Landessportbünde: Mitgliederentwicklung 2020 bis 2023

Sportplatzwelt analysiert die Ergebnisse der jüngsten Bestandserhebungen der 16 Landessportbünde. Haben sich alle Landessportbünde von den Corona-bedingten Mitgliederrückgängen erholt? In welchen Altersgruppen machen sich die Auswirkungen nach wie vor bemerkbar?

Die Corona-Pandemie liegt nun bereits einige Zeit zurück, in die meisten Lebensbereiche ist wieder Normalität eingekehrt. Doch gilt dies auch für den organisierten Vereinssport, der in den vergangenen drei Jahren erheblich unter Lockdowns und pandemiebedingten Einschränkungen gelitten hat? Ein Blick auf die einzelnen Bestandserhebungen der 16 Landessportbünde legt dies zunächst nahe, steht beim Vergleich der Gesamtmitgliederzahlen der letzten Bestandserhebung vor Beginn der Pandemie (2020) und den Ergebnissen der aktuellsten Erhebung (Stichtag: 1. Januar 2023) nur noch ein geringfügiges Minus von -0,32 %. Insgesamt sind mit 24.353.118 nun wieder annähernd so viele Personen Mitglied in einem Sportverein wie vor Beginn der Pandemie (24.437.560).

Ein genauerer Blick auf die einzelnen Bestandserhebungen der 16 Landessportbünde sowie ein detaillierter Blick auf die Mitgliederentwicklungen in den einzelnen Altersgruppen zeigt allerdings auch, dass es nach wie vor große individuelle Unterschiede gibt und längst nicht jeder LSB und jede Altersgruppe wieder auf „Vor-Corona-Kurs“ liegt.

Rückblick: Auswirkungen der Corona-Pandemie (2020 bis 2021)

Alle 16 Landessportbünde hatten in der ersten Bestandserhebung nach Beginn der Corona-Pandemie (2021; Stichtag: 1. Januar 2021) mit erheblichen Mitgliederrückgängen zu kämpfen. Während vor allem Großsportvereine stellenweise einen Rückgang um 10 % oder mehr zu verzeichnen hatte, lag der durchschnittliche Mitgliederrückgang über alle Sportvereine und Landessportbünde hinweg bei -3,23 % im Vergleich zum Vorjahr. Vermehrte Austritte seien dabei nach Aussagen der betroffenen Vereine, die auch in anderen Jahren stets einer gewissen Mitgliederfluktuation unterworfen sind, weit weniger das Problem gewesen als die fehlenden Neuanmeldungen.

Zwischen 2020 und 2021 musste der LSB Bremen mit -5,92 % den größten Mitgliederrückgang verkraften. Im Vergleich kam der LSB Mecklenburg-Vorpommern mit einem Rückgang von nur -1,11 % vergleichsweise glimpflich davon. Von den „großen“ Landessportbünden mit mehr als 1.000.000 Mitgliedern hat es indes in dieser Zeit den LSB Nordrhein-Westfalen mit einem Rückgang von -4,00 % am stärksten getroffen, der BLSV kam mit einem Rückgang von nur -1,98 % vergleichsweise gut durch die Pandemie.

Rückblick: Auswirkungen der ersten Lockerungen (2021 bis 2022)

Das zweite Pandemiejahr war für den organisierten Vereinssport indes ein deutlich besseres. Auch wenn es hier und da immer noch zu Einschränkungen kam, konnte ein erneuter „Sport-Lockdown“ vermieden werden. Zahlreiche Kampagnen unter anderem des DOSB und der einzelnen Landessportbünde und Fachverbände führten im Verlauf des Jahres 2021 zu einem steten Anstieg der Mitgliederzahlen.

Mit den Landessportbünden aus Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein konnten 7 der insgesamt 16 Landessportbünde im Verlauf des Jahres 2021 bis zum Stichtag der Bestandserhebung (1. Januar 2022) wieder einen Zuwachs an Mitgliedern im Vergleich zum ersten Pandemiejahr verzeichnen. Die übrigen Landessportbünde haben in diesem Zeitraum weitere Mitglieder verloren. Als großer „Gewinner“ geht aus diesem Zeitraum der LSB Berlin hervor, der im Verlauf des Jahres 2021 ein Plus von +3,36 % im Vergleich zum ersten Pandemiejahr verzeichnen konnte. Die größten Verluste musste mit -4,23 % der LSB Hamburg hinnehmen.

