Das Sportamt Oberhausen im Porträt

Lange galt Oberhausen als eine der am stärksten verschuldeten Städte Deutschlands. Trotz massiver Einsparungen in allen Bereichen zeigt die Stadt mit ambitionierten Projekten, dass auch in einer „Kommune mit Nothaushalt“ der Sport nicht zu kurz kommen muss.

„Die Stadt noch lebenswerter gestalten“ – Im Interview spricht Hans-Bernd Reuschenbach, Bereichsleiter Sport der Stadt Oberhausen, über aktuelle Aufgaben, Trendthemen und die Neugestaltung der Sportstättenlandschaft in Oberhausen.

Noch im Jahr 2011 war Oberhausen mit einer Pro-Kopf-Verschuldung von 9.600 Euro die meistverschuldete Stadt Deutschlands. Die Folgejahre waren – und sind es nach wie vor – geprägt von rigorosen Sparmaßnahmen in allen Bereichen. Dank eines Konzepts zur Neugestaltung der Oberhausener Sportstättenlandschaft, die mit der organisatorischen Umstrukturierung des Bereichs Sport im Jahr 2006 ihren Anfang genommen hat, kann die Stadt aber Betriebsmittel für den Unterhalt und die Instandsetzung ihrer Sportinfrastruktur einsparen, ohne dass das Sportangebot für die Bevölkerung der nordrhein-westfälischen Stadt zu kurz kommt. Im Gegenteil: In den vergangenen Jahren wurden 21 Sportfreianlagen saniert, modernisiert sowie um- und ausgebaut – allein in den kommenden Monaten sollen weitere 6 Mio. Euro investiert werden. Zuvor wurde bereits das Bäderkonzept durch die städtische Tochtergesellschaft Oberhausener Gebäudemanagement GmbH (OGM) umgesetzt, indem zwei neue Bäder gebaut sowie ein Hallenbad komplett saniert wurde.

„Emschertribüne“ Stadion Niederrhein, 2019.
„Emschertribüne“ Stadion Niederrhein, 2019. Bild: Stadt Oberhausen

Damit zeigt die Stadt Oberhausen eindrucksvoll, dass auch in einer „Kommune mit Nothaushalt“ nicht auf eine moderne und vielfältige Sportstättenlandschaft verzichtet werden muss.

Seit Beginn der Neustrukturierung des Bereichs Sport im Jahr 2006 gehören unverändert 12 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Team von Bereichsleiter Sport Hans-Bernd Reuschenbach, der nach achtjähriger Tätigkeit als stellvertretender Leiter des Bereichs Sport 2014 die Bereichsleitung übernommen hat – dazu aktuell 3 Auszubildende in verschiedenen Verwaltungsberufen. „Diese Personalausstattung ist sehr eng bemessen“, so Reuschenbach. „Nur durch einen hohen persönlichen Einsatz aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unseres kleinen Teams kann den Anforderungen und Erwartungen des Rates der Stadt, der Bevölkerung und insbesondere der Sportlerinnen und Sportler entsprochen werden.“ Strukturelle Veränderungen gab es seit der Neustrukturierung im Jahr 2006 indes nicht, allerdings personell: Seit 2017 verfügt der Bereich Sport über die neugeschaffene Stelle eines Sportentwicklers.

RWO als sportlicher Leuchtturm

Bild: Stadt Oberhausen
Auch wenn die glorreichen Zeiten des SC Rot-Weiß Oberhausen der Vergangenheit angehören und der Verein aktuell in der viertklassigen Regionalliga West beheimatet ist, gehört der Club als ehemaliger Bundesligist zu den Traditionsvereinen der Stadt. „Die Bevölkerung nimmt nach wir vor regen Anteil an der Entwicklung des Clubs“, so Reuschenbach. „Leider spiegelt sich diese Anteilnahme nicht bei den Liga-Heimspielen des Vereins im Stadion Niederrhein und den dortigen Zuschauerzahlen wieder.“ Wie alle anderen Sportfreianlagen in Oberhausen wird auch das Stadion Niederrhein, das sich ebenso wie das Grundstück vollständig im Eigentum der Stadt Oberhausen befindet, seit vielen Jahren durch die OGM gepflegt. Die durchzuführenden operativen Leistungen sind in einem Leistungsvertrag zwischen Stadt und OGM geregelt und in einem Leistungsverzeichnis genau festgelegt. Einen Teil der im Stadion Niederrhein anfallenden Aufgaben hat die Stadt dem Hauptnutzer, dem SC Rot-Weiß Oberhausen, übertragen. Trotz der finanziellen Lage der Stadt hat man das Stadion aber nicht dem Verfall überlassen: Nach den Umbaumaßnahmen der vergangenen Jahre, die unter anderem den Neubau einer Stehplatztribüne umfassten, erfüllt das Stadion bereits heute weitestgehend die Anforderungen der DFL. Einem Spielbetrieb in der 2 Bundesliga oder 3. Liga stünde in Oberhausen zumindest aus sportinfrastruktureller Sicht also nichts im Weg.

