Sportvereine: Fusion und Verschmelzung

Ein Beitrag von Marc Patrick Schneider, Thomas Schneider und Lara Gräwe zu grundsätzlichen Überlegungen sowie rechtlichen Fragestellungen rund um Vereinsfusionen.

Allianzen und Bündnisse zur Erreichung von gemeinsamen Zielen haben in der Geschichte der Menschheit eine lange Tradition. Das spiegelt sich auch in der Literatur wider. Wer alleine durch die Werke von William Shakespeare blättert, findet zahlreiche Beispiele. Auch im Sport sind Koalitionen seit jeher bekannt: zum einen durch Kooperationen und Spielgemeinschaften, zum anderen durch Fusionen und Verschmelzungen. Anders als bei den historischen oder literarischen Beispielen geht es bei Fusionen und Verschmelzungen in den allermeisten Fällen „ohne Blutvergießen“ zu, auch wenn hier wie da häufig aktuelle Schwächen oder Probleme einer oder beider Parteien ursächlich sind. Bei den Sportvereinen sind das vor allem Mitgliederschwund, Verlust von Ehrenamtlichen, zunehmende Komplexität von Aufgaben, Haftungsrisiken und Kostendruck.

Sind Zusammenschlüsse von Vereinen durch Fusion oder Verschmelzung also ein wiederkehrendes Phänomen in der Sportpraxis? Das Registerportal der Länder gibt dazu keinen zahlenmäßigen Gesamtüberblick, übergreifende Statistiken existieren nicht. Auch in der Sportwissenschaft scheint man sich erst seit 10 bis 15 Jahren überhaupt vereinzelt mit dem Thema intensiver zu beschäftigen, so etwa im Rahmen einer Dissertation an der Universität Paderborn von Cindy Adolph-Börs. Sowohl in der Beratungspraxis von Sportverbänden und Kommunen als auch in der von Rechtsanwalt*innen und Steuerberater*innen zeichnet sich jedoch eine zunehmende faktische Relevanz von Vereinsfusionen und Verschmelzung ab; das gilt insbesondere im Bereich des Fußballs.

Vereinsfusionen und Verschmelzungen erfordern dabei von den Verantwortlichen ein hohes Maß an Weitsicht, Ausdauer, Kommunikation und Überzeugungskraft. Erfahrungen mit Projektsteuerung, ein zielgeleitetes Vorgehen mit einem festen Zeitplan und eine klare Vorstellung von den neuen Vereinsstrukturen sind nicht weniger von Bedeutung. Ferner ist der Einhaltung durchaus komplexer rechtlicher und steuerlicher Regelungen Beachtung zu schenken. Mit dem formalen Abschluss des Verfahrens endet der Fusions- bzw. Verschmelzungsvorgang indes nicht. Eine erfolgreiche Fusion bzw. Verschmelzung bedingt darüber hinaus, dass Fusionsziele langfristig überprüft und interne Lagerbildungen vermieden werden. Zu dem „neuen“ Verein sollten alle Mitglieder und alle Verantwortlichen alsbald eine emotionale Verbundenheit und eine persönliche Identifikation aufbauen. Sportlicher Erfolg beschleunigt diesen Prozess in der Regel. Sonst steht der neue Verein bald wieder vor schwierigen Herausforderungen.

Ist es demnach zu schwierig und zu kompliziert, die Fallhöhe für Vereine also zu hoch, sodass man von Fusionen und Verschmelzungen abraten sollte? Nein. Denn derartige Zusammenschlüsse können eine Reihe von Vorteilen bieten, wovon einige Praxisbeispiele zeugen. Fusionierte und verschmolzene Sportvereine berichten insbesondere von einer Stabilisierung ihrer Finanzen, einer Steigerung ihrer Mitgliederzahlen und verbesserten Sportstätten. Fusionen und Verschmelzungen sind indes auch kein Allheilmittel. Häufig sind Kooperationen mit anderen Akteuren des Sports, die Öffnung des Vereins für neue Sportarten und eine kritische Untersuchung der eigenen Strukturen die näher liegende und einfachere Lösung. Dies unterstreicht auch der DOSB durch das neu gestartete Programm „SPORTOUT: Sportvereine draußen stark machen – Gesunde Sportangebote nachhaltig in der Natur gestalten“, mit dem „Antworten auf die aktuellen Herausforderungen der Mitgliedergewinnung und -bindung in Sportvereinen und -verbänden“ gegeben werden sollen.

Kommunikation ist das A und O

Ist aber ein formeller Zusammenschluss von Sportvereinen der beste Weg aus einer Krise, dann ist der entscheidende Hebel, der über das Gelingen einer Fusion oder Verschmelzung entscheidet, eine gute und intensive Kommunikation. Erforderlich ist eine permanente und zugewandte Kommunikation mit allen Vereinsmitgliedern auf informellem – etwa durch die Einrichtung gemeinsamer Arbeitsgruppen – und formellem Wege im Rahmen von notwendigen Mitgliederversammlungen. Es handelt sich insofern um eine Kommunikation, die einen langen Atem und großes Einfühlungsvermögen einfordert. In diesem Kontext kann der Verein durchaus professionelle Hilfe in Form von Moderation und Mediation in Anspruch nehmen. Es geht darum, alle Mitglieder und Verantwortlichen mitzunehmen und einzubinden. Auch über scheinbar banale Themen wie die Vereinsfarben, das Wappen, die Hauptspielstätte, die Bewahrung von Traditionen und den Umgang mit Ehrenmitgliedschaften muss sich besprochen werden. Eine Fusion oder Verschmelzung „von oben nach unten“ wird in den allermeisten Fällen spätestens im neuen Vereinsleben scheitern.