Am Ende wartete das zweite Pandemiejahr 2021 (Stichtag der Erhebung: 1. Januar 2022) mit einem durchschnittlichen Mitgliederrückgang um weitere -0,14 % auf – unterm Strich haben die 16 Landessportbünde im Verlauf der Corona-Pandemie somit rund 3,37 % ihrer Mitglieder verloren. Der einzige Landessportbund, der über den gesamten Verlauf der Pandemie (also vom 1. Januar 2020 bis zum 1. Januar 2022) Mitglieder gewinnen konnte und somit bereits zum Jahresbeginn 2022 mehr Mitglieder hatte als noch vor Beginn der Pandemie, ist der LSB Mecklenburg-Vorpommern mit einem Zuwachs um insgesamt 0,46 % (2021: -1,11 %; 2022: +1,58 %). Den größten Verlust innerhalb dieses zweijährigen Zeitraums musste indes der LSB Hamburg mit einem Mitgliederrückgang um insgesamt -8,21 % verzeichnen.

2023: Auswirkungen der Pandemie überwunden?

Wie oben erwähnt scheinen die Auswirkungen der Corona-Pandemie beim Blick auf die Gesamtzahlen der 16 Bestandserhebungen weitestgehend überwunden: Insgesamt waren zum 1. Januar 2023 ganze 24.353.118 Menschen in einem Sportverein gemeldet, dies entspricht im Vergleich zum „Vor-Pandemie-Niveau“ von 24.437.560 einem Rückgang um nur -0,35 %.

Der Blick auf die einzelnen Landessportbünde zeigt aber auch, dass dies nicht überall gleichermaßen der Fall ist. Zwar haben alle 16 Landessportbünde im vergangenen Jahr Mitgliederzuwächse verzeichnen können, die Höhe der Mitgliederzuwächse sowie der Vergleich 2020 vs. 2023 ist aber nach wie vor von starken individuellen Unterschieden geprägt. Vor allem Landessportbünde, die im Verlauf der Pandemie überdurchschnittlich hohe Mitgliederverluste verzeichnet haben, konnten die teils immensen Rückgänge bis dato – bis auf wenige Ausnahmen – noch nicht kompensieren.

Eine dieser Ausnahmen bildet beispielsweise der LSB Berlin, der zwar im ersten Pandemiejahr ein erhebliches Minus von -4,76 % hinnehmen musste, bereits im zweiten Pandemiejahr mit einem Plus von 3,36 % aber bereits wieder einiges aufholen konnte. Zuzüglich eines immensen Mitgliederzuwachses um 6,62 % im vergangenen Jahr – der zweithöchste Wert unter allen Landessportbünden – steht hier beim Vergleich 2020 vs. 2023 am Ende ein Plus von 4,95 %.

Auf der anderen Seite haben 9 der 16 Landessportbünde noch nicht wieder das „Vor-Corona-Niveau“ erreicht – trotz teils großer Mitgliedergewinne im Jahr 2022: Die Landessportbünde aus Bayern (-1,22 %), Bremen (-2,58 %), Hamburg (-2,79 %), Niedersachsen (-2,25 %), Nordrhein-Westfalen (-0,48 %), Saarland (-3,36 %), Sachsen (-0,72 %), Schleswig-Holstein (-1,19 %) und Thüringen (-1,34 %) spüren die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf ihre Mitgliederzahlen folglich nach wie vor. Die Landessportbünde aus Baden-Württemberg (+1,13 %), Berlin (+4,95 %), Brandenburg (+1,87 %), Hessen (+0,12 %), Mecklenburg-Vorpommern (+5,20 %), Rheinland-Pfalz (+0,21 %) und Sachsen-Anhalt (+0,29 %) haben indes ihr „Vor-Corona-Niveau“ sogar übertroffen.

Entwicklung nach Altersgruppen

Der Blick auf die Mitgliederentwicklung in den einzelnen Landessportbünden nach Altersgruppen zeigt einerseits einen klaren Trend in gewissen Altersgruppen, andererseits aber auch teils starke regionale Unterschiede.

In der untenstehenden Tabelle wurden die Daten der Landessportbünde aus Baden-Württemberg, Berlin, Hamburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein aus Gründen der Vergleichbarkeit ausgeklammert. Diese Landessportbünde haben in ihren Bestandserhebungen eine Einteilung der Altersgruppen vorgenommen, die sich so sehr von der Einteilung der anderen Landessportbünde unterscheidet, dass die (teils zusammengerechneten) Daten nicht klar voneinander getrennt und somit nicht miteinander verglichen werden können.

Im Verlauf der Pandemie beklagten viele Sportvereine vor allem Mitgliederverluste in der Altersgruppe der Kinder und Jugendlichen, also den 0- bis 6-Jährigen sowie den 6- bis 13-Jährigen. Bis auf wenige Ausnahmen konnten die in diesen Altersgruppen verzeichneten Verluste aber in den meisten Landessportbünden wieder aufgefangen werden. So mussten zum 1. Januar 2023 lediglich die Landessportbünde aus Bayern (-4,55 %), Bremen (-1,11 %), Saarland (-1,20 %) und Thüringen (-7,05 %) weniger Mitglieder in der Altersgruppe der 0- bis 6-Jährigen verzeichnen als noch vor Beginn der Pandemie. Auch dank eines Rekordzuwachses beim LSB Brandenburg (+15,43 %) und beim LSB Mecklenburg-Vorpommern (+9,63 %) steht hier unterm Strich bei allen in der Tabelle aufgeführten Landessportbünden ein durchschnittlicher Zuwachs um 0,29 % im Vergleich zu den Mitgliederzahlen vor Beginn der Corona-Pandemie.

