Das papierlose Büro im Sportamt und Verein

Vor allem bei der Büroarbeit in Sportverwaltungen und Vereinen fallen bislang erhebliche Mengen an Papier an. Eine Ressource, die mit der Implementierung digitaler Verwaltungsstrukturen erheblich reduziert werden kann – und viele weitere Vorteile bietet.

Einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen aus dem Jahr 2019 zufolge verbraucht jeder Bundesbürger (Stand: 2018) rund 240 Kilogramm Papier pro Jahr. Mehr als ein Drittel davon – rund 90 Kilo – entfallen dabei auf Druckerzeugnisse, Pressepublikationen und Büropapier. Eine Studie der Viadesk GmbH rechnet den Papierverbrauch, der täglich allein in deutschen Büros anfällt, auf rund 130 Gramm pro Person und Tag – das entspricht rund 26 DIN A4-Seiten pro Büroangestelltem, die an jedem Arbeitstag verbraucht werden.

Nicht nur geht mit der Verwendung von physischem Papier ein erheblicher Ressourcenverbrauch einher: Um die genannten 26 Blatt DIN A4-Papier zu produzieren, werden rund 390 Gramm Holz, 6,7 Liter Wasser und 1,4 Kilowattstunden Energie benötigt. Selbst Recyclingpapier benötigt im Vergleich immer noch rund 30% des Wassers und 40% der Energie von Frischfaserpapier. Hinzu kommen Studien wie beispielsweise des Bundesumweltministeriums, die der Papierindustrie erhebliche Umweltbelastungen nachsagen: Klimaschädigende Gase wie CO2, SO2 und Stickoxide gehören zu den gängigen Nebenprodukten der Papierherstellung und tragen unter anderem zur Bodenversauerung bei.

Ein Punkt, in dem in der Büroarbeit – sei es in der Sportverwaltung oder im Sportverein – angesetzt werden kann, um die alltägliche Arbeit nachhaltiger und umweltfreundlicher zu gestalten, ist deshalb die Digitalisierung verschiedener Arbeitsprozesse. Digitale Lösungen können bei entsprechenden Features nicht nur dazu beitragen, gedruckte Dokumente obsolet zu machen, sondern auch den Arbeitsaufwand in der kommunalen Sportverwaltung und im Verein drastisch zu reduzieren, die Betriebskosten zu senken, die Fehleranfälligkeit zu minimieren und gleichzeitig die Transparenz für Bürgerinnen und Bürger, Individualsportler, Sportvereine und jedes einzelne Vereinsmitglied zu erhöhen.

Moderne Anwendungen, die oft auf Cloud-Lösungen basieren und ein gemeinsames Arbeiten auf derselben Plattform und in denselben Dokumenten ermöglichen, bieten dabei nicht nur funktionelle Vorteile, wenn man bedenkt, dass auch das Versenden einer E-Mail mit Anhang einer Untersuchung des Carbon Literacy Project zufolge mit einem CO2-Ausstoß von bis zu 50 Gramm einhergehen kann.

Digitalisierung der Verwaltung

Bislang liegt Deutschland in Sachen Verwaltungsdigitalisierung im europaweiten Vergleich noch deutlich hinter anderen Ländern zurück: Laut dem Digital Economy and Society Index (DESI) der Europäischen Kommission liegt die Bundesrepublik in puncto Digitalisierung öffentlicher Dienste lediglich auf Rang 21 von 28. Die Digitalisierung der Verwaltungsstrukturen auf dem Weg zum eGovernment steht deshalb seit einigen Jahren auf der Agenda der Bundesregierung. So sollen etwa im Rahmen des Onlinezugangsgesetzes seit dem Jahr 2022 Stadtverwaltungen ihre Dienstleistungen über digitale Verwaltungsportale anbieten. Eine Digitalisierung und mit ihr einhergehende Vereinfachung der Verwaltungsstrukturen kann zudem dazu beitragen, dem Personal- und Nachwuchsmangel entgegenzuwirken, der sich in den kommenden Jahren noch deutlich verstärken wird.