Die Kommunikation endet dabei keineswegs bei den alten und neuen Vereinsmitgliedern. Banken, Versicherungen, Steuerbehörden und Sponsoren sind zu informieren. Ebenso sind Gespräche mit den Verbänden über Themen wie Spielklasseneinteilungen, Spielberechtigungen und Spielerpässe zu führen. Sprechen sollten die Sportvereine im Vorfeld insbesondere auch mit den Kommunen, von denen sie häufig Zuschüsse bekommen. Dies gilt nicht nur für zukünftige Zuschüsse, sondern auch für vergangene, da diese meist mit jahre- oder jahrzehntelangen Zweckbindungen verknüpft sind. Zudem lohnt sich ein Blick in die Sportförderrichtlinien. Manche Kommunen unterstützen Fusionen und Verschmelzungen mit gesonderten Zuschüssen. Außerdem ist es wichtig, mit den Kommunen die Nutzung der Sportstätten und die zugrundeliegenden Vereinbarungen in den Blick zu nehmen. Nicht selten sind dann zusätzlich Beschlüsse der politischen Gremien in Zusammenhang mit der Umsetzung von Fusion bzw. Verschmelzung notwendig.

Sind die Vorgespräche geführt und die Verantwortlichen von zwei oder mehr Vereinen im Sinne ihrer Mitglieder überzeugt, mit einem Zusammenschluss eine nachhaltige(re) und erfolgreiche(re) sportliche und wirtschaftliche Zukunft gewährleisten zu können, startet in der Praxis – in der Regel unterstützt von (steuer-)rechtlichen Beratern – die Umsetzung der zuvor ausgearbeiteten Prozessplanung. Zu dieser gehört zunächst einmal die Grundsatzentscheidung, ob der oder die übertragende/n Verein/e aufgelöst und liquidiert und deren gesamtes Vermögen einzeln auf einen schon bestehenden oder erst neu zu gründenden „Zielverein“ übertragen werden soll (sog. vereinsrechtliche Umwandlung bzw. „Fusion“), oder eine Umwandlung nach dem Umwandlungsgesetz (UmwG) erfolgen soll. Letzteres ist in der Sportpraxis schon deshalb häufiger anzutreffen, weil bei der Fusion der Erwerb der Mitgliedschaft im „neuen“ Verein für die „alten“ Mitglieder nicht automatisch eintritt, sondern durch Aufnahme und Beitritt neu begründet werden muss. Das erhöhte Risiko, etwaige Gegner der Verschmelzung als Mitglieder zu verlieren, geht man regelmäßig nicht ein.

Zwei Möglichkeiten der Verschmelzung

Hat man sich für den Weg über das UmwG entschieden und steht die Satzung der beteiligten Vereine einer Umwandlung nicht ausdrücklich entgegen (vgl. § 99 UmwG), stehen zwei Varianten zur Verfügung: die Verschmelzung im Wege der Aufnahme (vgl. § 2 Nr. 1 UmwG) oder der Neugründung (vgl. § 2 Nr. 2 UmwG). Während bei der ersten Variante das Vermögen des jeweils übertragenden Vereins auf einen bereits existierenden Verein übergeht, muss bei der zweiten Variante der „Zielverein“ durch die Verschmelzung erst neu geschaffen werden. In der Praxis häufiger anzutreffen ist die weniger kostenintensive Verschmelzung durch Aufnahme. Dies setzt allerdings voraus, dass man sich auf einen der beteiligten Vereine als „Zielverein“ einigen kann und sich am Ende in diesem alle Mitglieder und Vereinskulturen ausreichend repräsentiert fühlen.

Der Verschmelzungsprozess nach dem UmwG selbst ist relativ standardisiert und vollzieht sich in der Sportpraxis üblicherweise in den folgenden Schritten:

  • Erstellung des Entwurfs zum final notariell zu beurkundenden Verschmelzungsvertrag;
  • Erstellung des sog. Verschmelzungsberichts (sofern nicht Verzicht erklärt wird);
  • Durchführung einer Verschmelzungsprüfung und Erstellung eines Prüfungsberichts (bei einem e.V. nur dann zwingend, wenn dies ≥ 10 % der Mitglieder schriftlich verlangen);
  • Vorbereitung der Mitgliederversammlung;
  • Beschlussfassung der Mitgliederversammlung mit der gesetzlichen Dreiviertel- oder der jeweils höheren satzungsmäßigen Mehrheit;
  • Anmeldung zur Eintragung der Verschmelzung in das Vereinsregister; und schließlich
  • Eintragung und Bekanntmachung der Eintragung.

