Studie: Aktuelle Herausforderungen im Amateursport

FanQ, die Voting-Plattform im Sport, und SPM Sportplatz Media mit ihrer Teamorganisations-App SpielerPlus haben in einer groß angelegten Studie mehr als 10.000 Sportler zu den aktuellen Herausforderungen im Amateursport befragt. Sportplatzwelt stellt die Ergebnisse der Studie exklusiv vor.

In den letzten drei Jahren hatte auch der Amateursport keine einfache Zeit. Durch die Corona-Krise, Mitgliederrückgang und die Energiekrise mussten die Vereine sportartenübergreifend große Herausforderungen bewältigen. Um zu untersuchen, inwieweit diese Herausforderungen auch von den Vereinsmitgliedern selbst wahrgenommen werden, haben FanQ und SPM Sportplatz Media insgesamt 10.542 Personen befragt.

Gemeinsam haben es sich FanQ und SPM Sportplatz Media im Rahmen der groß angelegten Studie zur Aufgabe gemacht, die größten Probleme herauszuarbeiten und Lösungsansätze zu identifizieren. Wie hat sich die Bedeutung des Amateursports in den letzten Jahren verändert? Was sind die größten Herausforderungen für die Amateurvereine in Deutschland und von welchen Akteuren benötigen die Vereine besondere Unterstützung?

Die Konzeption der Fragen an die Sportlerinnen und Sportler erfolgte in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Axel Faix, Fachbereich Wirtschaft der Fachhochschule Dortmund, und Prof. Dr. Harald Lange vom Institut für Sportwissenschaft der Universität Würzburg, die beide im Wissenschaftlichen Beirat von FanQ mitwirken.

Bild: FanQ GmbH

Soziodemografische und verhaltensbezogene Merkmale

Zunächst wurden im Rahmen der insgesamt 22 Fragen, die den mehr als 10.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern in der Studie gestellt wurden, soziodemografische und verhaltensbezogene Merkmale erhoben, um nicht nur Alter und Geschlecht, sondern vor allem auch die Involviertheit der befragten Sportlerinnen und Sportler ins Vereinsleben zu ermitteln.

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Der Großteil (76,7 %) der befragten Sportlerinnen und Sportler waren männlich, 21,4 % weiblich. Befragt wurden vor allem jüngere Vereinsmitglieder – knapp die Hälfte der befragten Sportlerinnen und Sportler war zum Zeitpunkt der Erhebung maximal 29 Jahre alt (48,4 %). Die genaue Aufteilung der soziodemografischen Merkmale der befragten Personen zeigen die obenstehenden Grafiken.

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Dabei sind die befragten Amteursportlerinnen und -sportler nicht nur sportlich in einem Verein aktiv – ganze 88,7 % gaben an, in einem Verein Sport zu treiben –, sondern besuchen vor allem auch als Zuschauer regelmäßig Spiele, Wettkämpfe oder Turniere im Amateurbereich. Und dies auch mit einer gewissen Regelmäßigkeit: 48,1 % der befragten Sportlerinnen und Sportler gaben an, wöchentlich ein Spiel oder einen Wettkampf im Amateurbereich zu besuchen. Immerhin 23,8 % gaben an, dies monatlich zu tun. Lediglich 6,1 % der befragten Sportlerinnen und Sportler gaben an, nie als Zuschauer Amateurspiele oder -wettkämpfe zu besuchen.

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Aktuelle Herausforderungen

Auch wenn insgesamt 61,1 % der Befragten angaben, sich ehrenamtlich in einem Sportverein zu engagieren, sticht in der Studie vor allem fehlendes ehrenamtliches Engagement und der Rückgang Ehrenamtlicher als eine der größten Herausforderungen für den Amateur- und Breitensport hervor. 33,9 % der Teilnehmenden sahen hierin die größte Herausforderung. Auf den Plätzen zwei und drei folgen die finanziellen Probleme (24,0 %) und der Mitgliederrückgang (22,9 %). Gleichzeitig gaben 28,5 % der Befragten an, dass die Zahl der Ehrenamtlichen in ihrem Amateurverein in den letzten beiden Jahren gesunken sei, nur 13,4 % berichten von einem Anstieg.

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Hinsichtlich der finanziellen Herausforderungen für ihren Sportverein, von denen insgesamt 24,0 % der Befragten berichten, konzentriert sich die Studie vor allem auf die Energiekrise der vergangenen Monate und die mit ihr einhergehenden Kostensteigerungen beim Sportstättenbetrieb. Viele Vereine befürchteten zu Beginn der Energiekrise im Herbst 2022 massive Kostensteigerungen, die aufgrund verschiedener Soforthilfeprogramme der Länder und der Strom- und Gaspreisbremse in den Folgemonaten zwar nicht in der zunächst prognostizierten Größenordnung aufgetreten sind, Vereine aber dennoch mit Mehrkosten von bis zu 200 % konfrontierte.

So gaben insgesamt 39,9 % der Befragten an, ihr Verein sehe sich in Folge der Energiekrise mit „eher starken“ bis „sehr starken“ Kostensteigerungen konfrontiert. Lediglich 10,3 % berichteten von „sehr schwachen“ bis „eher schwachen“ Kostensteigerungen bei der Beschaffung von Gas, Strom und anderen Energieträgern.