Prof. Dr. Thomas Meuche, Leiter des Kompetenzzentrums Digitale Verwaltung an der Hochschule Hof, der unter anderem die sächsische Landesregierung bei der Digitalisierung berät: „Ohne intelligente Digitalisierung wird die öffentliche Hand den Verlust an Personal nicht bewältigen können. Es ist auch eine Illusion zu glauben, man könnte die Abgänge auch nur annähernd durch Neueinstellungen kompensieren. Vielmehr sehen wir in der Breite eine steigende Fluktuation. Und je länger die öffentliche Hand braucht, um moderne Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen zu schaffen, desto unattraktiver wird sie als Arbeitgeber.“

Am Kompetenzzentrum Digitale Verwaltung der Hochschule Hof haben Meuche und seine Kollegen ein umfassendes Modell zur Messung des digitalen Reifegrads der kommunalen Verwaltung entwickelt. Insgesamt 360 Kommunen haben sich darin selbst bewertet. Meuche: „Auf den ersten Blick verwunderlich war, dass in der Selbsteinschätzung der höchste Wert bei Technologie erreicht wurde, der geringste bei den Prozessen. Das zeigt auch, wo das Problem liegt. Wenn man einen schlechten Prozess digitalisiert, wird er dadurch nicht besser. Um einen Prozess wirklich zu verbessern, muss man ihn anders betrachten.“

Demnach müssen Sportämter bei der Digitalisierung nicht nur die Implementierung digitaler Anwendungen im Blick haben, sondern vor allem auch ihre generellen Arbeitsprozesse hinterfragen und überdenken. Meuche: „Klassischerweise werden Prozesse innerhalb des eigenen Silos gedacht. Die einen sind zuständig für den Ticketverkauf, der nächste Bereich für die Rechnungsstellung und Buchführung, der dritte für Buchungen von Zeitslots in den Sportstätten und der vierte für die Beauftragung von Fremdleistungen. Jeder Bereich betrachtet seinen eigenen Prozess und optimiert diesen. Die Tatsache, dass jeder der Prozesse für sich optimal läuft, heißt aber noch nicht, dass ein Gesamtoptimum entsteht und schon gar nicht, dass das Ganze kundenorientiert ist.“

Der wachsenden Nachfrage nach digitalen Tools sind sich die meisten kommunalen Akteure indes bereits bewusst, wie eine Umfrage des „Zukunftsradar digitale Kommune“ zeigt: Gerade im Bereich der Verwaltung wird der künftige Nutzen digitaler Prozesse in der Kommunalverwaltung in 90% der Fälle mindestens als hoch bewertet (sehr hoch: 47 %). Dass die Vorteile einer digitalen Verwaltung dabei nicht nur auf Seiten der Kommunaladministrative liegen, ist dabei auch den meisten Kommunen klar: 83% der Befragten bewerteten den künftigen Nutzen digitaler Prozesse aus Sicht der Bürger mindestens als hoch (sehr hoch: 29 %). Zeitgleich sehen aber viele Kommunen in diesem Bereich nach wie vor den größten Handlungsbedarf: 61% gaben an, dass digitale Verwaltungsprozesse in ihrer Kommune die größte Baustelle seien.

Doch warum setzen dennoch nach wie vor so wenige Kommunen auf integrierte digitale Lösungen? Digitalisierungsexperte Meuche sieht dabei nicht zwangsweise den demografischen Wandel und fehlende digitale Kompetenzen als größtes Hindernis für die Verwaltungsdigitalisierung: „Das Alter per se ist nach unserer Erkenntnis gar nicht das zentrale Problem. Die große Herausforderung liegt auch nicht in der Technologie. Ein Großteil der Bevölkerung nutzt heute Social-Media-Angebote. In unserem berufsbegleitenden Studiengang Digitale Verwaltung wird vor allem ein umfassendes Denken in Prozessen, ein tieferes Verständnis von Daten und deren Bedeutung gelehrt und dann gezeigt, wie diese Prozesse sich digital anhand praktischer Anwendungen umsetzen lassen. Diese Fähigkeiten fehlen in der öffentlichen Verwaltung nahezu vollständig und ohne diese wird es keine vernünftige Digitalisierung geben.“