Zudem kann, was aufgrund der nicht selten zeit- und kostenintensiven vorbereitenden Prüfungen und Maßnahmen (u. a. rechtliche- und steuerliche Beratung, Kosten der Mitgliederversammlung/en) durchaus im Sinne einer Risikoentlastung des Vorstandes sinnvoll ist, dem eigentlichen Verschmelzungsverfahren eine förmliche Beauftragung des Vorstands zur Vorbereitung der Verschmelzung vorangestellt werden. Ein solcher von den Mitgliedern zu fassender Beschluss (z. B. in einer als Informationsveranstaltung organisierten Mitgliederversammlung oder auch schriftlich) könnte etwa wie folgt lauten: „Der Vorstand wird beauftragt, alle rechtlich notwendigen Unterlagen zu erstellen und Schritte vorzubereiten, damit der Sport-e.V. B auf den Sport-e.V. A verschmolzen werden kann.“

Bei der sog. „Verschmelzungsversammlung“ selbst, also der Mitgliederversammlung, die am Ende über das Ja oder Nein der Umwandlung beschließt, bestehen in vereinsrechtlicher Hinsicht keine Besonderheiten. Lediglich in Bezug auf die zu erfüllenden Informationspflichten legt das UmwG erhöhte Anforderungen an. So sind zum einen ab dem Zeitpunkt der Einberufung der Mitgliederversammlung/en zum Zwecke der Ermöglichung einer sachgerechten Entscheidung über die Verschmelzung durch die Mitglieder in den Geschäftsräumen der beteiligten Vereine der Verschmelzungsvertrag bzw. dessen Entwurf, die Jahresabschlüsse und Lageberichte (soweit vorhanden) der letzten drei Geschäftsjahre (zuzüglich ggf. vorhandener Zwischenbilanzen) sowie die etwaigen Verschmelzungs- und Prüfungsberichte vorzuhalten. Zum anderen sind die Unterlagen auch in der „Verschmelzungsversammlung“ auszulegen und vom Vereinsvorstand zu erläutern.

Soweit es die Frage betrifft, ob die Vorlage einer den Anforderungen des § 17 Abs. 2 UmwG entsprechenden Schlussbilanz bei der Verschmelzung verzichtbar ist, wenn der betreffende Verein nicht bilanzierungspflichtig ist und infolgedessen auch weder Schlussbilanz noch Lagebericht erstellt hat, ist dringend eine frühzeitige Abstimmung mit dem zuständigen Registergericht anzuraten. Denn auch wenn sich eine solche Pflicht nicht aus dem Wortlaut des UmwG ergibt und die Registerpraxis seit vielen Jahren die Vorlage der tatsächlich vorliegenden Unterlagen der Rechnungslegung (z. B. Vermögensverzeichnis, Einnahme-Überschuss-Rechnung) hat genügen lassen, wurde vom OLG Köln im Jahre 2020 eine Schlussbilanz ausdrücklich gefordert.

Sofern im Sinne eines „Events des Neustarts“ gewünscht, können die finalen Beschlussfassungen der an der Verschmelzung beteiligten Vereine zeitlich und örtlich zusammengelegt werden. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass sämtliche satzungsmäßigen Vorgaben erfüllt und die strikte Selbständigkeit der Versammlungen (z. B. durch räumliche Aufteilung des Versammlungslokals oder der Halle, deutliche Kennzeichnung der Beschlussgegenstände, unterschiedlich farbige Stimmkarten, gegenseitige Zulassung der jeweils „anderen Mitglieder“ als Gäste) gewahrt werden kann.

Die Autoren

Marc Patrick Schneider, MBA, ist nach Studium in Mainz und Siena Of Counsel der Kanzlei Lentze Stopper in München und Fachanwalt für Sportrecht. Er hat zahlreiche Publikationen zum Sport- und Vereinsrecht veröffentlicht und ist u. a. Mitautor des Praxishandbuchs Vereins- und Verbandsrecht, des Handbuchs Fußballrecht sowie des Beck’schen Formularbuchs Sportrecht.

Thomas Schneider ist stellvertretender Leiter des Sportamtes der Stadt Köln. Er verantwortet dort nach juristischer Ausbildung in Köln, Lausanne, Siena und Brüssel als Volljurist die Themenbereiche Sportentwicklungsplanung, Sportförderung, Finanzen, Personal, Organisation und Recht.

Lara Gräwe ist Rechtsreferendarin im Kölner Sportamt und Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Völker- und Europarecht, Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht mit einer Dissertation zum Thema „Der Gemeinsame Ausschuss im verfassungsrechtlichen System der Gewaltenteilung“.

Wagt man abschließend einen Blick in die Glaskugel, ist davon auszugehen, dass der Trend zu Zusammenschlüssen im Sport nicht abreißen wird. Dazu beitragen wird zunehmend auch die Erkenntnis, dass nicht zwingend erst eine personelle, sportliche oder wirtschaftliche „Notlage“ eingetreten sein muss, um sich an das in vielen Fällen gewinnbringende Abenteuer einer Umwandlung zu wagen.

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