„Ein auf den Verein abgestimmter Versicherungsschutz ist notwendig“

Im Interview sprechen Geschäftsführer Thorsten M. Kuhr und Juristin Heike Weber von der Bernhard Assekuranzmakler GmbH & Co. KG über wichtige Grundfragen zum Versicherungsschutz von Ehrenamtlichen im Sportverein.

Thorsten M. Kuhr
Thorsten M. Kuhr Bild: Bernhard Assekuranzmakler GmbH & Co. KG
Sportplatzwelt: Inwieweit greift die gesetzliche Unfallversicherung bei Unfällen und Gesundheits-schäden, die im Rahmen einer ehrenamtlichen Tätigkeit auftreten? Ist die gesetzliche Unfallversicherung ausreichend, um alle eventuellen Schäden am Versicherten selbst, die im Rahmen einer ehrenamtlichen Tätigkeit auftreten können, abzudecken?
Weber: Die gesetzliche Unfallversicherung (GUV) leistet generell nur zugunsten von Pflichtversicherten für Folgen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit. Dazu zählen Vereins-Mitarbeiter. Viele ehrenamtliche Mitglieder, zum Beispiel aus den Bereichen
Heike Weber
Heike Weber Bild: Bernhard Assekuranzmakler GmbH & Co. KG
Sport und Kultur, sind in der GUV nicht pflichtversichert! Gewählte oder beauftragte Ehrenamtliche können sich in der GUV freiwillig versichern. Das geht aber nicht für alle Ehrenamtlichen. Zudem sind die Leistungen aus der GUV unter Umständen an gewisse Bedingungen geknüpft, die letztlich ihre Versicherungsleistung einschränken und variieren je nach Träger. Deshalb ist es gut, wenn eine gemeinnützige Einrichtung eine private Vereins-Unfallversicherung für die ehrenamtlich tätigen Vereinsmitarbeiter, Mitglieder und Honorarkräfte oder auch die Teilnehmer abschließt.

Sportplatzwelt: Ist eine private Haftpflichtversicherung ausreichend, um etwaige Schäden an Dritten, die im Rahmen einer ehrenamtlichen Tätigkeit (z.B. als Trainer oder Übungsleiter) auftreten können, abzudecken? Warum sollten gerade ehrenamtliche bzw. hauptberufliche Vorstände im Vorfeld prüfen, ob ihr Verein über eine Vereins-Haftpflichtversicherung verfügt?
Kuhr: Jede für einen Verein tätige Person (egal ob ehrenamtlich tätig oder fest angestellt) ist gesetzlich verpflichtet, einen Schaden zu ersetzen, den sie im Rahmen der Vereinstätigkeit einem Anderen zufügt. In Betracht kommen Personen-, Sach- und daraus resultierende Vermögensschäden. Nicht jede Privatperson hat eine private Haftpflichtversicherung (PHV), auch wenn das empfehlenswert ist. Die PHV sollte auch ehrenamtliche Tätigkeiten decken. Ob dies der Fall ist, muss man beim Versicherer erfragen. Deshalb zählt die Vereins-Haftpflichtversicherung zu den wichtigsten Versicherungen, die jede gemeinnützige Einrichtung haben sollte. Im Schadensfall wehrt der Versicherer unberechtigte Ansprüche ab. Bei berechtigten Ansprüchen zahlt der Versicherer den Schadensersatz.

Sportplatzwelt: Wie können sich Vereine gegenüber etwaigen Vermögensschäden durch Mitarbeiter und Vorstände absichern – sei es gegenüber dem eigenen Verein oder gegenüber Dritten? Was sind hier typische Schadensfälle?
Weber: Die oben genannte Vereins-Haftpflichtversicherung deckt in der Regel keine reinen Vermögensschäden. Deshalb sind Versicherungen wichtig, die reine Vermögensschäden decken, also finanzielle Schäden, die weder Sach- noch Personenschäden sind. In dem Versicherungskonzept sollten Eigen- und Drittschäden versichert sein.