Digitalisierung im Sportverein

Ähnlich verhält es sich auf Seiten der Sportvereine: Auch hier kann die Implementierung digitaler Verwaltungsstrukturen – von der Sportstättenvergabe über eine automatisierte Finanzbuchhaltung bis hin zur Implementierung von Vereinsapps und vergleichbaren digitalen Anwendungen zur Kommunikation mit Mitgliedern und Fans – dazu beitragen, dem seit Jahren bestehenden Mangel an ehrenamtlichen Mitarbeitern entgegenzuwirken, indem bestehende Ehrenamtliche in ihrer täglichen Arbeit entlastet werden und die Vereinsarbeit für den Nachwuchs (Stichwort: „Digital Natives“) attraktiver gestaltet wird.

Das Spektrum der Bearbeitungstiefe von Software-Lösungen zur Vereinsverwaltung orientiert sich wesentlich an der Anzahl der Mitglieder – aber auch an anderen Einflussfaktoren.

Customer-Relationship-Management

Ob es sich nun um Lösungen zur Sportstättenverwaltung für Kommunen oder um Software zur Vereinsverwaltung handelt – die Technologie hinter beiden Systemen ist zu- und abzüglich einiger auf das jeweilige Einsatzgebiet zugeschnittener Features prinzipiell dieselbe und orientiert sich an den Kernprozessen des klassischen Customer-Relationship-Managements. Im Vordergrund stehen bei beiden Anwendungen drei Kernprozesse: Die Automatisierung und Verknüpfung verschiedener interner Prozesse, eine gezieltere und erfolgreichere Kommunikation mit den verschiedenen Kundengruppen sowie die datenschutzkonforme Erhebung von Nutzerdaten.

Was ist CRM?

CRM steht für „Customer Relationship Management“ und bezeichnet im privatwirtschaftlichen Kontext die konsequente Ausrichtung eines Unternehmens auf seine Kunden und die damit verbundene systematische Verwaltung von Kundenbeziehungen. Zu den wichtigsten Bausteinen des CRM zählen neben der Dokumentation und Analyse von Kundendaten die Definition spezifischer Zielgruppen und deren zielgerichtete Ansprache, um die Kundenbeziehungen zu verbessern und zu personalisieren. Im Sportverein kommen neben „externen“ Kundenbeziehungen (z. B. Fans oder Sponsoren) auch noch „interne“ Kundenbeziehungen hinzu: Hier stehen im Rahmen des CRM im Sportverein vor allem die Kommunikation mit Vereinsmitgliedern und Automatisierung der Vereins- und Mitgliederverwaltung im Vordergrund.

Bei der digitalen Sportstättenverwaltung für Kommunen stehen vor allem ein automatisiertes Online-Buchungsverfahren und der Anschluss an eine digitale Finanzbuchhaltung mit automatisiertem Ausstellen von Rechnungen und Mahnungen im Vordergrund. Der Buchungsprozess für Bürger, Individualsportler und Vereine wird einfacher und transparenter, der Mensch als Schnittstelle für Fehler und somit die ungeliebten Doppelbuchungen werden quasi vollständig eliminiert. Die gewonnen Nutzerdaten können eine verlässliche, datenbasierte Grundlage für künftige Bedarfserhebungen und Sportentwicklungsplanungen bilden.

Auch komplexere Anforderungen wie der Ticketverkauf, die Veranstaltungsorganisation, das Facility Management größerer Locations, Beschaffungsmaßnahmen und die Auftragsvergabe an externe Dienstleister, das Parkplatzmanagement oder sogar die Erstellung von Dienst- und Arbeitsplänen können durch moderne Softwarelösungen größtenteils automatisiert und verknüpft werden.

