involviert. Sei es als Bauherr, als sportfachlicher Begleiter oder als Initiator“, erklärt Paas. Aktuell befinden sich alleine acht Maßnahmen in der aktiven Bauphase, darunter das Projekt Am Hausacker (siehe Infokasten).

Rund 2.000 Zuschauer bei der Premiere.
Rund 2.000 Zuschauer bei der Premiere. Bild: VIACTIV RaceArts

„Das wollen wir ändern“

Ein Projekt, das die Stadt derzeit vorantreibt, ist der Umbau des Lohrheidestadions in Wattenscheid, der Heimstätte des mittlerweile insolventen, ehemaligen Bundesligisten SG Wattenscheid 09. Schon 2002 war das Stadion, das auch über eine Laufbahn verfügt, für die Austragung der Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften ausgebaut worden. „Aktuell verfügt NRW über kein Stadion, das den Anforderungen des DLV an die Austragung von deutschen Leichtathletikmeisterschaften entspricht.

Das wollen wir ändern“, sagt Paas. „Mit einer umfassenden Modernisierung und Erweiterung wollen wir die Lohrheide fit machen für deutsche und internationale Leichtathletik- und Kulturevents. Dazu bauen wir im Wesentlichen eine neue Tribüne und überdachen die Stehplätze. Das Stadion hätte dann eine Zuschauerkapazität von 17.000 Plätzen. Eine Kampfbahn Typ B rundet das Projekt ab.“ Die Kosten werden derzeit auf rund 40 Mio. Euro netto geschätzt. „Es laufen Gespräche zwischen Stadt und Land NRW über die Finanzierung.

In der Frage um das Betriebskonzept sind wir offen“, sagt Paas. Seine Herausforderungen werden in Zukunft mit Gewissheit nicht weniger werden. (Sportplatzwelt, 03.11.2020)

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