Die Sprachalarmanlage – das Pflichtprogramm

Ein großer Teil der Beschallung eines Stadions, einer Arena oder Versammlungsstätte jeder Art wird nicht etwa anhand des jeweiligen Event- oder Nutzungskonzepts geplant. Vielmehr ist das Brandschutzkonzept maßgeblich.

Da die Brandschutzzentrale in jedem größeren Gebäude zu jedem Zeitpunkt die Möglichkeit haben muss, auf einen Notfall hinzuweisen und entsprechende Rettungs- oder Evakuierungsmaßnahmen einzuleiten und zu steuern, ist der Einbau von Alarmierungseinrichtungen Pflicht. Das umfangreiche Paket an diesbezüglichen Normen und Baurichtlinien besteht unter anderem in der DIN VDE 0828 beziehungsweise auf europäischer Ebene der EN 60849 für elektroakustische Notfallsysteme oder in der DIN VDE 0833-4 für Anlagen zur Sprachalarmierungen im Brandfall.

Grundsätzlich wird zwischen drei Arten von Alarmierungseinrichtungen unterschieden: Elektroakustische Notfallwarnsysteme (ENS), Sprachalarmanlagen (SAA bzw. ELA) und Alarmanlagen als akustische Signalgeber ohne Sprache. Eine reine Alarmanlage signalisiert lediglich Gefahr, ohne zur Rettung beizutragen. Eine ENS kann nicht automatisch durch die Brandschutzanlage ausgelöst werden. Die Versammlungsstättenverordnung (VstättVo) fordert für Gebäude ab 1.000 m² Grundfläche eine SAA, dies gilt auch für Versammlungsstätten mit über 3.000 Plätzen oder Verkaufsräume ab 2.000 m², wobei sich diese Festlegung je nach Bundesland unterscheiden kann.

Der Vorteil von Sprachalarmanlagen ist, dass im Notfall oder bei einer Panik die Aufmerksamkeit für Sprachdurchsagen deutlich höher ist als für Töne. Die ebenfalls pflichtgemäß installierten Fluchtwegzeichen werden bei einer Panik kaum wahrgenommen. Hinzu kommt, dass bei einem Brand die Rauchentwicklung die Sicht behindern kann. Ein Hinweissignal, zum Beispiel ein Gong, signalisiert, dass eine Durchsage erfolgt. In dieser kann die Feuerwehr zielgerichtete Anweisungen geben, die Durchsagen können zudem in verschiedenen Sprachen erfolgen. Auch eine Entwarnung ist durch Sprachmeldungen wesentlich klarer kommuniziert als durch andere akustische Signale. Eine gewisse Anzahl an Sprachmeldungen kann digital gespeichert sein. Die automatische Detektion einer Gefahr und anschließende automatische Sprachalarmierung können dann dazu beitragen, wichtige Zeit zu gewinnen. Da zunächst immer die Hilfe zur Selbstrettung im Vordergrund steht, sind gesprochene Anweisungen also am effektivsten.

Hoher Aufwand für die Sicherheit

Sprachalarmanlagen sind gemäß DIN VDE 0833-1 zu betreiben und haben einen umfangreichen Katalog an Anforderungen zu erfüllen. So wird die ständige Betriebsbereitschaft und Ausfallsicherheit unter anderem durch eine eigenständige Netz- und Notstromversorgung mit redundanten Verbindungsleitungen gewährleistet. Auch beim den Aufstellort der zentralen Steuerung müssen viele Voraussetzungen gegeben sein. So muss es ein Raum mit geringer Brandgefahr sein, der nur eingeschränkt- für die Feuerwehr aber stets zugänglich ist. Anzeige und Bedieneinrichtung müssen sich in unmittelbarer Nähe zur Brandmeldezentrale (BMZ) befinden. Auch die Brandschutzklassen für alle Komponenten der Anlage selbst sind selbstverständlich definiert. Ebenfalls klassifiziert ist, wie lange die Leitungen bei einem Brand je nach Sicherheitseinstufung funktionstüchtig bleiben müssen. Als Funktionserhaltung der Leitungswege können zum Beispiel 30 Minuten (E30), 60 Minuten (E60) oder 90 Minuten (E90) gefordert sein.

Ferner unterscheidet man im Brandschutz zwischen drei Sicherheitsstufen, die unter anderem die Ausfallsicherheit diverser Kreise betrifft und die erforderlichen Schallpegel der SAA. Die Sicherheitsstufe I gilt für Gebäude mit weniger als 2.000 m² und weniger als 200 Personen, die Sicherheitsstufe II für Gebäude mit mehr als 2.000 m² und mehr als 2.000 Personen. Die Sicherheitsstufe III ist in diesem Zusammenhang kaum relevant – sie betrifft Gebäude mit Hochsicherheit wie etwa Industrieanlagen, die einem Katastrophenrisiko unterliegen.

Ob eine Sprachalarmanlage allein als Notfallsystem genutzt wird oder ebenfalls zur Einspielung von Hintergrundmusik oder regulären Durchsagen, wie sie zum Beispiel in Einkaufszentren üblich sind sei dahingestellt – jede weitere Nutzung ändert nichts an der Tatsache, dass bei einer SAA der Notfall immer Priorität hat und im Ernstfall alle anderen Signale automatisch oder durch Einschalten der Feuerwehrleitstelle unterdrückt werden. Ist die SAA als separates System neben der Tribünenbeschallung installiert, muss die ebenfalls Priorität einsetzbar sein.