Auch der SC Rot-Weiß Oberhausen und insbesondere seine Nachwuchsabteilung, deren U-19 seit einigen Jahren erfolgreich in der Staffel West der U-19-Bundesliga spielt, hat von der Neugestaltung der Sportstättenlandschaft in den vergangenen Jahren profitiert: So wurde die alte städtische Sportanlage und Heimat des Vereins im Quartier Oberhausen-Styrum aufgegeben und durch die Stadt vermarktet. Dafür erhielt RWO eine moderne Sportanlage mit drei neuen Sportplätzen und zwei zeitgemäßen Sportfunktionsgebäuden direkt am Stadion Niederrhein. Diese Sportanlage ist seit Jahren durch den DFB als Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) klassifiziert und spielt dadurch in einer Liga mit den Leistungszentren vieler Bundesligisten.

Ein „Drahtseilakt“

Im Zuge der seit Jahren angespannten finanziellen Situation der Stadt Oberhausen als „Kommune mit Nothaushalt“ erwartet die Aufsichtsbehörde von der Stadt weitere Sparmaßnahmen, vor denen sich auch der Sport nicht verschließen kann. Deswegen hat der Rat der Stadt einen Haushaltssanierungsplan (HSP) mit Einzelsparmaßnahmen beschlossen, welche vorher mit der Aufsichtsbehörde abgestimmt und seitdem durch die Verwaltung abgearbeitet werden.

„Diese HSP-Maßnahmen zu realisieren, gehört nach wie vor zu den Aufgaben, die mit einem Drahtseilakt verbunden sind“, so Reuschenbach. Letztlich waren die Sparbemühungen des Bereichs Sport in den vergangenen Jahren aber so erfolgreich, weil die Neugestaltung der Sportstättenlandschaft intern unter der Losung „weniger ist mehr“ lief. So wurde etwa der Vereinssport auf Sportfreianlagen auf weniger Sportanlagen konzentriert, für die der Rat der Stadt dann die benötigten Investitionsmittel zur Sanierung und Modernisierung bereitstellte. Durch die dadurch erfolgte Neugestaltung der Sportstättenlandschaft konnten Betriebsmittel für die Unterhaltung und Instandsetzung der Sportstätten in erheblichem Umfang und dauerhaft eingespart werden.

Die zentrale Herausforderung des Bereichs Sport sei dabei, so Reuschenbach, „einerseits den städtischen halt auch mit Hilfe des Sports weiter zu sanieren, andererseits die Modernisierung der Sportinfrastruktur in der Stadt voranzutreiben“.

Bild: Stadionwelt/Stadt Oberhausen

Vor diesem Hintergrund versucht der Bereich Sport, im Rahmen des aktuellen „Investitionspakts zur Förderung von Sportstätten“ Fördermittel zu generieren, mit deren Hilfe die Sportstättenlandschaft weiterentwickelt werden kann. „Neben diesem ständigen Drahtseilakt sind aktuell auch die Auswirkungen der Corona-Pandemie im Tagesgeschäft spürbar“, sagt Reuschenbach. „Durch sich ständig verändernde Verordnungen besteht die Schwierigkeit – insbesondere bei der Sportstättenvergabe – immer das richtige Maß zu finden, um bestmöglich auf den Bedarf der einzelnen Vereine und den Schulsport eingehen zu können.“

Die Neugestaltung

Ungeachtet der sportlichen Leistungen der RWO-Profis spielt das Thema Sport in weiten Teilen der Oberhausener Bevölkerung eine wichtige Rolle – und die Stadt Oberhausen versucht, dem Bedarf nach multifunktionalen Sportstätten für jede Altersgruppe durch innovative Konzepte zur Neugestaltung nachzukommen.

Sämtliche Planungsprozesse laufen stets vor dem Hintergrund ab, möglichst viele Nutzergruppen generationsübergreifend einzubinden und so Bewegung und Begegnung in den einzelnen Stadtbezirken zu ermöglichen. Im Zuge der Neugestaltung der Sportstättenlandschaft wurden zudem zusätzliche Sportflächen wie Kleinspielfelder aus Kunstrasen, Basket- und Beachvolleyballanlagen hergestellt. „Was die Weiterentwicklung der Sportinfrastruktur in der Stadt betrifft, ist der Bereich Sport zudem in der sehr glücklichen Lage, bei den zahlreichen Bewerbungen um Fördermittel des Bundes und des Landes NRW stets erfolgreich gewesen zu sein und kann infolgedessen nun über ein Budget an Finanzmitteln für Sportbaumaßnahmen verfügen, mit dem die Modernisierung weiterer Sportstätten voran getrieben werden kann“, so Reuschenbach.

Dank der Bereitstellung der erforderlichen Eigenmittel durch den Rat der Stadt ist man nun in der Lage, drei monostrukturelle Sportanlagen von Grund auf in multifunktionale Sportanlagen umzugestalten.

