Karriere im Breitensport

Die Organisation des Breitensports obliegt in Deutschland nach wie vor überwiegend ehrenamtlichen Mitarbeitern. Mit zunehmender Professionalisierung und Digitalisierung steigt allerdings die Nachfrage nach fachlich ausgebildeten und hauptberuflichen Führungskräften.

Ehrenamtliches und freiwilliges Engagement bilden weiterhin den Stützpfeiler des organisierten Breitensports in Deutschland. Wie aus dem „Sportentwicklungsbericht für Deutschland 2017/18 – Teil 1“ hervorgeht, engagieren sich derzeit insgesamt rund 1,7 Mio. Menschen in Deutschland ehrenamtlich in einem Sportverein.

Neben den 779.500 Ehrenamtlichen auf Ausführungsebene – also Trainern, Betreuern oder Kampfrichtern – und den 152.300 Kassenprüfern werden im deutschen Breitensport vor allem Positionen auf Vorstandsebene von ehrenamtlichen Mitarbeitern bekleidet – insgesamt 752.600 an der Zahl. Eine Zahl, die seit Jahren rückläufig ist. Nicht nur die Gesamtzahl ehrenamtlicher Mitarbeiter geht seit Jahren zurück (von insgesamt rund 2,8 Mio. im Jahr 2005 auf rund 1,7 Mio. im Jahr 2018), auch auf Vorstandsebene macht sich langsam aber sicher ein Fachkräftemangel bemerkbar: Im Jahr 2013 hatten noch rund 850.000 Menschen eine ehrenamtliche Position auf Vorstandsebene in einem Verein inne – ein Wert, der bis 2018 um rund 11,5 % gesunken ist. Anzumerken ist hierbei, dass sich die Analyse auf die Anzahl ehrenamtlicher Positionen in Vereinen bezieht. Da ein ehrenamtlicher Mitarbeiter aber mehrere dieser Positionen zeitgleich besetzen kann, können die Zahlen in der Realität leicht von den oben genannten Werten abweichen.

Dem Sportentwicklungsbericht 2013/14 zufolge nehmen bereits rund 48 % aller deutschen Sportvereine diesen Rückgang merklich war. „Dazu zählt vor allem die Gewinnung und Bindung von Engagierten auf Vorstandsebene“, heißt es in einer Stellungnahme des Deutschen Behindertensportverbands. „Trotz der hohen Zahl an Mitgliedern gelingt es immer weniger, aktiv Sporttreibende auch für die Übernahme eines Ehrenamts zu gewinnen. Grund hierfür kann sein, dass für viele Sportvereine das Ehrenamt und Engagement bisher so selbstverständlich war und meist kein systematisches Freiwilligenmanagement betrieben wurde.“

Auch der organisierte Breitensport bleibt vom demographischen Wandel nicht verschont: Vor allem die Gewinnung von Nachwuchsführungskräften und jungen Mitarbeitern auf Vorstandsebene stellt dabei ein großes Problem dar, wie ein Blick auf die Altersstrukturen ehrenamtlicher Positionen in Sportvereinen zeigt: Im Schnitt ist ein ehrenamtlicher Mitarbeiter 53,6 Jahre alt.

Doch gerade diese Nachwuchsführungskräfte seien im Hinblick auf die zunehmenden Herausforderungen der Digitalisierung und Professionalisierung der Vereinsstrukturen auf allen Ebenen essenziell für Sportvereine im ganzen Land, wie Andreas Kranich, Projektleiter Nachwuchsführungskräfte beim Freiburger Kreis, die mit mehr als 180 Mitgliedern größte Arbeitsgemeinschaft deutscher Sportvereine, betont: „Auf junge Mitarbeiter kann und darf wohl kein Verein verzichten. Als ‚Digital Natives‘ verfügen sie über wichtiges Fachwissen, was in den Vereinen benötigt wird. Auf der anderen Seite profitieren junge Mitarbeiter von der Erfahrung der älteren. Im besten Fall steigert sich so der Gesamterfolg des Vereins, im schlechtesten Fall führt es zu einem Generationenkonflikt. Am Ende sind alle gefragt, respektvoll miteinander umzugehen, andere Meinungen und Perspektiven zu schätzen. So profitiert nicht nur der Verein, sondern auch die Mitarbeiter, die darin arbeiten, voneinander.“ Kranich weiter: „Gerade junge Mitarbeiter verfügen heute über wichtiges Know-how, das in den Vereinen dringend benötigt wird, um weiterhin als modern und attraktiv wahrgenommen zu werden.“

Hauptberufliche und bezahlte Mitarbeit

Wie stark der organisierte Breitensport in Deutschland nach wie vor vom Ehrenamt geprägt ist, zeigt ein Blick auf die Personalstrukturen: Mit 5.700 Vereinen haben im Jahr 2018 lediglich rund 6,4 % aller Sportvereine in Deutschland mindestens einen Mitarbeiter in einer bezahlten Führungsposition beschäftigt. Mit lediglich 1.900 Vereinen (2,1 % aller Vereine in Deutschland) arbeiten zudem nur die wenigsten bezahlten Führungskräfte in Vollzeit – der Großteil der Vereine (4,3 %; 3.900 Vereine) beschäftigt seine bezahlten Führungskräfte in Teilzeit-Arbeitsverhältnissen. Im Gegensatz zur Gesamtzahl ehrenamtlicher Mitarbeiter ist die Zahl teil- und vollzeit-beschäftigter, bezahlter Führungskräfte seit 2015 vergleichsweise stabil.

