Vereinsreport 2022: Großsportvereine und Corona

Im dritten Teil des Vereinsreport 2022 wirft Sportplatzwelt einen Blick auf verschiedene Auswirkungen der Corona-Pandemie und inwiefern diese die deutschen Großsportvereine auch im Jahr 2022 begleiten.

Die Corona-Pandemie hat den organisierten Breitensport vor allem in den Jahren 2020 und 2021 hart getroffen. Fehlende Neuanmeldungen und vermehrte Vereinsaustritt sorgten für landesweit sinkenden Mitgliederzahlen und demnach auf geringere Einnahmen im Bereich der Mitgliedergebühren. Die stellenweisen Lockdowns von vereinseigenen Fitnessstudios und vergleichbaren Angeboten aus den Bereichen Reha- und Gesundheitssport sowie die zeitweisen Schließungen vereinseigener Schwimmbäder sorgten zudem für teils große finanzielle Einbußen im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. In der Folge erließ der Bund eine ganze Reihe an Hilfspaketen, um den finanziell teils stark belasteten Vereinen unter die Arme zu greifen.

Mitgliederentwicklung

In Sachen Mitgliederrückgang waren die Großsportvereine mit ihren vielfältigen Sportangeboten deutlich stärker betroffen als kleinere Vereine: Einem landesweit durchschnittlichen Rückgang zwischen 3 % und 5 % stand im Vereinsreport 2021 ein durchschnittlicher Mitgliederrückgang von rund 14 % in den Großsportvereinen gegenüber. Vereine, die mehr als 20 Sportarten anbieten waren im vergangenen Jahr mit einem durchschnittlichen Mitgliederrückgang von 15 % deutlich stärker von den Auswirkungen der Pandemie betroffen als Vereine, die weniger als 20 Sportarten anbieten (Mitgliederrückgang um rund 11 %).

Grund für diesen prozentual deutlich höheren Rückgang als in kleinen bis mittelgroßen Sportvereinen dürfte vor allem die Tatsache gewesen sein, dass Großsportvereine über deutlich vielfältigere Kurs- und Sportangebote verfügen und in der Folge häufig auch als eine Art Dienstleister auftreten. Dass Mitgliederangebote vor allem in Kursangeboten und entgeltlichen Sportarten zu beobachten waren, zeigten damals auch die Ergebnisse des Vereinsreport 2021: Mit 45,83 % der befragten Vereine gab rund die Hälfte an, die meisten Mitglieder im Fitnessbereich verloren zu haben. Weitere Abteilungen, die in besonderem Maße von Mitgliederrückgängen betroffen waren, waren der Gesundheitssport (16,67 %), der Kindersport (12,5 %), der Schwimmsport (8,34 %), Turnen (8,34 %) und Gymnastik (8,33 %).

Doch wie haben sich die Mitgliederzahlen infolge der Mitte 2021 in Kraft getretenen Lockerungen in vielen Bereichen des Sports entwickelt? Die aktuellen Bestandserhebungen der Landessportbünde legen nahe, dass sich die Vereine langsam aber sicher wieder von den Auswirkungen der Corona-Pandemie erholen. Zwar liegen die Zahlen bei weitem noch nicht auf dem Vor-Corona-Niveau, allerdings konnten die Rückgänge in den meisten Bundesländern gestoppt werden.

Und auch die Ergebnisse des Vereinsreport 2022 legen diese positive Entwicklung in den Großsportvereinen nahe: So gaben 62,23 % der befragten Vereine an, in den vergangenen 12 Monaten wieder steigende Mitgliederzahlen verzeichnet zu haben. 23,27 % gaben an, zumindest den weiteren Rückgang im Vergleich zum Vorjahr gestoppt zu haben, also vergleichbare Mitgliederzahlen wie im Jahr 2021 verzeichnet zu haben. Lediglich 1,35 % der Vereine gaben indes an, weiterhin vom Mitgliederrückgang betroffen zu sein. Demgegenüber stehen 13,14 % der befragten Vereine, die während des gesamten Pandemieverlaufs keine nennenswerten Veränderungen bei der Zahl ihrer Vereinsmitglieder beobachtet zu haben.

Die steigenden bzw. nicht weiter fallenden Mitgliederzahlen beschränken sich vielerorts jedoch auf die klassischen Indoor- und Outdoor-Sportarten, die bereits im Jahr 2021 stellenweise wieder ohne größere Einschränkungen ausgeübt werden konnten. Viele Vereine berichten dementsprechend von weiterhin spürbaren negativen Auswirkungen in bestimmten Sportarten: So gab rund die Hälfte aller befragten Vereine (50,13 %) an, dass die Auswirkungen der Corona-Pandemie im Fitnesssport weiterhin spürbar seien – gefolgt vom Schwimm- und Wassersport (42,21 %), Gesundeits- und Rehasport (34,15 %), Kursangeboten und Freizeitsport (17,90 %), Volleyball (8,27 %) und Turnen (8,11 %).

