„Die Übernahme von Verantwortung fördern“

Im Interview spricht Jaana Eichhorn, Bundestutorin für Freiwilligendienste im Sport bei der Deutschen Sportjugend, über Merkmale, Vergütung und Voraussetzungen von FSJ und BFD.

Jaana Eichhorn
Jaana Eichhorn Bild: © dsj-Fotopool
Sportplatzwelt: Das Freiwillige Soziale Jahr und der Bundesfreiwilkigendienst bieten Interessenten die Möglichkeit, sich für 6 bis 18 Monate sozial in einem Sportverein zu engagieren. Worin liegen die wesentlichen Unterschiede zwischen FSJ und BFD – sowohl für Engagierte als auch für Vereine?
Eichhorn: Das FSJ ist ein Jugendfreiwilligendienst und offen für Menschen unter 27 Jahren. Im BFD können sich Menschen jeden Alters engagieren. Für junge Menschen und ihre Einsatzstellen macht es im Regelfall keinen Unterschied, ob ein FSJ oder BFD abgeleistet wird.

Sportplatzwelt: Welche Vorteile birgt ein FSJ- bzw. BFD-Engagement sowohl für die Vereine selbst als auch für die Engagierten?
Eichhorn: Ziel der (Jugend-)Freiwilligendienste ist es, die Bereitschaft insbesondere junger Menschen für ein freiwilliges gesellschaftliches Engagement und die Übernahme von Verantwortung zu fördern. Dabei vermitteln die Freiwilligendienste wertvolle Einblicke in ein Berufsfeld. Im Rahmen ihres Orientierungsjahres erfahren die Engagierten „Selbstwirksamkeit“ – die Überzeugung, auch schwierige Situationen und Herausforderungen aus eigener Kraft erfolgreich bewältigen zu können. Die Freiwilligen werden von den Trägern fortgebildet und pädagogisch begleitet, erhalten ein Taschengeld und die Möglichkeit, sich unter ihrer Anleitung im praktischen Einsatz zu bewähren und gesellschaftliches Engagement einzuüben. Die Einsatzstellen erhalten hochmotivierte Kräfte, die insbesondere den Kindern und Jugendlichen in den Vereinen als Vorbilder dienen und den Vorstand tatkräftig unterstützen können.

Die Tätigkeiten der Freiwilligen variieren stark, drehen sich aber alle um die sportliche Betreuung von Kindern und Jugendlichen. Die Aufgaben und Tätigkeiten liegen z.B. in der Mitarbeit bei der Vereins- oder Verbandsarbeit, bei Spielfesten oder Sportschnupperveranstaltungen, in Ferienfreizeiten oder Ferienspielen, bei Abenteuersportaktionen oder bei Skatertreffs, beim Eltern-Kind-Turnen oder in anderen interessanten Arbeitsfeldern im Sport. Das nötige Handwerkzeug dazu wird in Seminaren und während der Übungsleiterausbildung vermittelt.

Sportplatzwelt: Welche Voraussetzungen muss ein Verein erfüllen, welche Maßnahmen muss er treffen, um eine FSJ-Stelle anbieten zu können?
Eichhorn: Als Einsatzstellen im Sport kommen insbesondere Vereine und Sporteinrichtungen in Frage, die regelmäßig Spiel-, Sport- und Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche organisieren, wie z.B. Sportvereine, Sportverbände, Jugendferiendörfer, Bewegungskindergärten, Sportschulen und Sportbildungseinrichtungen, Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen. Bei allen weiteren Formalitäten unterstützt der Träger. Im FSJ im Sport ist das im Regelfall die zuständige Landessportjugend.

Die Einsatzstelle muss den Freiwilligen ganztägig einsetzen können, intensiv betreuen und begleiten sowie einen Einsatz im gemeinwohlorientierten Bereich garantieren.

Sportplatzwelt: Und bei BFD-Stellen? Welche besonderen Voraussetzungen müssen hier aus Sicht des Vereins erfüllt werden?
Eichhorn: Auch hier gilt: Die Einsatzstelle muss den Freiwilligen ganztägig einsetzen können, intensiv betreuen und begleiten sowie einen Einsatz im gemeinwohlorientierten Bereich garantieren. Alle Sportvereine und -verbände lassen sich mit Unterstützung des Trägers und der Deutschen Sportjugend beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben offiziell anerkennen. Dabei unterstützt sie der Träger, der für die Einsatzstelle Verwaltungs- und Bildungsaufgaben übernimmt. Voraussetzung ist, dass die Tätigkeiten arbeitsmarktneutral sind; das heißt: Die Freiwilligen ersetzen keine hauptamtlichen Kräfte, sondern leisten unterstützende, zusätzliche Aufgaben.