Trotz des unausgewogenen Verhältnisses zwischen Ehrenamt und bezahlter Beschäftigung sind hauptberufliche und vor allen Dingen fachlich ausgebildete Führungskräfte unverzichtbar für den organisierten Breitensport – und Ihre Bedeutung wird im Rahmen der fortschreitenden Digitalisierung und Professionalisierung der Vereinsstrukturen weiter zunehmen, wie auch Prof. Susanne Burger, Geschäftsführerin des Bayerische Landes-Sportverbands, betont: „Die Bedürfnisse der Sportlerinnen und Sportler der Zukunft stehen für die Weiterentwicklung des organisierten Sports permanent im Fokus. Dabei gilt es, die Leidenschaft, das Engagement sowie die ehrenamtlichen Strukturen für den Vereinssport aufrecht zu erhalten und mit qualifizierten hauptberuflichen Experten die Transformation auf webbasierte Informations- und Managementplattformen zu gestalten.“

Ausbildungsangebote

Mit der zunehmenden Digitalisierung in allen Arbeitsbereichen wachsen auch die Herausforderungen an Mitarbeiter der Vorstands- und Management-Ebene. Um diese meistern zu können und die zunehmende Professionalisierung des organisierten Breitensports gewährleisten zu können, haben sich in den vergangenen Jahren mehr und mehr Ausbildungs-, Weiterbildungs- und Studienangebote herauskristallisiert, die sowohl jungen Nachwuchsführungskräften als auch erfahrenen Vereinsvorständen das nötige Fachwissen für eine Karriere im Breitensport vermitteln sollen.

Neben diversen Hochschulen bieten vor allem auch Vereine und Verbände selbst immer wieder interne Fortbildungsangebote für Neueinsteiger und Berufserfahrene an. So auch der Freiburger Kreis, der seit mittlerweile acht Jahren ein Nachwuchsführungskräfte-Programm für seine Mitgliedsvereine anbietet, wie Andreas Kranich erklärt: „2012 nahm das Programm seinen Anfang, damals noch unterstützt durch Zuschussgeber der öffentlichen Hand. Seitdem haben knapp 350 Nachwuchsführungskräfte aus ganz Deutschland an unseren Veranstaltungen teilgenommen. Typisch für Sportvereine ist die frühe Bindung junger Talente als Gruppenhelfer, Übungsleiter oder auch Jugendsprecher. Dennoch erfolgt der Aufstieg junger und gut-qualifizierter Menschen in verantwortungsvolle Positionen (ob haupt- oder ehrenamtlich) auch in Sportvereinen nicht selten unerwartet und unvorbereitet.  Um diese Herausforderungen meistern zu können, ist es wichtig, entsprechende Voraussetzungen zu schaffen. Hier versucht das Nachwuchsführungskräfte-Programm, junge Menschen in ihrer Kompetenzentwicklung bestmöglich zu unterstützen.“

Dass der Bedarf an solchen Bildungsangeboten groß ist, zeigt ein Blick auf den Sportentwicklungsbericht 2017/18: Mit insgesamt 41 % verfügt der Großteil aller Vorstandsmitglieder im organisierten Breitensport in Deutschland über keinerlei fachspezifische Ausbildung für seine ausgebübte Tätigkeit. 7,1 % der befragten Vorstandsmitglieder verfügen über eine Vereinsmanager-Lizenz B oder C des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). 26,1 % aller Vorstandsmitglieder haben eine kaufmännische Ausbildung abgeschlossen, 14 % verfügen über ein abgeschlossenes Studium mit Schwerpunkt BWL, Management oder Recht.

Neben fachlichen Kompetenzen in den Bereichen BWL, Vereinsmanagement und Vereinsrecht sollten sich Aus- und Weiterbildungs- sowie Studienangebote aber auch auf die Vermittlung sozialer Kompetenzen konzentrieren, wie Kranich anmerkt: „Fachwissen allein führt nicht zum Erfolg. Personale und soziale Potenziale zu erkennen und weiter zu entwickeln sowie die Neugierde, Dinge auszuprobieren, sind wohl mindestens genauso wichtige Bausteine, um als Führungskraft erfolgreich zu sein.“

Die enge Zusammenarbeit zwischen Vereinen, Verbänden und Hochschulen trägt zudem dazu bei, sich schnell ein Netzwerk aufzubauen. Kranich: „Gerade die Sportbranche lebt von persönlichen Kontakten. Wir ermutigen unsere Teilnehmer immer wieder, in ihren Netzwerken präsent zu sein und aktiv auf andere zuzugehen. Hier ist vor allem Eigeninitiative gefragt! Aus meiner Sicht kann man nicht früh genug damit anfangen, sich Hilfe zu holen und von den Erfahrungen anderer Kollegen und Vereine zu profitieren.“

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