Sportamtsreport 2024: Vereinssport und Digitalisierung

Im dritten Teil des Sportamtsreport 2024 wirft Sportplatzwelt einen Blick auf die aktuellen Herausforderungen für die kommunale Sportverwaltung: Vom Wandel des Sportverhalten bis hin zur Digitalisierung.

Wandel des Sportverhaltens

Auch der landesweit zu beobachtende und durch die Corona-Pandemie noch einmal befeuerte Wandel des Sportverhaltens geht an den meisten im Sportamtsreport 2024 befragten Kommunen nicht spurlos vorüber. Die Frage, inwieweit sich der allgemeine Wandel des Sportverhaltens – also der Trend zum informellen, selbstorganisierten Sporttreiben abseits klassischer Vereinsstrukturen – in ihrer Kommune bemerkbar machen würde, bewerteten die befragten Sportämter im Schnitt mit 6,1 auf einer Skala von 1 (gar nicht) bis 10 (sehr stark). Dabei scheint der Wandel des Sportverhaltens vor allem in Großstädten spürbarer zu sein: Die befragten Kommunen mit mehr als 100.000 Einwohnern bewerteten die Frage im Schnitt mit 6,6 und somit deutlich höher als Kommunen mit weniger als 100.000 Einwohnern (5,7).

Um auf diesen Wandel des Sportverhaltens zu reagieren, haben die befragten Kommunen im vergangenen Jahr verschiedene Maßnahmen in Angriff genommen, um den schwierigen Spagat zu meistern, einerseits kommunale, informelle Sportangebote im öffentlichen Raum oder neue niedrigschwellige Bewegungsangebote für ihre Bürgerinnen und Bürger, auf der anderen Seite aber kein Konkurrenzverhältnis zu örtlichen Vereinsangeboten zu schaffen.

73,7 % der befragten Kommunen haben in den vergangenen Monaten und Jahren neue Outdoor-Fitness-Anlagen im öffentlichen Raum installiert, um auf den Wandel des Sportverhaltens zu reagieren. 63,2 % der befragten Kommunen haben neue multifunktionale Sportflächen im öffentlichen Raum geschaffen. Andere Sport- und Bewegungsangebote im öffentlichen Raum haben immerhin noch bei 52,6 % der Befragten eine Rolle gespielt. Beim Betrieb der Anlagen arbeiten indes viele Kommunen eng mit den örtlichen Sportvereinen zusammen: 53,3 % der befragten Kommunen haben in der jüngeren Vergangenheit kooperative Veranstaltungen mit Sportvereinen ins Leben gerufen, um auf den Wandel des Sportverhaltens zu reagieren – hierzu zählen beispielsweise Sportkurse in öffentlichen Parkanlagen oder die Betreuung von Fitnesskursen auf den oben erwähnten Anlagen. Städtische Kampagnen zur Stärkung des Vereinssports spielten immerhin in rund einem Fünftel der Kommunen eine wichtige Rolle.

Digitalisierung

Dass es vor allem der deutschen Verwaltung nach wie vor an digitalen Lösungen mangelt, ist kein Geheimnis. Nicht umsonst rangiert Deutschland auf dem Digitalisierungsindex seit Jahren auf den hinteren Plätzen in Europa. Doch gerade in Zeiten des (Nachwuchs-)Fachkräftemangels auch in der Kommunaladministrative und einer jungen, technologieaffinen Generation, die in den kommenden Jahren in den Arbeitsmarkt drängen wird, ist es für Sportämter nicht nur aus finanzieller und personeller Sicht unabdingbar, sich mit zeitgemäßen digitalen Lösungen zu befassen: Die Fehleranfälligkeit sinkt, automatisierte Prozesse erleichtern den Arbeitsalltag, digitale Anwendungen sparen Zeit, Geld und – vor allem aus umwelttechnischer Sicht relevant – Papier.

Doch wie steht es um den Digitalisierungsgrad in der deutschen Sportverwaltung? Vor allem hinsichtlich klassischer Verwaltungstätigkeiten (z.B. Sportstättenvergabe) setzen bereits 63,1 % der befragten Sportämter auf digitale Anwendungen. In der Finanzbuchhaltung, die oft auch an andere Bereiche der Stadtverwaltung geknüpft ist, ist es allerdings nur rund ein Drittel der Befragten (31,6 %), die hier bereits auf digitale Anwendungen setzen.