Anforderungen der Vereine

Auf Seiten der Vereine ist der Prozess im Prinzip ähnlich, auch wenn die Anforderungen an moderne Softwarelösungen oft andere sind. „CRM und Automatisierung sind hier die Schlüsselwörter“, erklärt Prof. Dr. Dirk Mazurkiewicz, Professor für Sportmanagement an der Hochschule Koblenz. „Mit Hilfe von CRM-Tools muss der Verein zunächst genau erkennen und analysieren können, mit welchen Personen und Zielgruppen er in Kontakt tritt. Im Anschluss müssen mit Hilfe dieser Daten – am besten mit nur einem Klick – Prozesse in Gang gesetzt werden können, im Rahmen derer der Verein die einzelnen Personen und Zielgruppen gezielt ansprechen kann.“

Die drei wesentlichen Kundengruppen, mit denen sich Vereine im Sinne des CRM konfrontiert sehen, bestehen aus den Vereinsmitgliedern, Sponsoren und schlussendlich möglichen Fans und Unterstützern. Hierzu zählt im Wesentlichen der Wunsch, die Mitglieder sowohl individualisiert als auch automatisiert anzusprechen und in vereinsinterne Prozesse einzubinden.

Die Verbindung zu anderen Bereichen stellt dabei weitere Herausforderungen an innovative Software-Lösungen – wie zum Beispiel die Kombination mit Zutritts- und Bezahlsystemen. Ausgangspunkt solcher Software-Lösungen sind die Kernprozesse der klassischen Kundenbearbeitung: Mitgliedsdaten werden erfasst, der Mitgliedsstatus festgelegt, und -gebühren möglichst automatisiert eingezogen. Variable Zahlungsoptionen, variierende Mitgliedschaftsmodelle und -gebühren, automatisierte Mahnungsverfahren, Anbindung an das Onlinebanking oder sogar die nahtlose Einbindung in eine vereinseigene (und automatisierte) Finanzbuchhaltung zählen weiterhin zu den wichtigsten Anforderungen des Mitgliedermanagements, welche eine Software beinhalten sollte.

Hinter all diesen Funktionen verbirgt sich ein komplexes Ökosystem aus verschiedensten IT-Anwendungen, an deren Ende der Verein nicht nur seine internen Verwaltungsstrukturen spürbar entlasten kann, sondern durch die gewonnenen Nutzerdaten auch bestens über seine Zielgruppen und digitalen Touchpoints informiert ist, Mitglieder und Fans gezielt über seine Produkte und die seiner Sponsoren informieren kann und eine daten- und somit faktenbasierte Sponsorenakquise betreiben kann. Dass eine gezielte, datenbasierte externe Kommunikation auch die Reichweite des Vereins steigern kann, ist dabei nicht nur einer der Vorteile, die klassische CRM-Anwendungen bei der Sponsorenbindung und -akquise generieren können: Auch hier dienen das CRM und die hieran angeschlossenen (teil-)automatisierten Marketing- und Vertriebsprozesse als eine der wichtigste Grundlagen, um neue Sponsoren zu gewinnen und bestehende Sponsoren langfristig zu binden. Im Vordergrund steht dabei für Unternehmen vor allem die Messbarkeit der Effektivität eines Sponsorings – also welche Zielgruppen und wie viele Personen tatsächlich über die jeweiligen Kanäle erreicht werden.

Ob es sich nun um Software-Lösungen für Kommunen oder für Vereine handelt – entscheidend für den Erfolg einer digitalen Anwendung sind die Komplexität und Langlebigkeit der digitalen Infrastruktur. Insellösungen können zwar kurzfristig Probleme beseitigen, langfristig sollten die Systeme aber Hand in Hand arbeiten, um Fehlerquellen zu eliminieren und den Arbeitsaufwand auf Seiten der Verwaltung tatsächlich zu minimieren, anstatt ihn langfristig zu verkomplizieren. (Sportplatzwelt, 10.01.2023)

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