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Auch wenn sich die Mitgliederzahlen, die infolge sinkender Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen ebenfalls einen direkten Einfluss auf die finanzielle Situation des Vereinssports nehmen, nach Ende der Corona-Pandemie und der mit ihr einhergehenden Auflagen und Einschränkungen in den meisten Sportarten weitestgehend erholt haben (Sportplatzwelt berichtete), sehen nach wie vor 22,9 % der Befragten den Mitgliederrückgang als eine der größten Herausforderungen für den Amateursport an.

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Zu guter Letzt macht sich aber auch der deutschlandweite Sanierungsstau in der öffentlichen und vereinseigenen Sportstätteninfrastruktur, der sich Schätzungen des DOSB und anderer Verbände auf mittlerweile rund 31 Mrd. Euro belaufen dürfte, in der Studie von FanQ bemerkbar und ist demnach auch an der Basis spürbar: 8,7 % der befragten Sportlerinnen und Sportler gaben an, die Sportstätteninfrastruktur sei eine der größten Herausforderungen, mit denen sich ihr Verein derzeit konfrontiert sehe.

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Dass das Ehrenamt weiterhin das Rückgrat des organisierten Vereinssports in Deutschland bildet, zeigt ein Blick auf die Frage, in welchen Bereichen die Vereine derzeit Unterstützung durch Mitglieder und Mitarbeiter benötigen würden: 72,2 % der Befragten brachten zum Ausdruck, dass ihr Verein in der aktuellen Situation vor allem Unterstützung durch ehrenamtliches Engagement benötige. Mit deutlichem Abstand landen hier auf Platz zwei Spendenaktionen (30,4 %) und der Verzicht auf Gehälter, um die angespannte finanzielle Lage des Vereins abzufedern (6,0 %). Allerdings zeigt die Studie auch, dass der theoretische Unterstützungsbedarf teils stark von der Realität, also der tatsächlich in den letzten Monaten geleisteten Unterstützung, abweicht: So gaben lediglich 47,3 % der Befragten an, dass ihr Verein in der aktuellen Situation Unterstützung durch ehrenamtliches Engagement erhalten hätte.

Bild: FanQ GmbH

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Unterstützung von Akteuren außerhalb des Vereinsstrukturen wünschten sich die in der Studie befragten Sportlerinnen und Sportler vor allem durch Sponsoren (62,4 %), Kommunen (48,9 %), Sportverbände (48,1 %) und den Staat (29,9 %). Auch hier liegt die tatsächlich in der aktuellen Situation geleistete Unterstützung teils deutlich hinter dem Unterstützungsbedarf: Lediglich 47,2 % der Befragten gaben an, dass ihr Verein in den vergangenen Monaten Unterstützung durch Sponsoren erhalten habe. Auch die tatsächlich durch Kommunen (18,1 %), Sportverbände (15,2 %) und Staat (6,4 %) geleistete Unterstützung liegt deutlich unter dem von den Sportlerinnen und Sportlern angegeben Unterstützungsbedarf.

Bild: FanQ GmbH

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Vereinssport vor existenzieller Krise?

Insgesamt wird deutlich, dass sich die Amateurvereine im Moment verschiedensten Herausforderungen stellen müssen. Von einer existenziellen Krise im Amateursport kann dabei aber nicht gesprochen werden. Dies wird insbesondere dadurch deutlich, dass über die Hälfte (51,3 %) die gegenwärtige Lage ihres Vereins positiv (41,2 %) oder sogar sehr positiv (10,1 %) beurteilten, weitere 29,0 % sehen die aktuelle Situation immerhin neutral. Lediglich 17,5 % bewerteten die derzeitige Situation hinsichtlich aller zuvor genannten Herausforderungen als „negativ“ (15,0 %) oder „sehr negativ“ (2,5 %).

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Auch langfristig sehen die befragten Vereinsmitglieder bis dato keine wesentlichen negativen Auswirkungen auf die Gesamtsituation ihres Sportvereins: So gaben insgesamt 49,3 % der Befragten an, „sehr positive“ (10,0 %) oder „positive“ (39,9 %) Erwartungen für ihren Verein insgesamt – also bezüglich Vereinsleben, Vereinsangeboten, der finanziellen Situation und der Mitgliederentwicklung – zu haben. Weitere 28,5 % der Befragten gehen mit „neutralen“ Erwartungen in die kommenden 12 Monate. Lediglich 16,3 % bzw. 3,4 % der Befragten befürchteten in der Studie, dass sich die Gesamtsituation ihres Sportvereins in den kommenden 12 Monaten „negativ“ bzw. „sehr negativ“ entwickeln könnte.

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Als ausbaufähig bewerteten die in der Studie befragten Sportlerinnen und Sportler zudem die Digitalisierung bzw. die Schaffung digitaler Angebote in ihrem Verein: In einem 5-Sterne-Bewertungssystem bewertete weniger als die Hälfte der Befragten (43,8 %) die derzeitigen digitalen Angebote ihres Vereins mit 4 Sternen (27,1 %) oder 5 Sternen (16,7 %). Mehr als die Hälfte der Befragten (56,2 %) bewerteten die digitalen Angebote ihres Vereins mit 3 oder weniger Sternen.

