Mitgliederversammlungen in Zeiten von Corona

Viele Vereine mussten ihre Mitgliederversammlungen aufgrund der anhaltenden Corona-Pandemie verschieben. Sportplatzwelt zeigt auf, worauf Vorstände in diesem Jahr bei der Ausrichtung ihrer Mitgliederversammlungen achten müssen.

Viele Vereine halten ihre jährlichen Mitgliederversammlungen im ersten Halbjahr eines Geschäftsjahrs ab. Hier legen die Vereinsvorstände gegenüber ihren Mitgliedern Rechenschaft über das vergangene Geschäftsjahr ab und es werden die Weichen für das kommende Jahr gestellt. Die Corona-Pandemie und die mit ihr einhergehenden Einschränkungen hinsichtlich Abstandsregelungen und der maximalen Gruppengröße bei Versammlungen – vor allem in geschlossenen Räumen – haben den vielerorts für die Monate Mai, Juni und Juli angesetzten Mitgliederversammlungen einen gehörigen Strich durch die Rechnung gemacht. Dass es dabei nicht so einfach ist, eine Mitgliederversammlung zu verschieben oder für das laufende Jahr komplett abzusagen, zeigt ein Blick auf das Vereinsrecht und die jeweilige Vereinssatzung. Mit einem neuen Gesetzesentwurf versucht der Bund indes, Vereinen mehr Handlungsspielraum beim Abhalten ihrer Mitgliederversammlungen zu einzuräumen.

Die Vereinssatzung prüfen

Generell ist anzumerken, dass der Gesetzgeber prinzipiell nicht verbindlich vorschreibt, einmal im Jahr eine Mitgliederversammlung abzuhalten. Ausschlaggebend ist deshalb in erster Linie die eigene Vereinssatzung. Eine Absage der Mitgliederversammlung, obwohl dies in der Vereinssatzung vorgeschrieben ist, wäre somit kein Verstoß gegen etwaige gesetzliche Regelungen, sondern nur gegen die eigene Vereinssatzung. Im Worst Case könnten Vereinsmitglieder Schadensersatzansprüche geltend machen.

Sollte eine jährliche Mitgliederversammlung verbindlich für das erste Halbjahr eines Geschäftsjahres vorgeschrieben sein, kann diese in diesem Jahr ohne juristische Folgen auf das zweite Halbjahr verschoben werden. Die Vereinsvorstände können dann in den meisten Fällen nicht belangt werden, da sie sich lediglich an die behördlichen Vorgaben gehalten haben, die in den vergangenen Monaten Versammlungen in größerem Rahmen streng untersagt haben. Vorstände sollten deshalb stets die aktuelle Corona-Verordnung ihres Bundeslands im Auge haben, die verbindlich vorschreibt, in welcher Größenordnung Versammlungen – vor allem in geschlossenen Räumen – abgehalten werden dürfen. Auch Hygienekonzepte und die Wahrung der Abstandsregelung müssen hier gewährleistet sein.

Ist eine jährliche Mitgliederversammlung in der Vereinssatzung nicht verbindlich vorgeschrieben, kann diese indes auch problemlos und ohne juristische Folgen im nächsten Kalenderjahr abgehalten werden.

Beschlussfähigkeitsregelungen prüfen

Schreibt die Vereinssatzung vor, dass eine Mitgliederversammlung in jedem Fall abgehalten werden muss, sollten zunächst die Regelungen zur Beschlussfähigkeit in der Vereinssatzung genau unter die Lupe genommen werden. Ist keine bestimmte Anzahl anwesender Mitglieder vorgeschrieben, ist die Versammlung unabhängig von der Anzahl präsenter Personen beschlussfähig. Andernfalls müsste die vorgeschriebene Anzahl an Mitgliedern der Versammlung beiwohnen – ist dies nicht der Fall, kommt es zu einer beschlussfähigen Wiederholungsversammlung. Entlastung und Kassenprüfung können dabei jederzeit nachgeholt werden. Ebenfalls zu prüfen ist, ob die Vereinssatzung die Möglichkeit aufzeigt, bevollmächtigte Personen zur Mitgliederversammlung zu schicken.

