„Die Nachfrage nach Sportangeboten ist ungebrochen hoch“

Im Interview mit Sportplatzwelt spricht Ralf Gabriel, Leiter des Eigenbetriebs Sportstätten Dresden über den Digitalisierungsstand der Sportverwaltung sowie weitere aktuelle Trends und Herausforderungen.

Ralf Gabriel
Ralf Gabriel Bild: Landeshauptstadt Dresden
Sportplatzwelt: Welchen Stellenwert nimmt die Digitalisierung im Eigenbetrieb Sportstätten Dresden ein? Inwiefern setzen Sie bereits auf digitale Lösungen – etwa bei der Sportstättenverwaltung?
Gabriel: Digitalisierung ist natürlich auch bei uns ein wichtiges Thema, das zukünftig mehr Raum einnehmen wird. Die Landeshauptstadt Dresden beteiligt sich am Modellprojekt Smart City, gemeinsam mit der TU Dresden.

Mit dem Themenstadtplan der Landeshauptstadt Dresden und den darin enthaltenen Informationen zu Sportstätten, gibt es aktuell eine städtische Auskunftsplattform über die gesamte Sportlandschaft der Landeshauptstadt Dresden, einschließlich nicht-kommunaler Anbieter.

Wir arbeiten unter anderem gerade daran, dass Nutzer vom Themenstadtplan zukünftig direkt in ein Buchungssystem für Sportstätten geführt werden oder unter den jeweiligen Sportstätten erkunden können, welche Angebote hier durch Sportvereine oder andere Sportanbieter bereitgestellt werden. Ziel ist es dabei, die dafür notwendigen Daten der Sportanbieter bei deren Anmietung der Sportstätten zu nutzen und diese automatisch in das Web-Tool zu übernehmen, alles natürlich Datenschutzkonform. Damit bleiben die Daten immer auf dem aktuellen Stand und müssen nicht separat gepflegt werden.

Hilfreich bei diesem Vorhaben ist, dass unsere Sportstätten zunehmend an das Breitbandnetz angebunden sind bzw. kurzfristig werden. Damit können Sportstätten mit öffentlichem WLAN und weiterer Netzwerktechnik versorgt werden. Zudem ist damit die Basis zur Umsetzung von modernen Kassensystemen und E-Ticket Lösungen gelegt und auch den aktuellen Anforderungen für Presse- und Fernsehübertragungen in unseren größeren Sport- und Veranstaltungsstätten können wir nachkommen.

„Der öffentliche Raum wird immer mehr genutzt, um sich sportlich zu betätigen.“

Sportplatzwelt: Wie beurteilen Sie das Sportinteresse der Bürgerinnen und Bürger in Dresden?
Gabriel: Die Nachfrage nach Sportangeboten ist ungebrochen hoch. Wenn man mit offenen Augen durch die Stadt geht, fällt auf, dass der öffentliche Raum (Parks, Bolzplätze, Skateanlagen) immer mehr genutzt wird, um sich sportlich zu betätigen. Ich denke, dass das Interesse der Dresdnerinnen und Dresdner an Sport und Bewegung weiter gestiegen ist und in Zukunft noch dominanter wird. Dabei ist auch die Vielfalt in der Sportausübung zu beobachten. Radfahren, Joggen oder Wandern sind die beliebtesten Sportarten im öffentlichen Raum.

Im organisierten Sport sind Fußball, Klettern, Gymnastik und Volleyball ganz vorn in der Gunst der Sportvereine. Es etablieren sich auch sogenannte Trendsportarten wie Calisthenics oder Parcours-Sport in dynamischer Weise.

Besonders erwähnenswert ist eine sehr aktive Laufszene in Dresden mit einer sehr hohen Beteiligung an Laufevents, wie der REWE Team Challenge, dem Oberelbe Marathon, dem Dresden Marathon, der Team Staffel und unzähligen weiteren Laufveranstaltungen. Diese sind zum Teil schnell ausgebucht oder stoßen an ihre Kapazitätsgrenzen.

