Interview: „Skateanlagen im olympischen Fokus“

Ingo Naschold, Gründer und Geschäftsführer des Planungsbüros DSGN CONCEPTS, ist als Planer und Ex-Profi auf Skateanlagen spezialisiert. Im Interview spricht er über die Planung, den Betrieb und die zukünftigen Anforderungen.

Ingo Naschold
Ingo Naschold Bild: Alexander Schneider
Sportplatzwelt: Herr Naschold, wie sind Nachfrage und Bestand an Skateanlagen in Deutschland aktuell zu beziffern?
Naschold: Uns steht leider noch keine Bestandserhebung zur Verfügung, aber wir wissen, dass es in Deutschland über 80 Großstädte mit gleich mehreren Anlagen gibt. Fast jede Gemeinde hat zugleich mindestens eine. Von der kleinen Rampe bis zur Skateanlage mit 3.000 m² kommt Deutschland so auf mehrere tausend Skateparks. Die Nachfrage ist nach wie vor aktuell und der Bedarf an zeitgemäßen Anlagen ist derzeit größer denn je. Zudem kommt nun hinzu, dass Skateboarding 2020 ins olympische Wettkampfprogramm aufgenommen werden soll. Hierauf muss sich Deutschland noch vorbereiten, da die Infrastruktur deutscher Skateanlagen solchen Anforderungen bei weitem nicht gerecht wird. Wir stehen gerade vor zeitlichen und finanziellen Herausforderungen, einen Bestand an zeitgemäßen Skateanlagen aufzubauen.

Sportplatzwelt: Was bedeutet „zeitgemäß“ bei Skateanlagen?
Naschold: In den 1990er Jahren wurde der Markt für Skateanlagen vor allem durch Spielgerätehersteller bedient, die freistehende Rampenelemente aus einem Baukasten-Katalogsystem angeboten haben. Das Angebot orientierte sich dem damaligen Trend entsprechend am Inline-Skaten. Zur Nutzung einer Anlage mit dem Skateboard sind jedoch diversere Rampenelemente bzw. gestaltete Möglichkeitsräume erforderlich. Eine Skateanlage ist heutzutage ein vielseitiger und inklusiver Bewegungsraum in unterschiedlichsten Konzeptionen. Dazu sind infrastrukturelle Inhalte wie Ruhezonen, Sitzbänke, Zuschauerräume, Flutlichtbeleuchtung, etc., aber auch die Gestaltung und Einbindung in die Umgebung wichtige Planungsaspekte, die Berücksichtigung finden müssen.

Sportplatzwelt: Haben Sie demografische Daten? Für welche Zielgruppen baut man Skateanlagen?
Naschold: Skateanlagen sind grundsätzlich für nahezu jede Altersklasse geeignet und es gibt Nutzer von 8 bis über 50 Jahren. Es wird geschätzt, dass ca. 60 % der Skater zwischen 8 und 25, 25 % zwischen 26 und 35 und 15 % über 35 Jahre alt sind. Man deckt also ein breites Zielgruppenspektrum ab. Hinzu kommen die weiteren Nutzergruppen wie BMXer etc., die ebenfalls eine breite Altersstruktur mitbringen. Eine auffällige Besonderheit an Skateanlagen ist, dass alle Altersgruppen zeitgleich zusammen auf derselben Anlage fahren und sich dabei respektieren, anfeuern und gegenseitig Tricks beibringen.

Sportplatzwelt: Gibt es konkrete Erfolgsrezepte für eine gute Skateanlage?
Naschold: Eine Allroundlösung gibt es für eine Skateanlage nicht. Jede Anlage ist individuell und auch nicht jedes Konzept funktioniert an ein und demselben Standort. Der Planer muss erkennen, welche Art Skateanlage konzipiert werden sollte, wenn er die Bedürfnisse der lokalen Nutzer kennengelernt und die regionale Anlagenstruktur eruiert hat. Das Konzept und besonders der Standort machen den Erfolg einer Skateanlage aus.

Sportplatzwelt: Welche Standorte bieten sich für Skateanlagen an?
Naschold: Generell sollten zentrale Orte gegenüber auswärts liegenden präferiert werden, wobei man innerstädtisch leider das Problem der Immissionen und entsprechender Lärmbelästigung zu lösen hat. Im Vorfeld sollte daher bei jeder Standortanalyse eine Prognoseberechnung durchgeführt werden, um Planungssicherheit zu haben.