Corona und Finanzen

Wie bereits angeschnitten, hatte die Corona-Pandemie teils erhebliche Auswirkungen auf die finanzielle Lage vieler Sportvereine. Sinkende Einnahmen durch weniger Mitgliedsbeiträge und erhebliche Einbußen bei Kursangeboten und der Vermietung von Sportflächen haben viele Vereine vor erhebliche Liquiditätsprobleme gestellt. So bewerteten die im Vereinsreport 2022 befragten Großsportvereine die finanziellen Auswirkungen auf einer Skala von 1 (gar nicht) bis 10 (sehr stark) im Schnitt mit 7,13. Die breite Streuung der einzelnen Bewertungen über die gesamte Skala hinweg zeigt, dass hier allerdings teils deutliche individuelle Unterschiede festzustellen sind.

So gaben 19,21 % der befragten Vereine an, dass die finanziellen Auswirkungen der Corona-Pandemie nach wie vor „sehr stark“ spürbar seien, 55,36 % gaben an, immer noch starke Auswirkungen auf die Vereinsfinanzen zu spüren. Ebenfalls 19,21 % der befragten Vereine gaben indes an, die finanziellen Auswirkungen der Corona-Pandemie nur noch geringfügig zu spüren.

Virtuelle Trainingsangebote und Mitgliederversammlungen

Zwangsweise hat die Corona-Pandemie in den Jahren 2020 und 2021 in vielen Bereichen Digitalisierungsprozesse forciert – beispielsweise bei der Abhaltung von Mitgliederversammlungen oder alternativen Trainingsangeboten für Mitglieder.

Viele Vereine haben im vergangenen Jahr infolge von Sportstättenschließungen virtuelle Alternativen geschaffen, um für ihre Mitglieder in anderer Form weiterhin präsent zu bleiben. Doch wie ging es mit solchen virtuellen Angeboten, die sich vielerorts großer Beliebtheit erfreut haben, nach dem Ende der Corona-Auflagen weiter? Im Vereinsreport 2021 gaben ganze 63,16 % der befragten Vereine an, solche virtuellen Angebote auch nach der Pandemie in der bestehenden oder einer abgewandelten Form fortsetzen zu wollen – 15,79 % bewerteten diese Frage mit „vielleicht“. Lediglich 21,05 % der befragten Vereine gaben an, nach Ende der Corona-Verordnungen nicht mehr auf virtuelle Alternativen zurückgreifen zu wollen.

Ein Blick auf die Ergebnisse des Vereinsreport 2022 zeigt allerdings, dass insgesamt lediglich 43,67 % der befragten Vereine solche virtuellen Trainingsangebote nach dem Auslaufen der Corona-Verordnungen tatsächlich fortgesetzt haben – 56,33 % der Vereine haben indes ihre virtuellen Trainingsformate eingestellt.

Hinsichtlich dem Abhalten virtueller Mitgliederversammlungen, die per Gesetzesentwurf von 2020 bis Ende August 2022 auch ohne Satzungsgrundlage möglich waren und zudem ein vereinfachtes Umlaufverfahren beinhalteten, zeichnet sich das im Vereinsreport 2021 festgehaltene Stimmungsbild auch im Vereinsreport 2022 ab: Im Vereinsreport 2021 bewerteten die befragten Großsportvereine mit einer durchschnittlichen Bewertung von 3,22 auf einer Skala von 1 (deutlich schlechter) bis 10 (deutlich besser) eher als Notbehelf in Zeiten pandemischer Einschränkungen. Demzufolge enden mit dem Auslaufen des Gesetzes zum Abhalten virtueller Mitgliederversammlungen zum 31. August 2022 vielerorts auch die Mitgliederversammlungen via digitaler Kommunikationsanwendungen. Seit dem 31. August benötigen Vereine wieder eine Satzungsgrundlage, um ihre jährlichen Mitgliederversammlungen im virtuellen Raum abhalten zu können – beispielsweise in Form einer Videokonferenz. Etwas weniger als zwei Drittel der befragten Vereine (62,48 %) gaben im Vereinsreport 2022 an, auf eine diesbezügliche Anpassung ihrer Satzung verzichtet zu haben und somit grundsätzlich wieder vollständig zu Mitgliederversammlungen in Präsenz zurückzukehren. Demgegenüber stehen 37,52 % der befragten Vereine, die ihre Satzung diesbezüglich angepasst haben und somit eine Satzungsgrundlage geschaffen haben, um sich künftig zumindest rechtlich die Möglichkeit offen zu halten, Mitgliederversammlungen auch als Online- oder Hybridveranstaltung abhalten zu können. Der Vereinsreport 2022 zeigt aber auch, dass solche rechtlich verbindlichen Satzungsgrundlagen vor Beginn der Corona-Pandemie keine Rolle gespielt haben: Kein einziger der befragten Großsportvereine gab an, einen solchen Passus bereits vor Beginn der Corona-Pandemie in seiner Satzung enthalten zu haben. (Sportplatzwelt, 15.09.2022)

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