„Eine fast perfekte Symbiose“

Im Interview erläutert Holger van Dahle, 1. Vorstand des Deutschen Padel Verbands (DPV), warum Deutschland im Vergleich zu anderen Padel-Nationen noch so weit zurückliegt und inwiefern Tennisclubs von zusätzlichen Padel-Angeboten profitieren können.

Holger van Dahle
Holger van Dahle Bild: DPV
Sportplatzwelt: Wie hat sich die Nachfrage nach Padel Courts in Deutschland in den vergangenen Jahren entwickelt?
van Dahle: Der Startschuss für den Padel-Boom in Deutschland lag im Jahr 2011. Bis zum Jahr 2020 wurden rund 100 Padel Courts in Deutschland gebaut – gerade in den Jahren 2019 und 2020 konnten wir einen raketenartigen Zuwachs von 41 % verzeichnen. Auch in diesem Jahr rechnen wir mit einer ähnlich hohen Wachstumsrate – und das ist erst der Anfang.

Im Vergleich zu unseren Nachbarn steckt der Sport hierzulande noch in den Kinderschuhen – und das nicht nur im Vergleich zu den führenden Padel-Nationen Europas Spanien und Portugal, sondern vor allem auch zu Skandinavien. Deutschland ist im Vergleich zu diesen Ländern eher ein Spätstarter. Um ein Beispiel zu nennen: Dänemark verfügt mit seinen knapp 5 Mio. Einwohnern über rund 2,5-mal so viele Padel Courts wie Deutschland.

Dieses Interview erscheint auch im Sportplatzwelt Online-Special RACKET SPORTS. Weitere Informationen zur in Kürze erscheinenden Publikation finden Sie hier.

Sportplatzwelt: Warum hängt Padel in Deutschland noch so weit hinterher?
van Dahle: Einer der Gründe hierfür ist etwa das föderalistische System der Bundesrepublik Deutschland. So vorteilhaft es in vielen Bereichen auch sein mag, steht dieses System der Verbreitung des Padel-Sports in Deutschland vielerorts im Wege. Jedes Bundesland hat seine eigenen Bauordnungen, die zwar in vielen Punkte identisch sind, aber dennoch individuell betrachtet werden müssen. Fehlende Pilotprojekte und Standardisierungen sowie eine mangelhafte Aufklärung verlängern die Bewilligungsprozesse ungemein. Zwar gibt es seitens der FIP bereits entsprechende Standards, diese Standards werden in Deutschland allerdings noch nicht als solche anerkannt – unabhängig von den Standards der FIP, die prinzipiell auch die Verwendung anderer Materialien erlaubt, haben sich allerdings Rückwände aus Glas und Spielfelder aus Kunstrasen auch dank der World Padel Tour als gängigste Lösungen etabliert. Dennoch geht jeder geplante neue Padel-Platz aktuell mit einer Unmenge an Bürokratie einher: Bauanträge müssen gestellt werden, Lärmschutz- und Umweltgutachten erstellt werden. Durch entsprechende Standards und Prototypen ließe sich dieser bürokratische Prozess, der durchaus zwischen 4 und 18 Monate andauern kann, deutlich beschleunigen.

Ein weiterer Grund sind die Quadratmeter-Preise deutscher Grundstücke, die im Vergleich zu unseren skandinavischen Nachbarn deutlich höher sind. Diese sind zwar im ländlichen Raum mitunter niedriger, allerdings mangelt es hier dann häufig an der Laufkundschaft und einer geeigneten Anbindung an die öffentlichen Verkehrsmittel. In Großstädten und Metropolregionen, die zum einen eine ideale Verkehrsanbindung und zum anderen ein großes Potenzial an möglichen Nutzern und Kunden aufweisen, kommen dem Verantwortlichen dann wiederum die hohen Quadratmeterpreise in die Quere.

Sportplatzwelt: Inwiefern können Tennis-Clubs davon profitieren, Padel in ihre Angebote mitaufzunehmen?
van Dahle: Tennis und Padel stellen eine fast perfekte Symbiose dar. Viele aktive Tennisspieler treten aus konditionellen und gesundheitlichen Gründen ab einem gewissen Alter überwiegend im Doppel gegeneinander an. Und genau hier kommt Padel ins Spiel: Das Spielfeld ist nur halb so breit wie ein Tennisspielfeld, wird aber immer im Doppel bespielt. Der zu bespielende Raum schrumpft für jeden Spieler somit auf rund 5 Meter zusammen – die Spieler müssen im Regelfall also deutlich weniger laufen als beim Tennis.

Das macht Padel nicht nur zu einer senioren-, sondern auch familienfreundlichen Sportart, die optimale Voraussetzungen für generations- und geschlechterübergreifende Bewegungsangebote bietet. Auch wenn die Sportart in ihren Grundzügen vergleichsweise einfach zu erlernen ist, bringt das Spiel mit Rück- und Seitenwänden eine völlig neue Dimension ins Spiel, die Anfänger immer wieder motiviert, am Ball zu bleiben.