Bisherige Rechtslage

Ist der Verein gezwungen, kurzfristig eine Mitgliederversammlung abzuhalten – etwa weil dies dezidiert in der Vereinssatzung festgelegt ist –, hat der Bund im Rahmen der Corona-Pandemie ein neues, zeitlich begrenztes Gesetz beschlossen, das es Vereinen ermöglicht, virtuelle Mitgliederversammlungen abzuhalten, auch wenn dies nicht explizit in ihrer Vereinssatzung geregelt ist.

Bislang sah der Gesetzgeber – genauer gesagt § 32 Abs. 2 BGB – vor, dass eine Beschlussfassung ohne vorherige Mitgliederversammlung nur möglich ist, „wenn alle Mitglieder ihre Zustimmung zu dem Beschluss schriftlich erklären“. Schriftlich bedeutet dabei postalisch; eine E-Mail ist nicht ausreichend. Und genau hier liegt das Problem, vor allem für größere Vereine: Jedes einzelne Mitglied muss, insofern die Vereinssatzung keine Möglichkeit zur Bevollmächtigung anderer Mitglieder enthält, an der Beschlussfassung teilnehmen. Der Verein muss dies genau dokumentieren. Eine virtuelle Mitgliederversammlung ohne persönliche Teilnahme aller Mitglieder ist nur dann möglich, wenn dies explizit in der Vereinssatzung geregelt ist – was nur bei den wenigsten Vereinen bislang der Fall sein dürfte.

Die deutsche Bundesregierung hat deshalb bereits Ende März ein neues Gesetz verabschiedet, das Vereinen, die bislang keine explizite Regelung in ihrer Vereinssatzung haben, bis zum 31. Dezember diesen Jahres die Möglichkeit gibt, ihre Mitgliederversammlungen nicht im Rahmen einer Präsenzveranstaltung abhalten zu müssen. Dabei gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten.

Virtuelle Mitgliederversammlungen

Zum einen kann der Vorstand nach § 5 Abs. 2 des neuen „Gesetzes über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie“ (GesRuaCOVBekG) auch ohne Satzungsgrundlage eine virtuelle Mitgliederversammlung ohne Präsenz der Vereinsmitglieder am Versammlungsort abhalten. Dabei sollten Mitglieder in der Regel über digitale Kommunikationswege, im besten Fall Programme für Videokonferenzen, an der Versammlung teilnehmen. Ihr Stimm- und Rederecht üben sie dann wie gewohnt aus. Der Vorstand muss indes kontrollieren, dass tatsächlich nur stimmberechtigte Vereinsmitglieder der Versammlung beiwohnen und muss zudem genau dokumentieren, wer teilgenommen hat. Immer wieder kann es vorkommen, dass Mitglieder nicht über die nötigen technischen Mittel verfügen, um an der Veranstaltung teilnehmen zu können. Dieser Umstand kann dadurch behoben werden, als dass das neue GesRuaCOVBekG Vereinen die Möglichkeit gibt, das Stimm- und Rederecht ihrer Mitglieder auch ohne Präsenz – sei sie virtuell oder real – wahrzunehmen. Ihnen muss dann die Möglichkeit gegeben werden, ihre Stimme zu den einzelnen Tagesordnungspunkten schriftlich abgeben zu können.

Stimmabgabe per Brief, Mail und Fax

Wie oben bereits beschrieben, sieht § 32 Abs. 2 BGB bereits prinzipiell die Möglichkeit vor, Beschlüsse auch ohne Präsenzveranstaltung fassen zu können und die Beschlussfassung auf die postalische Kommunikation zu beschränken. Hier besteht allerdings das Problem, dass für einen gültigen Beschluss jedes einzelne Vereinsmitglied an der postalischen Abstimmung teilnehmen muss, um eine Präsenzversammlung obsolet zu machen. Da dies in der Realität – gerade für größere Vereine – allerdings nur schwer umsetzbar ist, kommt der Gesetzgeber den Vereinen nun ein Stück weit entgegen: § 5 Abs. 3 GesRuaCOVBekG schwächt § 32 Abs. 2 BGB insofern ab, als dass ab sofort lediglich alle Vereinsmitglieder schriftlich über die anstehende Beschlussfassung informiert werden müssen. Für den tatsächlichen Beschluss ist allerdings die Teilnahme der Hälfte aller Vereinsmitglieder vollkommen ausreichend. Die Abstimmung selbst erfolgt nach wie vor nach dem Mehrheitsprinzip. Der Verein muss seine Mitglieder über die zu befassenden Beschlüsse genau in Kenntnis setzen und eine Deadline für die Abstimmung festlegen. Die Stimmabgabe kann via Brief, E-Mail oder Fax erfolgen.

