Sportstätteninfrastruktur: Der Status Quo

Im Sportamtsreport 2024 und Vereinsreport 2024 wirft Sportplatzwelt einen Blick hinter die Kulissen deutscher Sportämter und Vereine. Die vergleichende Analyse beider Erhebungen in diesem Beitrag zeigt, wie beide Parteien mit aktuellen infrastrukturellen Herausforderungen umgehen.

Der Sanierungsbedarf von Sportstätten in Deutschland beträgt – über alle Eigentümergruppen und Anlagentypen hinweg – schätzungsweise rund 31 Mrd. Euro“, so DOSB, Deutscher Städtetag und Deutscher Städte- und Gemeindebund in ihrer Kurzexpertise „Bundesweiter Sanierungsbedarf von Sportstätten“.

Wie in den vergangenen Jahren macht sich dieser allgemeine Sanierungsstau im Bereich kommunaler wie vereinseigener Sportstätten auch im Sportamtsreport 2024 bzw. im Vereinsreport 2024 bemerkbar: Während Kommunen den allgemeinen Zustand ihrer Sportstätten im Schnitt mit 5,9 auf einer Skala von 1 (sehr schlecht) bis 10 (sehr gut) bewerteten, erachten die befragten Sportvereine den Zustand der ihnen zur Verfügung stehenden Sportstätten mit einer durchschnittlichen Bewertung von 6,2 als geringfügig besser. Anzumerken ist hierbei, dass auch die befragten Vereine bei der Ausübung ihrer sportlichen Angebote zu einem nicht geringen Teil auf kommunale Sportstätten setzen dürften – vor allem unter Berücksichtigung der Tatsache, dass laut aktuellem Sportentwicklungsbericht des DOSB ohnehin nur rund 40 % der Sportvereine in Deutschland über eigene Infrastruktur verfügen.

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Ein detaillierter Blick auf die Einwohnerzahlen der befragten Kommunen legt zudem nahe, dass in den vergangenen Jahren vor allem Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern erhebliche Investitionen in ihre Sportstätteninfrastruktur getätigt haben: Mit einer durchschnittlichen Bewertung von 6,1 bewerteten sie den allgemeinen Zustand ihrer Sportstätten etwas besser als Städte mit weniger als 100.000 Einwohnern (5,7). Während Kommunen mit weniger als 100.000 Einwohnern den allgemeinen Zustand ihrer Sportstätten im Sportamtsreport 2023 ähnlich bewerteten (5,9), hat sich die durchschnittliche Bewertung in Kommunen mit mehr als 100.000 Einwohnern deutlich gesteigert (2023: 5,2). Die insgesamt breite Streuung über alle Punkte der Bewertungsskala zeigt allerdings auch, dass der Sanierungsstau – wenn auch überall präsent – in verschiedenen Regionen doch unterschiedlich stark ausgeprägt ist bzw. unterschiedlich stark wahrgenommen wird.

Investitionsstärkste Gewerke

Kommunen, die in den vergangenen 12 Monaten Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen an ihren bestehenden Sportstätten vorgenommen bzw. Neubauprojekte geplant und in Angriff genommen haben, haben vor allem in den Bereichen Raumluft, Planung und Sanitär investiert. Die „Technische Gebäudeausstattung“ (TGA) war dabei in 48,4 % der befragten Kommunen eines der drei investitionsstärksten Gewerke im vergangenen Jahr, gefolgt von den Gewerken „Planung“ (42,1 %) und „Sanitär“ (40,2 %). Unter dem Punkt „Sonstige“ wurden vor allem energetische Sanierungsmaßnahmen an Dächern, Fassaden und Fenstern genannt.

Auf Seiten der Vereine lagen die Investitionsschwerpunkte im vergangenen Jahr vor allem im Bereich „Planung“ (61,9 %), sowie ebenfalls „Sanitär“ (39,2 %) und „TGA“ (38,1 %). Während sowohl auf städtischen als auch auf vereinseigenen Anlagen scheinbar Investitionen in LED-Beleuchtung für den Außenbereich (Vereine: 28,6 %; Kommunen: 37,0 %) und Innenbereich (Vereine: 27,5 %; Kommunen: 26,3 %) in vergleichbarer Größenordnung getätigt wurden, sind die Unterschiede in anderen Bereichen teils vehement.

