„Privater Versicherungsschutz greift oft nicht“

Im Interview spricht Andreas Hartan, Versicherungsexperte für Vereine, über den Versicherungsschutz von Ehrenamtlichen und klärt typische Haftungsfragen im Rahmen ehrenamtlicher Tätigkeiten.

Andreas Hartan
Andreas Hartan Bild: Allianz Ring & Hartan GbR
Sportplatzwelt: Inwieweit greift die gesetzliche Unfallversicherung bei Unfällen und Gesundheitsschäden, die im Rahmen einer ehrenamtlichen Tätigkeit auftreten? Ist die gesetzliche Unfallversicherung ausreichend, um alle eventuellen Schäden am Versicherten selbst, die im Rahmen einer ehrenamtlichen Tätigkeit auftreten können, abzudecken?
Hartan: Der Verein kann seine ehrenamtlich Tätigen – etwa Vorstand, Schatzmeister, Trainer, Kampfrichter – freiwillig in der gesetzlichen Unfallversicherung anmelden bzw. absichern. Die gesetzliche Unfallversicherung greift, wenn Sie bei der Ausübung der ehrenamtlichen Tätigkeit sowie dem direkten Hin- und Rückweg einen Unfall erleiden.

Bei Eintritt eines Versicherungsfalls stellt die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) durch aktive Rehabilitationsmanagement die optimale medizinische Betreuung sicher. Die VBG sorgt für die berufliche und soziale Rehabilitation. Im Falle einer Querschnittslähmung kann dies den behindertengerechten Umbau der Wohnung die Gewährung von Kraftfahrzeughilfen beinhalten. Außerdem sichert die VBG den Lebensunterhalt während der Rehabilitation durch die Zahlung von Verletztengeld und entschädigt eine bleibende Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit durch Rente. Versicherte müssen für Rehabilitationsleistungen wie Medikamente oder Krankenhausaufenthalte keine Zuzahlungen leisten.

Die gesetzliche Unfallversicherung kann das persönliche individuelle Risiko jedes Einzelnen nicht absichern, darum sollte jeder zum eigenen Schutz (für sich und seine Familie) bei Unfällen eine auf seine persönliche Situation abgestimmte Unfallversicherung abschließen.

Sportplatzwelt: Ist eine private Haftpflichtversicherung ausreichend, um etwaige Schäden an Dritten, die im Rahmen einer Ehrenamtlichen Tätigkeit (z.B. als Trainer oder Übungsleiter) auftreten können, abzudecken? Warum sollten gerade ehrenamtliche bzw. hauptberufliche Vorstände im Vorfeld prüfen, ob ihr Verein über eine Vereinshaftpflichtversicherung verfügt?
Hartan: Üblicherweise greift die private Haftpflichtversicherung nur bei reinen Hilfsarbeiten, etwa wenn ein Ehrenamtlicher das Vereinsheim streicht und dabei Schaden verursacht. Vereinstätigkeiten, die mit einer entsprechenden Verantwortung verbunden sind, schließen die meisten Versicherer im Kleingedruckten aus.

Wer längerfristig in einem Verein oder einer anderen gemeinnützigen Organisation tätig ist, sollte mit seiner Haftpflichtversicherung klären, ob entsprechende Schäden abgedeckt werden oder ob eventuell eine Änderung des Vertrags diesbezüglich möglich ist.

Insbesondere, wenn das Vereinsmitglied auch Vorstandsverantwortung übernimmt, greift der private Schutz nicht. Da die Abgrenzung zwischen verantwortlicher und nicht verantwortlicher Tätigkeit nicht immer einfach zu ziehen ist, ist es umso sinnvoller, dies vorab mit dem Versicherer zu klären. Auch mit dem Verein sollte man Rücksprache halten, denn unter Umständen sind die Mitglieder über dessen Haftpflichtversicherung geschützt.

Übrigens: Gewählte Ämter wie Vorsitzender oder Kassierer gehören immer zu den Tätigkeiten mit Verantwortung und sind definitiv nicht über die Privathaftpflicht abgesichert.

Sportplatzwelt: Wer haftet im Schadensfall, wenn der Verein nicht über den geeigneten Versicherungsschutz verfügt? Sind ehrenamtliche Vereinsvorstände nicht in jedem Fall gesetzlich über den § 31 BGB vor der Haftung mit ihrem Privatvermögen geschützt?
Hartan: Vereine sind juristische Personen und haften, wenn Dritte durch den Verein bzw. durch für den Verein handelnde Personen geschädigt werden. Auch der Vereinsvorstand haftet gegenüber Dritten grundsätzlich unbeschränkt, d.h. mit dem kompletten Privatvermögen. Verein und Vorstand haften gesamtschuldnerisch, d.h. Geschädigte können wählen, gegenüber wem sie ihre Ansprüche geltend machen. Zusätzlich haften Vorstände gegenüber dem Verein bei Pflichtverletzungen. Und: Vorstände haften grundsätzlich gesamtschuldnerisch auch für die Fehler anderer Vorstände. Zwar lässt sich die Vorstandshaftung mit dem Privatvermögen gegenüber dem Verein zumindest in Teilbereichen etwas einschränken, Folgendes bleibt aber unausweichlich: Verein und Vorstand benötigen den richtigen Versicherungsschutz, Verein und Vorstand benötigen rechtliche und steuerliche Beratung durch Fachleute, Vorstände müssen bereit und fähig sein, den Verein ordnungsgemäß zu führen.