Sonderregelung zur Verlängerung von Amtszeiten

Ein weiterer wichtiger Bestandteil der jährlichen Mitgliederversammlung ist die Wahl des Vereinsvorstands. Kann eine Mitgliederversammlung nicht abgehalten werden, kann das den Verein vor Probleme stellen. Zunächst sollte wieder ein Blick in die Vereinssatzung geworfen werden, hier können grundlegend zwei Formulierungen vorgefunden werden: Im ersten Fall ist die Amtszeit eines Vorstandsmitglieds an die Wiederwahl oder Neuwahl des Nachfolgers gebunden. Das heißt, ein Vorstand muss sein Amt erst niederlegen, wenn ein neuer Vorstand gewählt wurde. Vereine, die ihre Mitgliederversammlung aufgrund der Corona-Pandemie absagen oder verschieben mussten, müssen somit nicht befürchten, ohne Vereinsführung dazustehen. Im zweiten Fall ist die Amtszeit über einen genau definierten Zeitraum festgeschrieben, die Neu- oder Wiederwahl ist stets auf das Ende der vorangegangenen Amtszeit terminiert. Für diese Vereine besteht somit die akute Gefahr, bei Verschieben einer Mitgliederversammlung zeitweise führungslos zu sein. Auch kommt der Bund den Vereinen nun mit der neuen gesetzlichen Regelung entgegen: Nach § 5 Abs. 1 bleibt ein Vorstandsmitglied ab sofort auch über seine Amtszeit hinaus im Amt – bis zur Abberufung oder Wahl eines Nachfolger durch die Vereinsmitglieder. (Sportplatzwelt, 27.08.2020)

Weitere News - Recht

RechtContent+

Sportvereine: Fusion und Verschmelzung

Ein Beitrag von Marc Patrick Schneider, Thomas Schneider und Lara Gräwe zu grundsätzlichen Überlegungen sowie rechtlichen Fragestellungen rund um Vereinsfusionen. mehr

Recht

Tombolas & Lotterien: So wird das Vereinsfest zum Erfolg

Tombolas, Lotterien und Losverkäufe sind ein beliebtes Format auf jedem Vereinsfest. Um bei der Veranstaltung von Tombolas, Lotterien & Co. aber nicht über rechtliche Fallstricke zu stolpern, gilt es für Vereine einiges zu beachten. mehr

Online-KongressContent+

Sportplatzwelt Online-Kongress als Video: Vereins- und Steuerrecht

Der Vortrag „Übungsleiter- und Ehrenamtspauschale: Zeitnachweis erforderlich“ von Horst Lienig, Steuerberater bei Lienig & Lienig-Haller – Kanzlei für Steuern und Recht, steht Sportplatzwelt+ Abonnenten ab sofort kostenfrei als Video zur Verfügung. mehr

Weitere News - Mitgliedermanagement

Aktuelles

Mitgliederentwicklung: Rekordzuwachs für LSB Brandenburg

Mit nunmehr 381.437 Mitgliedern bleibt der LSB Brandenburg klar auf Wachstumskurs. Dank der leidenschaftlichen Arbeit zehntausender Ehrenamtlicher haben damit weitere 19.608 Sportler den Weg in einen der insgesamt 2.956 Sportvereine in Brandenburg gefunden. mehr

Sportplatzwelt LIVE

Sportplatzwelt LIVE: Ehrenamt und Personal

Sowohl Sportämter und Vereine tun sich dieser mitunter schwer, Personal zu finden. Wie Ehrenamtliche und Nachwuchskräfte gefunden und gebunden werden können, erfahren die Teilnehmer bei Sportplatzwelt LIVE am 6. März 2023. mehr

Online-KongressContent+

Sportplatzwelt Online-Kongress als Video: Erfolgsfaktor Ehrenamt

Der Vortrag „Erfolgsfaktor Ehrenamt“ von Lisa Steffny, Vereinscoach und -beraterin bei Klubtalent, beim 7. Sportplatzwelt Online-Kongress steht Sportplatzwelt+ Abonnenten ab sofort kostenfrei als Video zur Verfügung. mehr