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Allerdings zeigt die Studie auch, dass die Vereine den Trend erkannt haben und in den vergangenen zwei Jahren auf die zunehmende Digitalisierung in vielen Lebensbereichen durch die Schaffung neuer digitaler Angebote reagiert haben: 46,3 % der Befragten gaben an, dass die Anzahl digitaler Angebote in ihrem Verein in den vergangenen zwei Jahren „stark gestiegen“ (10,9 %) oder zumindest „etwas gestiegen“ (35,4 %) sei. Demgegenüber steht rund ein Drittel der Befragten (33,9 %), die angaben, in den vergangenen zwei Jahren keine wesentlichen Veränderungen hinsichtlich der Anzahl digitaler Angebote in ihrem Sportverein beobachtet zu haben.

Bild: FanQ GmbH

Auch wenn viele Vereine, die im Verlauf der Corona-Pandemie digitale Angebote ins Leben gerufen haben, in anderen Befragungen (z.B. Vereinsreport 2022 von Sportplatzwelt) angegeben hatte, unsicher zu sein, ob neue digitale Angebote auch nach Ende der Pandemie fortgesetzt werden sollten, zeigen die Ergebnisse der FanQ-Studie keine wesentlichen Rückgänge in diesem Bereich: Lediglich 6,6 % der Befragten gaben an, dass die Anzahl digitaler Angebote in ihrem Verein in den vergangenen zwei Jahren „etwas gesunken“ (4,0 %) oder sogar „stark gesunken“ (2,6 %) sei.

Bedeutung des Amateursports

Insgesamt hat der Amateursport den Studien-Teilnehmerinnen und -Teilnehmern zufolge in den vergangenen zwei Jahren – eventuell auch in Folge der Corona-Pandemie, die anderen Studien zufolge das Bewusstsein für die gesundheitsfördernde Rolle des Sports teils deutlich geschärft hat – stark an Bedeutung gewonnen.

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Vor allem der sogenannte aktive Sport spielt dabei für die Befragten eine immer größere Rolle: Fast die Hälfte (45,8 %) der Befragten gaben an, dass die Bedeutung des Amateursports in den letzten beiden Jahren ihrer Meinung nach etwas (22,9 %) oder stark (22,9 %) gestiegen sei, für weitere 29,1 % ist sie in diesem Zeitraum immerhin gleichgeblieben. 40,6 % der Befragten vertraten in diesem Kontext sogar die Ansicht, dass sich die Bedeutung des Amateursports für sie im Vergleich zum Profisport in den letzten 24 Monaten etwas (25,5 %) oder stark (15,1 %) erhöht habe.

Bild: FanQ GmbH

Insgesamt erachten ganze 92,8 % den Amateursport als „wichtig“ (37,4 %) oder „sehr wichtig“ (55,4 %). Als wichtigste Motivation zum Betreiben des Amateursports identifizieren die Amateursportlerinnen und -sportler dabei nicht die sportliche (75,6 %), sondern vor allem die soziale Komponente (86,6 %). Für etwas mehr als die Hälfte der Befragten (52,7 %) spielt auch die Gesundheit eine wichtige Rolle.

Bild: FanQ GmbH

Fazit

Trotz der vielfältigen und teils immensen Herausforderungen, mit denen sich der organisierte Vereinssport derzeit konfrontiert sieht und die der aktuellen Studie zufolge auch an der Basis, also bei den Vereinsmitgliedern, Sportlerinnen und Sportlern, spürbar zu sein scheinen, steckt der organisierte Vereinssport derzeit wohl nicht in einer existenziellen Krise. Auch wenn die finanzielle Situation vieler Vereine und vor allem der Rückgang an Mitgliedern und Ehrenamtlichen viele Vereine vor enorme Herausforderungen stellt und die Unterstützung durch externe Akteure wie Politik und Sponsoren nicht in den vergangenen Monaten nicht in dem Ausmaß erfolgte, wie es sich die aktiven Sportlerinnen und Sportler vielleicht gewünscht hätten, hat die Bedeutung des Amateursports insgesamt in den vergangenen zwei Jahren deutlich zugenommen.

Bild: FanQ GmbH

Marcel Hager, Geschäftsführer und Gründer von SPM Sportplatz Media, fasst die Ergebnisse der Studie wie folgt zusammen: „Der Amateursport hat sich, allen Krisen zum Trotz, in den letzten Jahren als sehr widerstandsfähig erwiesen und spielt weiterhin eine tragende Rolle in der Gesellschaft. Dennoch konnten wir mit unserer Studie aufzeigen, wo genau die Stellschrauben nachgezogen werden müssen. Insbesondere das Ehrenamt muss weiter gestärkt werden, um die Zukunft des aktiven Sports zu sichern.“

Die vollständigen Ergebnisse der Gesamt-Studie sind kostenfrei auf der Website von FanQ abrufbar.

(Sportplatzwelt, 28.07.2023)

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