Prinzipiell gibt es zwei Arten: Die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung (VH) schützt das Vermögen des Vereins. Versichert sind dabei alle Mitarbeiter des Vereins und seine Organe, wenn sie eine Pflichtverletzung begehen – zum Beispiel aus Versehen Geld auf ein falsches Konto überweisen, was dann nicht mehr zurückgeholt werden kann, oder einen Druck freigeben, der inhaltlich nicht richtig ist und neu gedruckt werden muss.

Außerdem gibt es die Director’s and Officer’s-Manager-Haftpflichtversicherung (kurz: D&O). Sie schützt primär das Privatvermögen der Organe. Das ist wichtig, denn Organe, egal ob hauptamtlich oder ehrenamtlich tätig, haften grundsätzlich unbeschränkt und gesamtschuldnerisch mit ihrem Privatvermögen. Die D&O deckt beispielsweise das sogenannte Organisationsverschulden, wenn also die Vereinsleitung bei der Organisation und Kontrolle von Arbeitsabläufen Fehler gemacht hat.

Über die Bernhard Assekuranzmakler GmbH & Co. KG:

Beginnend mit dem Bayerischen Jugendring im Jahr 1950 betreut die Bernhard Assekuranzmakler GmbH & Co. KG heute über 15.000 Vereine und Verbände in Versicherungsangelegenheiten. Grundlage für ihren Erfolg als Vereinsversicherer ist die enorme Kompetenz, die sich das Unternehmen über die Jahre erarbeitet hat. Heute sichert die Bernhard Assekuranzmakler GmbH & Co. KG die Vereins- und Verbandsarbeit mit all ihren vielseitigen Facetten ab – von Fragen der Aufsichtspflicht bei Vereinsaktivitäten über die Risiken der Haftpflicht bis hin zur Unfallversicherung.

Sportplatzwelt: Wer haftet im Schadensfall, wenn der Verein nicht über eine Vereins-Haftpflichtversicherung oder eine Vermögensschaden-Haftpflicht- bzw. D&O-Versicherung verfügt? Sind ehrenamtliche Vereinsvorstände nicht in jedem Fall gesetzlich über den § 31 BGB vor der Haftung mit ihrem Privatvermögen geschützt?
Kuhr: Das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts hat für Mitglieder und Organe zwar gewisse Haftungserleichterungen gebracht. Die Erleichterungen gelten allerdings nur für ehrenamtlich tätige bzw. geringfügig vergütete Personen und außerdem nur für einfach fahrlässig verursachte Schäden. Die Erleichterungen gelten nicht bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz, siehe §§ 31 a und b BGB.

Insbesondere im Hinblick auf öffentlich-rechtliche Haftungsansprüche, zum Beispiel bezüglich Sozialversicherungsbeiträgen oder Steuern, greifen die Haftungs-erleichterungen nicht. Außerdem schützt das Gesetz zwar die ehrenamtlich Tätigen, dem Verein ist aber trotzdem ein Vermögensschaden entstanden, auf dem er nach Möglichkeit nicht sitzen bleiben sollte. Ein auf den Verein und die Organe abgestimmter Versicherungsschutz ist daher auch weiterhin notwendig.

Sportplatzwelt: In welchen Fällen sollten Vereine eine Veranstalter-Haftpflichtversicherung in Betracht ziehen? Sind Vereinsveranstaltungen nicht bereits über die Vereins-Haftpflichtversicherung abgedeckt?
Weber: Eine gesonderte Veranstalter-Haftpflichtversicherung ist dann sinnvoll, wenn der Verein eine Veranstaltung plant, die entweder gar nicht über eine bereits bestehende Vereins-Haftpflicht abgedeckt ist oder spezifische bzw. erhöhte Risiken birgt – zum Beispiel, weil es eine besonders große Besucherzahl gibt oder Zeltaufbauten, Fahrgeräte oder Feuer zum Einsatz kommen.