Tennis-Clubs können von zusätzlichen Padel-Angeboten eigentlich nur profitieren. Sie bieten ihren Mitgliedern eine generationsübergreifende und familienfreundliche Sportart und können völlig neue Zielgruppen erschließen. Dadurch wird auch die Auslastung von Clubheimen und Vereinsgastronomie verbessert. Zudem haben die meisten Tennis- oder Mehrspartenvereine bereits ein geeignetes Vereinsgelände, weshalb hier nicht noch zusätzlich Grundstücke angekauft werden müssen. Die Vorteile sind allerdings noch nicht allen Beteiligten klar und die Bereitschaft, Padel in sein Angebot aufzunehmen, schwankt von Verein zu Verein sehr stark.

Sportplatzwelt: Während viele Vereine in den vergangenen Monaten hohe Mitgliederverluste hinnehmen mussten, haben einige Tennis-Clubs sogar Mitglieder hinzugewonnen. Welchen Einfluss hat die Corona-Pandemie auf den Padel-Sport in Deutschland genommen?
van Dahle: Wir sind bis dato sehr gut durch die Pandemie gekommen. Ähnlich wie Tennis war Padel eine der wenigen Sportarten, die über die gesamte Pandemie hinweg in großen Teilen Deutschlands ohne größere Einschränkungen durchgeführt werden konnte. Dies liegt zum einen an der Sportart selbst, die eine Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln einfach macht, zum anderen an der Tatsache, dass in Deutschland hauptsächlich Outdoor-Anlagen vorzufinden sind. Erst als die Corona-Schutzverordnungen gegen Ende letzten Jahres verschärft wurden, musste auch der Padel-Sport Einschränkungen in Kauf nehmen. Diese beschränkten sich aber überwiegend darauf, dass ab sofort nur noch einzeln und nicht mehr wie gewohnt in Doppeln gegeneinander gespielt werden durfte. Dies ließ sich aber durch eine Begrenzung des Spielfelds vergleichsweise einfach bewerkstelligen.

Seit Mai 2021 erfahren wir auch eine erheblich höhere Nachfrage nach Padel-Angeboten – vor allem im Bereich der Turnieranmeldungen. Vor allem im Hinblick auf ausgestellte Lizenzen konnten wir unser im letzten Jahr formuliertes „Best-Case-Szenario“ bei Weitem übertreffen. Zeitgleich sind die Mitgliederzahlen im Verband um schätzungsweise 30 % gestiegen. Aber auch das ist nichts im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn. Beispiel Portugal: Bereits vor der Pandemie war Portugal mit über 1 Mio. aktiven Spielern eine der Padel-Nationen Europas. Seitdem die Sportstätten nach dem Lockdown der vergangenen Monate wieder geöffnet haben, ist die Zahl der Spieler in Portugal noch einmal um sagenhafte 40 % angestiegen.

Sportplatzwelt: Wer kann Mitglied im DPV werden und wie sehen die Aufnahmekriterien aus? Welche Vorteile bietet eine Mitgliedschaft im DPV für Vereine und kommerzielle Anbieter?
van Dahle: Jeder, der einen eigenen Padel-Platz besitzt, kann Mitglied im DPV werden – ob kommerzieller oder gemeinnütziger Anbieter. Um gerade aus steuerrechtlicher Sicht unseren Gemeinnützigkeitsstatus nicht zu gefährden, haben wir unsere Satzung dementsprechend angepasst und bieten nun auch kommerziellen Padel-Anbietern wie beispielsweise Sportzentren ein Zuhause. Kommerzielle Anbieter stellen aktuell allerdings nur einen Anteil von rund 25 % unserer Mitglieder dar. Die übrigen sind gemeinnützige Vereine – in der Regel Tennisvereine. Eigenständige Padel-Vereine gibt es in Deutschland bislang selten.

Sportplatzwelt: Gibt es Förderprogramme, die Vereine oder Kommunen bei der Finanzierung eines Padel-Platzes helfen können?
van Dahle: So gut wie nicht. Auch hierfür gibt es mehrere Gründe: Zum einen verfügen wir als junger Verband nicht über die finanziellen Mittel, um eine geeignete Fördersituation für den Padel-Sport zu schaffen. Da wir noch nicht Mitglied im DOSB sind, können wir auch nicht auf Gelder des Dachverbands zurückgreifen. Dass wir noch nicht Mitglied im DOSB sind, liegt zum einen an der noch geringen Anzahl an Padel-Spielern in Deutschland, zum anderen an den fehlenden Padel-Landesverbänden. In einzelnen Bundesländern gibt es aber immer wieder Förderprogramme, die durchaus auch für den Bau eines Padel-Platzes genutzt werden können. (Sportplatzwelt, 02.07.2021)

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