Studie: Millionenschwere Sportförderung für Drittklässler wirkungslos

Eine von der sächsischen Landesregierung im Schuljahr 2008/2009 ins Leben gerufene und mit jährlich 1.5 Millionen Euro subventionierte Sportförderung für Drittklässler war wirkungslos – sowohl in kurzfristiger als auch langfristiger Sicht. Das zeigt nun eine in der renommierten Fachzeitschrift American Economic Journal: Economic Policy  veröffentlichte Studie unter Beteiligung des ZEW-Ökonomen Nicolas Ziebarth.

Über das ZEW

Das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) gehört zu den führenden, unabhängigen deutschen Forschungsinstituten für anwendungsbezogene empirische Wirtschaftsforschung und ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Das ZEW befasst sich mit gesellschaftsrelevanten Forschungsthemen wie der Digitalisierung, dem demografischen Wandel, der europäischen Integration und der Energiewende und fungiert auch als Berater für politische Entscheidungsträger.

Um insbesondere Kinder aus benachteiligten und finanziell schwächer gestellten Elternhäusern die Möglichkeit zu bieten, regelmäßig Sport zu treiben, verteilte der Landessportbund Sachsen in Zusammenarbeit mit der sächsischen Landesregierung zu Beginn des zweiten Schulhalbjahres 2008/2009 gut 33.000 Sportgutscheine an alle Drittklässler des Freistaates. Damit konnten die Kinder ein Halbjahr lang kostenlos in einen Sportverein ihrer Wahl eintreten. Zu Beginn des ersten Schulhalbjahres der vierten Klassen im August 2009 wurde ein zweiter Gutschein an dieselben Drittklässler verteilt. Das Programm lief zunächst für drei Schuljahre bis 2011/2012. Gepaart mit einer Informationskampagne sollten die Mädchen und Jungen dazu angeregt werden, Vereinssport auszuprobieren.

„Trotz der guten Absichten und des noblen Zieles, Kinder zu langfristiger Sportaktivität mit potentiell vielen positiven Effekten anzuregen – eine bessere physische und psychische Gesundheit, bessere Konzentrationsfähigkeit und mehr Selbstbewusstsein oder die Entwicklung von Teamfähigkeit – blieb die Initiative weitestgehend wirkungslos,“ so Prof. Dr. Nicolas Ziebarth, einer der Autoren der Studie und Leiter des ZEW-Forschungsbereich „Arbeitsmärkte und Sozialversicherungen“. Von den Gutscheinen profitierten insbesondere bessergestellte Haushalte, deren Kinder ohnehin schon Mitglieder im Sportverein waren und somit den Mitgliedsbeitrag sparten. „Wir konnten keinerlei Evidenz dafür finden, dass durch die Initiative vermehrt Nichtmitglieder in Sportvereine eintraten und langfristig Sport trieben.“ Sowohl in kurzfristiger als auch langfristiger Sicht war die Sportaktivität der betroffenen Kohorten in Sachsen nicht statistisch signifikant höher als von Drittklässlern in den Nachbarbundesländern Thüringen und Brandenburg.

„Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht“, so Ziebarth, der allerdings einschränkt: „Im Prinzip war dies eine sehr gut geplante und durchgeführte Initiative. Allerdings sollte die Politik daraus die Lehren ziehen, dass es nicht ausreicht, sinnvolle Angebote an Kinder flächendeckend kostenfrei anzubieten, wenn bestimmte Zielgruppen aktiviert werden sollen. Vermutlich ist es effektiver, zunächst die Eltern von der Sinnhaftigkeit solcher Angebote zu überzeugen.“

Für die Studie verschickten die Autoren im Jahr 2019 gut 150.000 Umfragebögen an Haushalte mit Kindern, die ab 2008/2009 Drittklässler in Sachsen, Brandenburg oder Thüringen waren. Ergänzt wurde die Datenbasis mit repräsentativen Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) und der Gesundheitsberichterstattung in Sachsen. (Sportplatzwelt, 02.09.2022)

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