Sportplatzwelt: Viele Bundesländer verfügen über eine sogenannte Ehrenamts-versicherung. Warum gewährleistet diese keinen ausreichenden Versicherungsschutz für Ehrenamtliche im Sportverein?
Weber: Die Ehrenamtsversicherung unterscheidet sich je nach Bundesland. Wenn man sich bei einem öffentlichen Träger wie zum Beispiel einer Stadt oder Kommune engagiert, besteht über jene eventuell eine Haftpflicht- und Unfallversicherung.

Sportvereine sind in der Regel über den Landessportbund ihres Bundeslands abgesichert. Meist besteht ein Versicherungsschutz für die Vereinsmitglieder, insbesondere für Haftpflicht und Unfälle, wobei der Versicherungsschutz je nach Landessportverband unterschiedlich geregelt ist. Insbesondere muss geprüft werden, ob und wie die Tätigkeit der ehrenamtlichen und gegebenenfalls hauptamtlichen Mitarbeiter versichert ist. Hier sind oft Zusatzversicherungen nötig, um die sich der Sportverein selbst kümmern muss. Die Versicherungen über die Bundesländer sind oft nur als Auffanglösung für den Fall gedacht, dass sonst keine Versicherung besteht bzw. leistet. Deshalb sollten insbesondere rechtlich selbständige gemeinnützige Einrichtungen prüfen, ob dieser Schutz auch für sie gilt bzw. ob er gegebenenfalls ausreichend ist, und andernfalls für einen angemessenen, weitergehenden Schutz sorgen.

Sportplatzwelt: Welche weiteren Versicherungen sollten Ehrenamtliche bzw. die Vereine selbst unbedingt in Betracht ziehen, um für den Ernstfall gewappnet zu sein?
Kuhr: Angesichts der Häufigkeit und Vielfältigkeit wird die Cyber-Versicherung immer wichtiger. Sie übernimmt Schäden und Kosten bei Angriffen auf die IT-Sicherheit. Es sind Schäden versicherbar, die beim Verein oder auch bei einem Dritten entstehen können, zum Beispiel Kosten für die Daten- und Programmwiederherstellung und bei Betriebsunterbrechung nach einem Hackerangriff oder wegen der Verletzung der Datenschutz-Vorschriften. Dazu kommen Service-Leistungen wie IT-Risikoanalysen im Vorfeld und Hilfe im Schadensfall.

Außerdem ist eine Rechtsschutzversicherung für Vereine sinnvoll. Sie übernimmt das Kostenrisiko, wenn es um Gerichts- und Anwaltskosten geht. Es gibt verschiedene Rechts-Bereiche, die man versichern kann, und den Spezial-Strafrechtsschutz.

Falls der Verein selbst als „Reiseveranstalter“ oder „Vermittler von verbundenen Reiseleistungen“ auftritt, sind eine Reiseveranstalter- bzw. Reisevermittler-Haftpflichtversicherung sowie eine Reiseveranstalter-Insolvenzversicherung nötig.

Mit einer KfZ-Dienstfahrt-Versicherung können dienstliche Fahrten mit dem privaten PKW abgesichert werden, sodass der Mitarbeiter oder Ehrenamtler von einem privaten Mehrbeitrag verschont bleibt.

Es gibt noch viele weitere Versicherungen, mit denen sich Vereine beschäftigen sollten – etwa, wenn der Verein Eigentümer von Fahrzeugen, Gebäuden, Inventar oder elektronischen Geräten ist oder wenn den Vereinsmitarbeitern eine betriebliche Altersversorgung angeboten werden soll.

All die genannten Versicherungen müssen nicht teuer sein. Es gibt Versicherungskonzepte, die sich speziell an den Bedürfnissen und Budgets von gemeinnützigen Einrichtungen orientieren. Wichtig ist, dass der Kunde sich gut beraten fühlt und dies auch ist. (Sportplatzwelt, 26.01.2021)

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