Sportplatzwelt: Wie und in welchen Fällen haftet der Vereinsvorstand gegenüber Dritten?
Hartan: Gegenüber Dritten haften Vereinsvorstände und besondere Vertreter eines Vereins nach geltenden Haftungsvorschriften unmittelbar und unbeschränkt, d.h. mit ihrem gesamten Privatvermögen. Dies betrifft vor allem die Steuerrechtliche Haftung, die Haftung für Unfälle, die Spendenhaftung, die Haftung für Rechtsgeschäfte sowie die Insolvenzhaftung.

Sportplatzwelt: Wie und in welchen Fällen haftet der Vereinsvorstand gegenüber dem eigenen Verein?
Hartan: Wie oben beschrieben, haftet der Vereinsvorstand auch gegenüber dem Verein grundsätzlich uneingeschränkt auch mit dem Privatvermögen. Im § 31a des BGB hat der Gesetzgeber Haftungserleichterungen für ehrenamtliche Vereinsvorstände formuliert. Diese gelten jedoch lediglich für leichte Fahrlässigkeit, nur im Innenverhältnis, nur wenn die Aufwandsentschädigung nicht mehr als 840 Euro im Jahr beträgt und nur wenn die Haftungserleichterungen wirksam in der Vereinssatzung verankert sind. Folgendes sind die größten Haftungsrisiken des Vereinsvorstands gegenüber dem Verein:

  • Schuldhafte und pflichtwidrige Geschäftsführungsmaßnahmen
  • Verletzung der gebotenen Sorgfalt zur ordentlichen Geschäftsführung
  • Missachtung von Gesetzesnormen, behördlichen oder gerichtlichen Anordnungen
  • Missachtung der Satzung und aller weiterer Vereinsordnungen
  • Missachtung der Mitgliederversammlung

Sportplatzwelt: In welchen Fällen sollten Vereine eine Veranstalterhaftpflichtversicherung in Betracht ziehen? Sind Vereinsveranstaltungen nicht bereits über die Vereinshaftpflichtversicherung abgedeckt?
Hartan: Eine Vereinshaftpflichtversicherung deckt das Risiko bzw. versichert die satzungsmäßigen Tätigkeiten des Vereins – zum Beispiel Theaterproben oder Mitgliederversammlungen. Tritt der Verein selbst als Veranstalter auf, handelt es sich dabei um eine nicht satzungsmäßige Tätigkeit. Der Verein benötigt dann auf jeden Fall eine Veranstalterhaftpflichtversicherung, damit ein durch den Verein bzw. Veranstalter verursachter Haftpflichtschaden an Besuchern bei Personen-, Sach- und Vermögensschäden gedeckt ist.

Sportplatzwelt: Viele Bundesländer verfügen über eine sogenannte Ehrenamtsversicherung. Warum gewährleistet diese keinen Versicherungsschutz für Ehrenamtliche im Sportverein?
Hartan: Für Ehrenamtliche ist es besonders wichtig, im Rahmen ihrer Tätigkeit abgesichert zu sein. Vereine, Verbände, gGmbHs, Stiftungen etc. sind in der Pflicht, direkt für den Versicherungsschutz ihrer Ehrenamtlichen zu sorgen. Kleine, rechtlich unselbständige Initiativen und Projekte, für die kein anderer Versicherungsschutz greift, sind über die Ehrenamtsversicherung des jeweiligen Bundeslandes abgesichert. Diese Haftpflicht- und Unfallversicherung für ehrenamtliche Tätige ist antrags- und beitragsfrei, die Kosten trägt das jeweilige Bundesland.

Sportplatzwelt: Welche weiteren Versicherungen und Maßnahmen sollten Ehrenamtliche bzw. die Vereine selbst unbedingt in Betracht ziehen, um für den Ernstfall gewappnet zu sein?
Hartan: Es ist für jeden Verein und jeden Vereinsvorstand unabdingbar, das Haftungsrisiko durch folgende Maßnahmen zu reduzieren: Verein und Vorstand benötigen den richtigen Versicherungsschutz, Verein und Vorstand benötigen rechtliche und steuerliche Beratung durch Fachleute, Vorstände müssen bereit und fähig sein, den Verein ordnungsgemäß zu führen. Beispielsweise bietet das DEUTSCHE EHRENAMT mit dem Vereins-Schutzbrief eine empfehlenswerte Kombination aus Versicherungsschutz und rechtlicher sowie steuerrechtlicher Beratung. Lohnenswert ist auch, regelmäßig das Online-Magazin Benedetto zu lesen, um mehr über korrekte Vereinsführung zu erfahren. (Sportplatzwelt, 22.03.2021)

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