Baufortschritt „open airea“, August 2020.
Baufortschritt „open airea“, August 2020. Bild: DSGN Concepts

Eines dieser Projekte – der generationsübergreifende Bewegungs- und Begegnungspark Borbeck – soll bereits im Herbst 2020 zum ersten Mal seine Pforten öffnen. Die Sanierung und Modernisierung des Sport- und Bewegungshügels im Revierpark Vonderort für 1,3 Mio. Euro, die Umgestaltung einer ehemaligen Tennis-Anlage in ein Spielfeld für Mini-Kicker für 220.000 Euro, die Sanierung und Modernisierung der Sportanlage am Buchenweg in eine „Urbane Sport- und Freizeitanlage“ im Quartier Schmachtendorf für 1,85 Mio. Euro sowie die Sanierung und Modernisierung der Sportanlage an der Bahnstraße in einen Sport- und Bewegungspark für 2,55 Mio. Euro sind nur einige wenige Beispiele für die Bemühungen der Stadt, ihren Bürgern eine moderne, integrative, vor allem aber generationsübergreifende Sportstättenlandschaft zu bieten.

Dass die Stadt Oberhausen bei ihren Investitionen in die Sportstätteninfrastruktur aber nicht ausschließlich auf Fördermittel des Landes NRW angewiesen ist, zeigt das aktuell im Bau befindliche Projekt „open airea“: Die Sanierung und Modernisierung der Trendsportanlage wird komplett aus städtischen Haushaltsmitteln finanziert. In der modernisierten Anlage stehen ab Mitte September eine Bowl, eine Street-Fläche, eine Pumptrack-Anlage sowie, wie bisher, ein Mehrzweckspielfeld aus Kunststoff zur intensiven Nutzung zur Verfügung – ein bislang für Oberhausen und die gesamte Region einzigartiges Angebot.

Mittelfristig sollen hier auch Großsportveranstaltungen wie etwa die Deutsche Skatemeisterschaft in der Kategorie „Bowl“ stattfinden. Darüber hinaus ist der Bereich Sport Ansprechpartner für das Projekt „Olympia 2032 in der Rhein-Ruhr-Region“ und unterstützt gemeinsam mit dem Rat der Stadt die geplante Olympia-Bewerbung der Region.

Die Neugestaltung und Umstrukturierung der Sportfreianlagen hat Oberhausen in den vergangenen Jahren in eine Stadt mit einem vielfältigen und öffentlich zugänglichen Sportangebot für ihre Bevölkerung jeder Altersklasse gemacht. Doch damit soll noch lange nicht Schluss sein: Für die kommenden Jahre plant der Bereich Sport ähnlich ambitionierte Entwicklungsmaßnahmen für das Sporthallenangebot der Stadt – und versucht auch hierbei, den bislang erfolgreichen Kurs beizubehalten. (Sportplatzwelt, 04.11.2020)

Weitere News - Sportverwaltung

Aktuelles

Stadionwelt INSIDE 2/2024: Sportplatzwelt auf 10 Seiten

Die Ausgabe 2/2024 von Stadionwelt INSIDE steht jetzt als eBook zur Verfügung. Wie immer ist Sportplatzwelt in einem eigenen Abschnitt vertreten. Top-Themen: Aktuelles aus der Welt des organisierten Breitensports + Vereinsreport 2024 + 3 Fragen an... mehr

Aktuelles

Webinar: Die smarte Sportverwaltung von morgen

In zwei zukunftsweisenden Webinaren präsentiert die CS2000 GmbH mit pitFM Sport eine Softwarelösung zur Sportstättenverwaltung, deren Funktionen weit über die digitale Belegungsplanung hinausgehen und die „smarte Sportverwaltung von morgen“ bereits heute ermöglichen. mehr

AktuellesContent+

Vereinsreport 2024: Ehrenamt und Wandel des Sportverhaltens

Im zweiten Teil des Vereinsreport 2024 wirft Sportplatzwelt einen Blick die beiden größten Herausforderungen für den organisierten Breitensport: Den Rückgang des Ehrenamts und den Wandel des Sportverhaltens. mehr

Weitere News - Sportämter im Porträt

Sportämter im PorträtContent+

Das Amt für Sport Leipzig im Porträt

Mit zahlreichen Bauprojekten versucht die Stadt Leipzig, dem allgemeinen Sanierungsstau zu begegnen. Hinzu kommen internationale Großveranstaltungen, an deren Organisation die städtischen Mitarbeiter maßgeblich beteiligt sind. mehr

Sportämter im PorträtContent+

Das Sport- und Bäderamt Augsburg im Porträt

Sportplatzwelt wirft einen Blick hinter die Kulissen der Augsburger Sportverwaltung: Die Stadt Augsburg verfügt über eine traditionsreiche und in vielen Bereichen leistungsorientierte Sportlandschaft, die allerdings von einem erheblichen Sanierungsstau geprägt ist. mehr

Sportämter im PorträtContent+

Das Amt für Bildung und Sport Konstanz im Porträt

Nach einer Umstrukturierung arbeiten die Konstanzer Sport- und Schulverwaltung Hand in Hand. Sanierungsstau, Wandel des Sportverhaltens und ein Großbauprojekt fordern indes die enge Zusammenarbeit mit weiteren Ämtern. mehr