Ähnliches gilt für die Altersgruppe der 6- bis 13-Jährigen: Teils enorme Zuwächse in einzelnen Landessportbünden und lediglich zwei Landessportbünde mit Mitgliederverlusten zwischen 2020 und 2023 (Bremen: -0,93 %; Saarland: -0,18 %) sorgen für einen durchschnittlichen Zuwachs um 1,22 % in dieser Altersgruppe.

Auch die Altersgruppe der 27- bis 40-Jährigen konnte im Verlauf der Pandemie – also vom 1. Januar 2020 bis zum 1. Januar 2023 – insgesamt ein Plus von durchschnittlich 1,32 % verzeichnen. Hier haben allerdings kleinere Landessportbünde wie die aus Brandenburg (-8,30 %) und Thüringen (-9,25 %) weiterhin mit starken Rückgängen zu kämpfen.

Auch die älteste Gruppe „61+“ scheint sich in den vergangenen drei Jahren der Bedeutung eines gesunden und aktiven Lebensstils bewusst geworden zu sein: Hier steht mit einem Zuwachs um 2,50 % der größte Mitgliedergewinn zu Buche. Die individuellen Unterschiede zwischen den einzelnen Landessportbünden sind allerdings auch hier gegeben: Während der Bayerische Landessportverband (BLSV) zwischen 2020 und 2023 in dieser Altersgruppe einen Zuwachs um 6,08 % verzeichnen konnte, musste der LSB Bremen im selben Zeitraum einen Rückgang um -3,27 % verkraften.

Die großen „Verlierer“ der Pandemie sind indes Jugendliche und „Best-Ager“: Bei den 14- bis 17-Jährigen steht unterm Strich ein Rückgang von -3,67 % - lediglich die Landessportbünde aus Brandenburg (+3,60 %), Hessen (+0,20 %) und Mecklenburg-Vorpommern (+4,67 %) konnten hier im Vergleich zu den „Vor-Corona-Zahlen“ Mitglieder hinzugewinnen.

Ähnliches gilt für die Gruppe der 18- bis 26-Jährigen: Auch junge Erwachsene haben sich in den vergangenen 3 Jahren eher vom organisierten Vereinssport abgewendet – allerdings nicht überall, wie ein detaillierter Blick auf die einzelnen Zahlen zeigt: Während 6 der 10 in der Tabelle aufgelisteten Landessportbünde in dieser Altersgruppe in den vergangenen 3 Jahren Verluste zwischen -0,62 % und -6,81 % verzeichnen mussten, haben 4 Landessportbünde teils erhebliche Zuwächse erzielt: So konnten die Landessportbünde aus Brandenburg (+14,83 %), Mecklenburg-Vorpommern (+22,80 %) und Thüringen (+12,98 %) in den vergangenen 3 Jahren vor allem in dieser Altersgruppe neue Mitglieder hinzugewinnen.

Das größte Minus mussten (fast) alle Landessportbünde indes in der Altersgruppe der 41- bis 60-Jährigen verzeichnen. Ausgenommen den LSB Mecklenburg-Vorpommern (+1,15 %), der hier als einziger der in der Tabelle aufgelisteten Landessportbünde über die vergangenen 3 Jahre hinweg ein leichtes Plus verzeichnen konnte, mussten die übrigen 9 Landessportbünde hier teils erhebliche Verluste hinnehmen – allen voran der LSB Niedersachsen (-9,50 %) und der LSV Saarland (-9,35 %). Unterm Strich steht hier ein durchschnittlicher Mitgliederrückgang um -5,64 % zwischen 2020 und 2023.

Fazit

Der detaillierte Blick auf die Daten zeigt also, dass die Auswirkungen der Corona-Pandemie insgesamt zwar überwunden zu sein scheinen, sich aber nach wie vor – nicht nur regionale, oft durch die Größe des jeweiligen Landessportbunds bedingte, sondern vor allem auch in den einzelnen Altersgruppen – individuelle Unterschiede feststellen lassen. So gilt es für den organisierten Vereinssport nun, Wege zu finden, auch die nach wie vor von den Auswirkungen der Pandemie betroffenen Zielgruppen zu motivieren – nicht nur zur Aufnahme einer Vereinsmitgliedschaft, sondern vor allem auch hinsichtlich des von vielen Gesundheitsexperten attestierten Bewegungsmangels in diesen Altersgruppen. (Sportplatzwelt, 05.07.2023)

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