Schwimmbäder in der Energiekrise: Szenarien und Handlungsempfehlungen

Engpässe bei der Versorgung mit fossilen Brennstoffen und steigende Energiekosten stellen vor allem den energieintensiven Betrieb von Schwimmbädern auf eine harte Probe. Die DGfdB hat einen entsprechenden Leitfaden veröffentlicht.

Der Betrieb eines Schwimmbads ist ein energieintensives Unterfangen: Nicht nur müssen – sowohl in Hallen- als auch in Freibädern – das Beckenwasser erwärmt sowie Filteranlagen und eventuell Beleuchtung betrieben werden, gerade in Hallenbädern ist der normkonforme Betreib von raumlufttechnischen Anlagen und die damit verbundene Luftentfeuchtung einer der größten Energiefresser.

Engpässe bei der Versorgung mit fossilen Brennstoffen wie etwas Erdgas und die parallel stark steigenden Energiepreise stürzen viele Schwimmbäder in eine echte Energiekrise. Nicht nur wird der Betrieb deutliche kostenintensiver, drohende Notfallpläne der Bundesregierung könnten sogar stellenweise zu einem umfänglichen Betriebsstopp sorgen. Die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen hat diesbezüglich einen Leitfaden veröffentlicht, der detaillierte Maßnahmen für die einzelnen Szenarien enthält.

Den vollständigen Leitfaden finden Sie auf der Website der DGfdB.

Szenario 1: Reduzierung der Energielieferungen

„Die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen (DGfdB) befasst sich mit dem Thema Energieeffizienz schon sehr lange und hat auch schon wichtige Schritte eingeleitet, dieses Thema voranzubringen“, heißt es im Leitfaden der DGfdB. „Dabei ging es bisher vor allem um den Klimaschutz. Nun stellt sich heraus, dass viele der angedachten Maßnahmen viel schneller umgesetzt werden müssen. Dies ist eine große Herausforderung, bietet aber auch Chancen. Die Bäderbranche muss sich […] ihrer energetischen Verantwortung stellen. Die energetische Transformation ist für die öffentlichen Bäder in Deutschland ganz unabhängig von der geopolitischen Entwicklung zumindest mittelfristig unvermeidlich.“

Die Absenkung der Wassertemperatur kann zu erheblichen Energieeinsparungen führen.
Die Absenkung der Wassertemperatur kann zu erheblichen Energieeinsparungen führen. Bild: Sportplatzwelt

Im ersten von der DGfdB geschilderten Szenario geht die Bädergesellschaft davon aus, dass „Energielieferungen an Schwimmbäder deutlich reduziert werden“ und ein Betrieb „nur unter ganz spezifischen, sehr energiesparenden Bedingungen möglich“ ist. Für dieses Szenario ist es unabdingbar, den Energieverbrauch in Frei- und Hallenbädern kurzfristig zu senken – notfalls auch durch Maßnahmen, die „bis vor kurzem noch als undenkbar oder inakzeptabel galten und damit auch sehr unpopulär werden dürften“.

Der erste Schritt zur Senkung der Betriebskosten und des Energieverbrauchs ist in diesem Szenario die Absenkung der Beckenwassertemperatur. So können kurzfristig erhebliche Energieeinsparungen erzielt werden, denn eine Absenkung der üblichen Beckenwassertemperatur, die in der Regel zwischen 26°C und 28°C liegt, um 2°K sorgt bereits für Energieeinsparungen von bis zu 25 %. Die DGfdB: „Diese Maßnahme hat erhebliche Auswirkungen auf die Verdunstung an der Wasseroberfläche, die der größte Energiefresser im Hallenbad ist.“ Um die beschriebenen Energieeinsparungen von bis zu 25 % auch in der Praxis erzielen zu können, ist eine fachgerechte Konfiguration der raumlufttechnischen Anlagen allerdings unabdingbar.

Weitere Notfallmaßnahmen, von denen die DGfdB in diesem Szenario ausgeht, befassen sich mit der kompletten Einstellung des Betriebs einzelner Bereiche und schlussendlich – in einem Worst-Case-Szenario – der flächendeckenden Schließung bestimmter Schwimmbadtypen. Reicht die Energiekostensenkung durch Absenkung der Beckenwassertemperaturen nicht aus, um die Auswirkungen der Energiekrise zu kompensieren, geht die Bädergesellschaft von den folgenden Maßnahmen aus: An erster Stelle steht die Außerbetriebnahme ganzjährig beheizter Außenbecken, gefolgt von der Außerbetriebnahme von Attraktionen wie Großrutschen, Saunen und Warmbecken sowie der Außerbetriebnahme mit fossiler Energie beheizter Freibäder. Im nächsten Schritt könnten Freizeitbäder ohne kommunale Pflichtaufgabe gänzlich geschlossen werden, gefolgt von der Schließung von Bädern mit Schul-/Vereinsschwimmen und der Schließung von unbeheizten oder solarbeheizten Freibädern. Als letzte Notfallmaßnahme im Worst-Case-Szenario steht die Schließung von Bädern in therapeutischen Einrichtungen und Kliniken im Raum.