Sportplatzwelt: Was gibt es zu den haftungsrechtlichen Rahmenbedingungen zu sagen?
Naschold: Erst einmal ist zu erwähnen, dass die Sportart Skateboarding es generell mit sich bringt, dass man im täglichen Training ständig stürzt und somit auch Fallen lernen muss. Dennoch ist es wichtig, dass die Anlagen keine schwerwiegenderen Verletzungen provozieren und den sicherheitstechnischen Anforderungen entsprechen. Diese sind in der DIN EN 14974 geregelt, die heutzutage jedoch nur noch bedingt anwendbar ist. Deshalb engagiere ich mich seit 2008 im Normenausschuss für Skateanlagen und darf mit Freude eine Überarbeitung für Ende 2018 ankündigen. Die Norm wird schmaler und endlich auf heutige Anlagen applizierbar.

Sportplatzwelt: Zu den Kosten: Können Sie Faustformeln nennen?
Naschold: Baukosten ergeben sich letztendlich abhängig von Konzept und vor allem vom Standort. Grob überschlagen kann man jedoch sagen, dass man eine Street-Anlage für etwa 250 bis 350 Euro/m² und eine Bowl- oder Parkanlage für 350 bis 500 Euro/m² errichten kann. Je nachdem, was die Anlage beinhaltet, können es aber auch mal 100 bis 200 Euro/m² bei entsprechendem Konzept sein. Planungsleistungen nach HOAI werden dabei mit der Honorarzone 4 bis 5 abgerechnet.

Sportplatzwelt: Kann man davon ausgehen, dass bei Skateanlagen aus Beton kaum Wartungs- und Betriebskosten anfallen?
Naschold: Skateanlagen aus Beton sind nicht gänzlich wartungsfrei, aber wartungsarm und stehen in keinem Vergleich zu den Wartungs- und Betriebskosten einer klassischen Sportanlage. Die extreme sportliche Nutzung bzw. die Sportgeräte hinterlassen Spuren und gewisse Abnutzungen, die je nach Größe des Schadens im überschaubaren Bereich sind.

Sportplatzwelt: Noch einmal zum Thema Olympia: Welchen Ist-Zustand und welche Perspektive sehen Sie für die Anlagen in Deutschland?
Naschold: Es sollen zwei Disziplinen olympisch werden: Street und Park. Aktuell sind wir bei Street recht gut aufgestellt, jedoch fehlt es hier an der nötigen Infrastruktur. Für die Disziplin Park mangelt es leider noch an adäquaten Anlagen, da die Investitionskosten meist über dem allgemeinen Verständnis von Kosten einer Skateanlage liegen. Hier liegt dringender Investitionsbedarf vor.

Sportplatzwelt: Sehen Sie bei diesem Thema für den einen oder anderen Standort Chancen, sich als deutsches Skateboard-Zentrum zu etablieren?
Naschold: Diese Chance ist sicher gegeben und es haben jetzt schon einige Städte das Potenzial dazu. Allerdings fehlt es noch an adäquaten und vor allem zeitgemäßen Sportstätten.

Sportplatzwelt: Apropos Sportstätten: Können Skateanlagen eine Bereicherung für Stadien sein?
Naschold: Skateanlagen im Umfeld von Stadien sind sicherlich eine gute Sache, aber vielleicht muss es ja gar nicht der klassische Skatepark sein. Große Freiflächen wie Parkplätze stehen oft bereits zur Verfügung und es bieten sich genügend Möglichkeiten, diese mit einfachen Mitteln attraktiver für das urbane Street-Skaten zu machen. Zum Beispiel muss eine Sitzbank nur eine Metallkante haben, um bereits für Skater nutzbar zu sein, ohne direkt Schäden zu nehmen. Auch Stufen, Geländer und Rampen – alltägliche bauliche Elemente –bekommen eine ganz neue und vor allem dynamische Bedeutung, wenn Skater sie für sich entdecken können. Die Belebung des Umfelds bietet zudem auch eine gewisse soziale Kontrolle, da der Ort außerhalb der Betriebszeiten genutzt und belebt wird.

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