Sportplatzwelt: Inwieweit müssen bzw. dürfen Vereine ihre FSJ- bzw. BFD-Beschäftigten entlohnen? Welche steuerlichen Regelungen gilt es hier insbesondere für Vereine zu beachten?
Eichhorn: Das Verfahren für FSJ und BFD ist einheitlich. Die Vereine dienen als Einsatzstellen, aber die gesamte Verwaltung läuft über Träger – meist die Landessportjugend. Die Einsatzstellen zahlen als einen finanziellen Beitrag für Taschengeld, Sozialversicherung, pädagogische Begleitung und Verwaltung. Der Träger kümmert sich um alle Zuschüsse sowie um die Sozialversicherung und zahlt im Regelfall auch das Taschengeld aus. Der Verein wird hier von der Bürokratie entlastet. Auch die Höhe des Taschengelds ist für alle Freiwilligen eines Trägers einheitlich und liegt meist bei etwa 300 Euro.

Sportplatzwelt: Aus Sicht des Vereins: Wie hoch sind die durchschnittlichen Kosten für eine FSJ-/BFD-Stelle? Inwiefern können Vereine finanzielle Unterstützung beantragen?
Eichhorn: Die Kosten sind unterschiedlich, weil die Höhe der eingeworbenen Zuschüsse sich stark unterscheiden. Im Regelfall sind die Kosten in den ostdeutschen Bundesländern beispielsweise niedriger als im Süden und Westen, da dort eine Förderung durch den Europäischen Sozialfonds erfolgt. Für die Zuschüsse ist der Träger zuständig.

Sportplatzwelt: Was sind vorrangige Auswahlkriterien bei der Wahl eines FSJ- bzw. BFD-Anwärters?
Eichhorn: Jede Einsatzstelle entscheidet grundsätzlich selbst darüber, wer bei ihr einen Freiwilligendienst leistet. Wichtig ist insbesondere die Bereitschaft, sich zu engagieren und Freude an einer Tätigkeit rund um den Sport. Für junge Menschen gehören zu jedem Freiwilligendienst 25 Bildungstage, bei denen wichtige Kompetenzen vermittelt und Lizenzen erworben werden. Formale Qualifikationen sind für den Antritt eines Freiwilligendienstes nicht entscheidend.

Sportplatzwelt: Welche Sonderregelungen gelten für einen BFD im Spitzensport?
Eichhorn: Die Deutsche Sportjugend kann besonders erfolgreichen Athletinnen und Athleten ein attraktives Angebot machen. Bundesfreiwillige mit Status „Spitzensportlerin“ oder „Spitzensportler“ können im Rahmen ihrer Arbeitszeit – in Rücksprache mit der Einsatzstelle – trainieren und an Wettkämpfen teilnehmen.

Spitzensportlerinnen und Spitzensportler können einen BFD ableisten, sofern sie Angehörige der Nationalmannschaft (Olympia-, Perspektiv-, Teamsport-, Ergänzungs-, Nachwuchskader 1 oder Nationalteam der World Games Sportarten) sind oder zu den aussichtsreichsten Anwärtern (Nachwuchskader 2) oder Stammspielern von Mannschaften der 1. Bundesliga gehören.

Als Einsatzstelle kommen insbesondere Olympiastützpunkte und Leistungszentren sowie Trainings- und Betreuungseinrichtungen (Bundes- und Landesleistungszentren sowie Bundesstützpunkte= der Spitzenverbände in Frage, nach Absprache auch Sportverbände und Sportvereine.

Sportplatzwelt: Mit dem deutsch-französischen Freiwilligendienst und „weltwärts“ bietet die Deutsche Sportjugend bereits zwei internationale Freiwilligenprogramme an. Wie fällt das bisherige Feedback zu diesem Angebot aus? Planen Sie, die Kooperation auch auf andere Länder auszuweiten?
Eichhorn: Das Interesse an internationalen Angeboten ist sehr hoch und die Rückmeldungen sind ausgesprochen positiv. Eine Ausweitung auf andere Länder wäre wünschenswert, bedarf aber einer Finanzierung, etwa durch den Bund. (Sportplatzwelt, 28.10.2020)

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