Ganzjährig beheizte Außenbecken stellen in den Augen der DGfdB einen besonders kritischen Punkt dar, da sie „einen Energiebedarf bis zu 2.000 kWh/m² Wasserfläche haben“. Dies sei pro Quadratmeter etwa 100-mal mehr als zur Beheizung eines gut gedämmten Wohngebäudes.

Auch die Außerbetriebnahme bestimmter Attraktionen könne laut DGfdB einen erheblichen Beitrag zur Energieeinsparung leisten: „Großwasserrutschen, Fontänen und Sprudler haben einen hohen Strombedarf, erzeugen eine hohe Verdunstung und damit auch hohe Wärmeverluste.“ Zudem sollte der Betrieb von Saunaanlagen in den Sommermonaten dringend überdacht werden – eine betriebswirtschaftliche Kalkulation vorausgesetzt. Vor allem in Freibädern mit fossiler Beheizung „wird es Einschränkungen geben müssen, hier geht es um den Verzicht auf die Erstbeheizung und die Stütztemperatur“.

Neben den RLT-Anlagen in Hallenbädern sollten – sowohl in Hallen- als auch Freibädern – zudem Maßnahmen in Betracht gezogen werden, die den Energiebedarf von Wasseraufbereitungsanlagen reduzieren können – beispielsweise die Anzahl der Filterspülungen oder die Anpassung der Spülprogramme.

Szenario 2: Schwimmbäder gehen vom Netz

Im zweiten Szenario geht die DGfdB davon aus, dass „Schwimmbäder […] nicht als kritische Infrastruktur betrachtet“ werden und „mit ihren spezifisch hohen Energieverbräuchen im Bereich Wärme und Strom kurzfristig ‚vom Netz gehen‘“ müssen.

Dies stellt für viele Kommunen und Betreiber das Worst-Case-Szenario dar – das Prozedere sollten den meisten Betreibern nach den vergangenen zwei Jahren und dem Stand-By-Betrieb der im Rahmen der Coronaschutzverordnungen geschlossenen Bädern allerdings weitestgehend bekannt sein. Der Betrieb von Wasseraufbereitungsanlagen und Trinkwarmwasseranlagen kann in diesem Szenario entsprechend der gesetzlichen Vorgaben zur Betriebssicherheit und Hygiene angepasst und dadurch erhebliche Energiemengen eingespart werden.

In Hallenbädern sind vor allem die raumlufttechnischen Anlagen die größten Energiefresser.
In Hallenbädern sind vor allem die raumlufttechnischen Anlagen die größten Energiefresser. Bild: Sportplatzwelt

Ob Aufbereitungs- und Trinkwasseranlagen während der Schließungszeiten vollständig außer Betrieb genommen werden können, ist dabei vor allem eine wirtschaftliche Frage. Die DGfdB geht davon aus, dass beispielsweise „ein Weiterbetribe der [Trinkwasser-]Anlage im bestimmungsgemäßen Betrieb ohne Trinkwassererwärmung die günstigere Lösung sein“ dürfte. Leitungen sollten nur dort vollständig außer Betrieb genommen werden, wo dieser Bestimmungsgemäße Betrieb – etwa in Verbindung mit einer regelmäßigen Spülung der Leitungen anhand eines Spülplans – nicht eingehalten werden kann.

Erste Maßnahmen eingeleitet

Anhand der Empfehlungen der DGfdB haben erste Schwimmbäder in Deutschland auf die Energiekrise reagiert und die erste von der Bädergesellschaft empfohlene Maßnahme bereits umgesetzt – laut Aussagen der DGfdB hätten bereits rund 4.000 der etwa 6.000 Schwimmbäder in Deutschland ihre Beckentemperatur gesenkt.

So gab etwa die Göttinger Sport und Freizeit GmbH & Co. KG, Betreiber mehrerer Schwimmbäder in Göttingen, bekannt, infolge der anhaltenden Energiekrise die Betriebstemperatur ihrer Schwimmbecken im Badeparadies Eiswiese abzusenken.

„Die GoeSF folgt dem Beispiel vieler Bäder weltweit und damit auch dem Aufruf des Bundeswirtschaftsministeriums, die Wassertemperatur zur Einsparung von Energie zu senken. Daher wird in den verschiedenen Schwimmbecken im Badeparadies Eiswiese die Temperatur gesenkt.“

Ein Gutachten habe ergeben, dass durch eine moderate Absenkung der Temperaturen in den Schwimmbecken um 1°C ein hoher Anteil an Energie eingespart werden könne. Betroffen seien insgesamt acht der zehn im Schwimmbad befindlichen Becken.

„Die durchschnittlichen Werte werden […] von 30 Grad auf 29 Grad abgesenkt. Insgesamt werden über 1.7000 m³ Wasservolumen um ein Grad Wassertemperatur reduziert.“ Entsprechend der Empfehlungen der DGfdB sollen das Solebecken und das zu Therapiezwecken genutzte Becken im Bewegungsbad zunächst wie gewohnt weiter betrieben.

„Durch das Absenken der Wassertemperatur kann auch die Lüftung in der Wasserwelt und auch gleichzeitig die Temperaturen in den Umkleidebereichen um 1°C reduziert werden. Daher ist ein jährliches Einsparungspotenzial der Wärmeenergie von 600.000 kWh möglich.“ (Sportplatzwelt, 23.06.2022)

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