Im Sportstättenbetrieb scheint die Digitalisierung vor allem mit dem Wunsch nach einem geringeren Ressourcenverbrauch einherzugehen: 47,7 % der befragten Kommunen arbeiten auf ihren kommunalen Sportanlagen bereits mit automatischen Beregnungsanlagen, um nicht nur Arbeitszeit bei der Bewässerung ihrer Spielfelder einzusparen, sondern vor allem auch den Wasserverbrauch zu senken. Was im Outdoor-Bereich die Regneranlagen, sind im Indoor-Bereich Lüftung, Heizung & Co.: Insgesamt 46,4 % der befragten Kommunen setzen bei der Klimatisierung ihrer Sporthallen bereits auf vollautomatische RLT-Anlagen. Ein umfangreiches Energiemonitoring-System, das dem Betreiber permanent valide Daten zu den tatsächlichen Verbräuchen liefert und so Optimierungspotenziale bei Modernisierungsmaßnahmen eröffnet, spielt hingegen bislang nur in 15,8 % der befragten Kommunen eine Rolle. Die Rasenpflege scheint indes deutlich weiter, was Digitalisierung und Automatisierung angeht: Auch beim Mähen ihrer Spielfelder setzen 36,9 % der befragten Kommunen bereits auf autonome Mähroboter oder vergleichbare digitale Helfer.

Vereinssport

Ebenso wie die Kommunen ist natürlich auch der Vereinssport von den vergangenen Krisen nicht unberührt geblieben. Auch wenn sich der organisierte Vereinssport zwar von den Mitgliederrückgängen im Verlauf der Corona-Pandemie weitestgehend erholt zu haben scheint – die aktuellen Bestandserhebungen und Mitgliederzahlen der einzelnen Landessportbünde legen dies nah –, sahen sich vor allem Sportvereine mit eigenen Sportanlagen im Zuge der Energiekrise erneut mit teils existenzbedrohenden finanziellen Problemen konfrontiert, mussten sie doch die Mehrkosten für Strom und Gas in der Regel überwiegend selbst tragen.

Größere Hilfspakete der Länder haben den Sportvereinen hier zwar immer wieder über die Runden geholfen, aber auch die Kommunen haben im vergangenen Jahr immer wieder Unterstützung geleistet – nicht nur in finanzieller Form. Mit Erfolg: So bewerteten die befragten Sportämter die Frage, inwieweit sich die finanzielle Lage der Sportvereine in ihrer Stadt im Vergleich zu den Vorjahren entwickelt habe, im Schnitt mit 6,0 auf einer Skala von 1 (sehr schlecht) bis 10 (sehr gut). Nachdem hier keines der befragten Sportämter eine Bewertung geringer als 5 abgegeben hat, ist davon auszugehen, dass sich die Lage für den Vereinssport in den meisten Kommunen zumindest nicht verschlechtert hat und in vielen Kommunen sogar eine Verbesserung gegenüber den Vorjahren zu beobachten war.

Der Grund, dass der Vereinssport vergleichsweise gut durch die jüngeren Krisen gekommen ist, ist auch in den Bemühungen der Kommunen zu finden, die in den vergangenen Monaten verschiedenste Maßnahmen ergriffen haben, um dem Vereinssport gezielt unter die Arme zu greifen. 49,8 % der befragten Kommunen haben die Vereine in ihrer Stadt im vergangenen Jahr mit außerplanmäßigen finanziellen Zuschüssen für Strom und Gas unterstützt. Jeweils rund ein Drittel der befragten Kommunen hat den betroffenen Vereinen im vergangenen Jahr ansonsten übliche Sportstättennutzungsgebühren vollständig erlassen (38,9 %), die Strom- und Gaskosten von vereinseigenen Sportstätten übernommen (35,3 %) oder gezielte Energieberatungen für Sportvereine angeboten (39,9 %). Lediglich 9,8 % der befragten Kommunen haben keinerlei Maßnahmen ergriffen, die über die üblichen Unterstützungsleistungen für Sportvereine hinausgehen. (Sportplatzwelt, 28.03.2024)

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