Auswirkungen des EU-Mikroplastikverbots

Während keine einzige der befragten Kommunen den Bereich „Kunstrasen“ zu ihren drei investitionsstärksten Gewerken im Jahr 2023 zählte, fallen Kunstrasensanierungen und -neubauten bei 14,8 % der befragten Vereine unter die Top-3 Investitionen im Jahr 2023. Dass die Kunstrasen-Investitionen auf Seiten der Vereine auch auf die seit 2018 währende und im vergangenen Jahr zum Abschluss gebrachte Diskussion um die Mikroplastik-Emissionen mit Kunststoffgranulat verfüllter Kunstrasenplätze zurückzuführen sein könnte, legt ein Blick auf die Frage nach dem Umgang mit dem ab 2031 geltenden Verbot von Kunststoffgranulaten als Infill in Kunstrasenplätzen: 13,0 % der befragten Vereine gaben an, bereits alle vereinseigenen Kunstrasenspielfelder auf umweltfreundliche Alternativen bzw. unverfüllte Systeme umgestellt zu haben.

Dass – auch wenn Investitionen in Kunstrasensanierungen im vergangenen Jahr noch keine Rolle in den befragten Sportämtern spielten – vor allem die Kommunen in den kommenden Jahren gefragt sein werden, wenn es darum geht, ausgediente Systeme auf umweltfreundliche Alternativen umzurüsten, zeigt ein Blick auf dieselbe Frage: 39,1 % der befragten Vereine gaben hier an, dass alle der ihnen zur Verfügung stehenden Kunstrasenplätze im Eigentum der jeweiligen Kommune seien, die somit auch für entsprechende Sanierungsvorhaben verantwortlich zeichnet. 26,1 % der befragten Vereine gaben hingegen an, über keine Kunstrasenplätze zu verfügen.

Klammert man die Vereine, die weder über eigene noch kommunale Kunstrasenplätze verfügen, aus, ergibt sich folgendes Bild: 37,5 % der befragten Vereine, die über einen oder mehrere eigene Kunstrasenplätze verfügen, haben diese bereits auf umweltfreundliche Alternativen umgerüstet, 62,5 % der befragten Vereine mit eigenem Kunstrasenplatz wollen diesen in der aktuellen Form noch bis zum Ende der Übergangsfrist im Jahr 2031 nutzen. Da kein einziger der befragten Vereine angegeben hat, „alle mit Kunststoffgranulat verfüllten Kunstrasenplätze so schnell wie möglich“ umbauen zu wollen, ist davon auszugehen, dass die Vereine, die ihre Plätze vor Ablauf der Übergangsfrist sanieren wollen, dies bereits getan haben.

Beheizung von Sportstätten und Prioritäten bei Sanierungsvorhaben

Bei der Beheizung ihrer Sportstätten setzen sowohl Sportvereine als auch Kommunen flächendeckend vor allem auf klassische Gas-Systeme: In 89,3 % der befragten Kommunen sowie 86,4 % der befragten Vereine ist Gas nach wie vor der Hauptenergieträger bei der Beheizung von Sportstätten. Umweltfreundlichere und GEG-konforme Alternative wie z. B. Fernwärme spielen bis dato überwiegend in kommunalen Sportstätten eine Rolle (Kommunen: 56,7 %; Vereine: 14,7 %).

Die aktuellen Krisen haben dabei sowohl auf Seiten der Sportämter als auch auf Seiten der Sportvereine nur zu einer moderaten Verschiebung der Prioritäten bei künftigen Sanierungs- und Modernisierungsvorhaben geführt (Kommunen: 5,6 auf einer Skala von 1 (gar nicht) bis 10 (sehr stark); Vereine: 4,9). Es ist deshalb davon auszugehen, dass die im folgenden abgefragten Prioritäten bei künftigen Sanierungs- und Modernisierungsvorhaben auch unabhängig von den aktuellen Krisen Bestand haben. Während für Kommunen bei künftigen Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen an kommunalen Sportstätten vor allem die Punkte „Erhalt der Baustruktur“ (92,6 %), „Verbesserung der Energiebilanz“ (78,2 %) und „Verbesserung der Barrierefreiheit“ (48,2 %) im Vordergrund stehen, spielt die Verbesserung der Barrierefreiheit bei vereinseigenen Sportanlagen kaum eine Rolle (9,2 %). Tendenziell haben die Vereine ähnliche Priorisierungen angegeben wie die Kommunen – „Erhalt“ (68,2 %) und „Energiebilanz“ (59,1 %) sind auch hier die meistgenannten Prioritäten –, die „Verbesserung der Sportfunktionalität“ (Kommunen: 35,2 %; Vereine: 45,7 %) und die „Verbesserung der Multifunktionalität“ (Kommunen: 29,4 %; Vereine: 43,8 %) scheint hier ins Verhältnis gesetzt aber eine größere Rolle zu spielen als in den Kommunen. (Sportplatzwelt, 12.04.2024)

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