„Die Sportvereine waren kreativ im Umgang mit der Situation.“

Sportplatzwelt: Wie sind die Dresdner Sportvereine bislang durch die Pandemie gekommen?
Gabriel: Die Auswirkungen der Pandemie sind auch im Sport nicht spurlos vorübergegangen. Dem hohen Engagement der ÜbungsleiterInnen, TrainerInnen und Funktionäre in den Dresdner Sportvereinen ist es zu verdanken, dass der zu erwartende enorme Mitgliederrückgang nicht eingetreten ist. Die Sportvereine waren kreativ im Umgang mit der Situation in der Pandemie und haben beispielsweise Sporteinheiten ins Freie bzw. in alternative Outdoor-Sportanlagen verlegt, alternative Sportangebote innerhalb von gegebenenfalls reduzierten Trainingsgruppen angeboten oder digitale bzw. Online-Angebote durchgeführt.

„Insgesamt sind die Mitgliederzahlen konstant.“

Sportplatzwelt: Inwieweit hat die Stadt hier – nicht nur finanzielle – Unterstützung geleistet?
Gabriel: Auch die Sportverwaltung der Landeshauptstadt Dresden war in dieser Zeit besonders gefordert. Zeitweise wurden zur Abwendung gesundheitlicher Gefahren alle kommunalen Sportstätten geschlossen. Trotz erforderlicher Kurzarbeitsregelungen und Personalabstellungen in das Gesundheitsamt konnten die Sportstätten im Stand-By-Status gehalten werden. Dadurch war eine schnelle Wiederaufnahme des Sportbetriebs gesichert. Die Sportverwaltung stand und steht zu den jeweils geltenden Coronaschutzmaßnahmen in einem engen Kontakt zu den Sportvereinen und informierte zumeist wöchentlich über die aktuelle Situation im Umgang mit Sport in den kommunalen Sportstätten. Gleichzeitig hat die Sportverwaltung die zumeist ehrenamtlichen Sportvereine intensiv beraten.

Selbstverständlich wurden den Sportvereinen coronabedingte Nutzungsausfälle auf den kommunalen Sportstätten nicht in Rechnung gestellt. Sportanlagen im Freien wurden im letzten Jahr trotz obligatorischer Schließzeiten auch über die Sommerferien 2021 zur Verfügung gestellt. Das betraf insbesondere offene Sportangebote durch die Dresdner Sportvereine, die über die Sommerferien angeboten werden konnten. Diese Angebote der Vereine wurden über die Sportförderung der Landeshauptstadt Dresden mit bis zu 100 % unterstützt.

Für Mehraufwendungen im Zusammenhang mit der Testpflicht von Übungsleiterinnen und Übungsleitern wurden Mittel in Höhe von 75.000 Euro bereitgestellt. Dadurch wurden ÜbungsleiterInnen und TrainerInnen von den Kosten nahezu befreit.

Insgesamt sind die Mitgliederzahlen konstant. Von 2020 auf 2021 gab es einen leichten Rückgang der Mitgliederzahlen im Stadtsportbund Dresden (-1.500). Zum 01. Januar 2022 gab es einen leichten Anstieg, aber die Mitgliederzahlen von 2020 konnten noch nicht wieder erreicht werden.

Sportplatzwelt: Welche Rolle spielt Dynamo Dresden für den Eigenbetrieb Sportstätten und die Stadt Dresden? Gibt es weitere Vereine mit Leuchtturm-Funktion?
Gabriel: Kein anderer Verein bewegt und begeistert auch nur annähernd so viele Menschen in und um Dresden wie Dynamo. Man ist geneigt zu sagen: „Der Verein gehört zu Dresden wie die Semperoper, Frauenkirche und Zwinger.“ Das beispiellose Medieninteresse und auch der Fakt, dass Dynamo der mitgliederstärkste Sportverein in den neuen Bundesländern ist, macht den Verein zu etwas Besonderem. Damit hat Dynamo Dresden in gewissem Maße auch das Recht, eine Sonderrolle einzunehmen.