Die Anlage kann auf viele Sprechstellen erweiterbar sein, auch ist es möglich, eine große Anzahl an Lautsprechern beziehungsweise Lautsprecherkreisen mit digitaler Audiotechnik und Mehranalsystemen sowie einer LAN-Vernetzung anzusteuern. So kann die Feuerwehrleitstelle bei Bedarf simultan unterschiedliche Anweisungen an unterschiedliche räumliche oder organisatorische Bereiche in einem Gebäude übermitteln – zum Beispiel Rettungshinweise an das Publikum und eine Lagebeschreibung mit allgemeinen Verhaltensregeln an das Personal. Darüber hinaus kann die Funktion in Notfällen durch die Anordnung der Lautsprecher unterstützt werden, indem zum Beispiel ein Fluchtweg gezielt mit hier zutreffenden Durchsagen beschallt werden kann.

Die Lautsprecher einer Sprachalarmanlage sind sehr oft mit anderen Teilen der Brandmeldeanlage in die Decke einer Räumlichkeit eingebettet. Sie sind nicht beliebig wählbar, sondern müssen spezifische Kriterien erfüllen. Die Industrie liefert demgemäß spezifische Produktlinien, die in manchen Fällen über eine große Design-Vielfalt verfügen. So haben die Architekten eine ausreichende Palette an Lautsprechern für jedes zu schaffende Ambiente an der Hand.

Stichwort: Sprachverständlichkeit

Die Lautsprecher einer SAA bedienen insbesondere Anforderungen an den Schalldruck und eine hohe Sprachverständlichkeit. Sie müssen sich auch bei unruhiger Kulisse in Innen- und Außenbereichen gegen konkurrierende Klänge durchsetzen, aber darüber hinaus eine gute Qualität für Musikeinspielungen vorweisen und eine differenzierte Lautstärkeregelung in verschiedenen Bereichen ermöglichen. Für Sprachalarmanlagen gilt bezüglich der Lautsprecher unter anderem die DIN EN 54-16 aus der Normenreihe EN54; „Typ A“ bezieht sich auf Innenräume, „Typ B“ auf den Außeneinsatz.

Üblich ist hier die Verwendung der 100-Volt-Technik (100-V-Technik) mit geringem Kabelquerschnitt, der Möglichkeit, lange Kabelwege zu überbrücken und eine individuelle Lautstärkeregelung für diverse Lautsprecherkreise einzustellen. Diese Technik ist optimiert für Sprachdurchsagen und die akustische Alarmierung und im Rahmen eines überschaubaren Anforderungsprofils auch für Musikeinspielung. Beschallungsanlagen sind je nach Einsatzschwerpunkt klassifiziert – für die Alarmierung müssen die Lautsprecher so ausgelegt sein, dass sie einen um mindestens 10 dB höheren Schallpegel erreichen können als ihre Umgebung. Büros werden mit 50 bis 60 dB klassifiziert, Lager oder Produktionshallen mit 60 bis 80 dB. Der Zuschauerbereich eines Stadions im Betrieb liegt eine Stufe höher, bis rund 120 dB in den Spitzen und im Schnitt bei 105 dB.

Alles in allem ist die Installation einer Sprachalarmanlage ein nicht zu unterschätzendes Projekt. In einer modernen Multifunktionsarena mit 13.000 bis 15.000 Plätzen können schon deutlich über 1.000 Lautsprecher in 100-V-Technik eingebaut sein. Ein hochwertiges System verfügt auch über eine Selbstdiagnose und kann bei Bedarf ein Ersatzsystem zuschalten, um Ausfälle mit Sicherheit zu verhindern. Auch eine homogene Schallpegelverteilung und eine hohe Sprachverständlichkeit, die Einmessung erfolgt in leerer Halle, gehören zum Prozess der Installation.

Komplexes Projekt

Zuständig ist der Bauherr beziehungsweise Betreiber in Zusammenarbeit mit einem Sicherheitsberater. Nach der Festlegung der Zuständigkeiten erfolgt die Planung und Projektierung der Anlage gemäß Brandschutzkonzept. Damit dieses im Ernstfall greift, wird die Alarmorganisation im Dialog verschiedener Stellen abgestimmt: mit der Feuerwehr, der Brandschutzdienststelle, dem Sicherheitsbeauftragten des Betreibers, den am Bau beteiligten Unternehmen, dem für die beim Personal für die Abläufe zuständigen Personen, den Planern, dem Bauunternehmen und der Wartungsfirma. Schulungen und Übungen gehören ebenso zum Programm wie die Festlegung einer betrieblichen Alarmorganisation nach DIN 14096 Teil 1 bis 3.

Die eigentliche Planung der Alarmierungseinrichtung erfolgt anhand einer Computersimulation; eine frühzeitige raumakustische Planung hilft entscheidend, die am Ende erforderliche Sprachverständlichkeit des Lautsprechersystems zu erreichen. Auch mit Blick auf die nachzuweisenden Funktionen von Alarmierungsanlagen dürfen diese nicht von einem beliebigen Elektrobetrieb geplant und installiert werden, hier ist eine spezielle fachliche Qualifikation vonnöten. Vor dem Einbau findet ein Dialog mit der zuständigen Brandschutzdienstelle statt, die die bauaufsichtlich relevanten Aspekte der Anlage prüft. Die letztendliche Prüfung und Abnahme gemäß der Prüfverordnung unterliegt dem Bauaufsichtsrecht der Länder.

Mit der Installation einer Anlage ist der Prozess jedoch noch nicht beendet. Eine Sprachalarmanlage muss gemäß DIN VDE 0833 durch eine Fachfirma instand zu halten. Der Wartungsvertrag kann, muss aber nicht mit dem Unternehmen geschlossen werden, der das System installiert hat. Ferner muss ein Betriebsbuch geführt werden. Es ist eine verantwortliche Person zu bennen, auch müssen im Betriebspersonal gemäß DIN VDE 0833-1 Nr. 5 „eingewiesene Personen“ beschäftigt sein.

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Beschallung / Sound