Weitere wichtige Sportmannschaften mit vielen Fans sind die DSC-Volleyball-Damen als mehrfacher Deutscher Meister und Pokalsieger, die Dresden Monarchs (American Football), die Dresden Titans (Basketball), der HC Elbflorenz (Handball) und die Dresdner Eislöwen (Eishockey). Darüber hinaus hat Dresden sehr erfolgreiche Sportlerinnen und Sportler in den Sportarten Kanu, Wasserspringen, Rudern und Shorttrack, die nationale und internationale Medaillen gewinnen – so auch olympische Medaillen wie Tom Liebscher und Tina Punzel im vergangenen Jahr in Tokio.

„Es werden mehr individuelle Sportmöglichkeiten benötigt.“

Sportplatzwelt: Wie reagieren die Stadt Dresden und der EBS auf den Appell des DOSB, Sportstätten nur in absoluten Notfällen als Unterkunft für Geflüchtete aus der Ukraine zu nutzen? Welche Rolle spielt der Sport bei der Integration?
Gabriel: Sport ist ein sehr wichtiger Aspekt bei der Integration. Viele Geflüchtete wurden schnell von Dresdner Sportvereinen aufgenommen und trainieren wie selbstverständlich mit. Auch geflüchtete Leistungssportler nutzen die Dresdner Sportstätten. Die Gemeinschaft Dresdner Sportler ist sehr solidarisch untereinander und zeigt die Bedeutung des Sports als soziale Stütze unserer Gesellschaft. Hier wird Integration gelebt.

Der Sport war durch die Corona-Pandemie schon sehr gebeutelt. Viele Angebote fanden lange gar nicht, nur eingeschränkt oder digital statt. Kaum war etwas Licht am Ende des Tunnels zu sehen, musste der Sport wieder in die Warteschleife, da auch einige Sporthallen als Notunterkünfte genutzt werden mussten. Dresden konnte zwar recht schnell einen Großteil der Sporthallen wieder freigeben und andere Varianten zur Unterbringung bereitstellen, aber nicht für alle Nutzer konnte so schnell und umfänglich Ersatz gefunden werden. Umso mehr sind wir dankbar gegenüber unseren Sportvereinen und wissen es sehr zu schätzen, dass sie die ganze Pandemie über und auch in der Flüchtlingskrise zumeist sehr kooperativ und entgegenkommend waren.

Sportplatzwelt: Wird die Corona-Pandemie nachhaltige Auswirkungen auf den Sport in Dresden haben? Wie reagiert die Stadt Dresden auf das sich wandelnde Sportverhalten ihrer Bürgerinnen und Bürger?
Gabriel: Es werden mehr individuelle Sportmöglichkeiten benötigt. Eine Vielzahl der Dresdner laufen, walken, joggen – beispielsweise in Dresdens fantastischen Parkanlagen, an den Elbwiesen oder im zentrumsnahen Sportpark Ostra. 2021 entstand hier eine weitere Calisthenics-Anlage für den individuellen Sport im Freien. Der Trend geht weiter und dementsprechend wächst auch der Bedarf. In Planung bzw. Bau sind ein Pumptrack, eine Anlage für Parkour-Sport und eine Skateanlage in verschiedenen Stadtbezirken.

Seit 2017 gibt es das kostenfreie Sommerangebot „Fit im Park“, das von den Dresdnerinnen und Dresdnern sehr gern genutzt wird und stetig steigende Teilnehmerzahlen verzeichnet. Insgesamt ist zu erkennen, dass mit/seit der Corona-Pandemie ein Wechsel von Indoor- zu Outdoor-Sport stattfindet. (Sportplatzwelt, 29.06.2022)

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