Hallenkonzepte für ambitionierte Clubs

Die Betrachtung von Hallen-Optionen für ambitionierte Clubs, die sich an professionellen Liga-Anforderungen orientieren müssen, zeigt: Es gibt nach wie vor relativ preisgünstige – aber keine einfachen Lösungen mehr.

Clubs, die hinsichtlich ihrer Liga-Zugehörigkeit sprichwörtlich zwischen den Stühlen sitzen, die ambitioniert sind, aber keine Gewissheit darüber haben, ob sie sich nach einem Aufstieg dauerhaft im Profi-Geschäft etablieren können, sehen sich auch hinsichtlich der Spielstätte auf einem schmalen Grat. Ohne Halle, die den Vorgaben der jeweiligen Liga entspricht, lässt sich die Lizenz allenfalls unter Vorbehalt einlösen. Aber welcher Verein bekommt schon eine maßgeschneiderte Halle für den Profi-Sport auf den Leib geschneidert, deren Betrieb auch noch über ihren gesamten Lebenszyklus wirtschaftlich gesichert ist – bei allen Eventualitäten, mit denen man im Sport rechnen muss?

Landauf, landab sind Kompromiss- und Interimslösungen in Betrieb, wenngleich es dort oft schwer ist, alle Anforderungen der Ligen zu erfüllen und auch noch Identifikation mit den Fans und dem Standort aufzubauen. De facto wurde in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe von Hallen neu gebaut oder aus Altbeständen umgewidmet, die gerade einmal die nötigste Ausstattung aufbieten konnten und zum jeweiligen Zeitpunkt als Lösung mit dem geringsten wirtschaftlichen Risiko in Ordnung waren. Indessen steigen die Anforderungen der Ligen an Kapazität und Infrastruktur kontinuierlich, und auch die Professionalisierung, die die Clubs in eigener Sache vorantreiben, erfordert mehr zeitgemäße Infrastruktur denn je. Während das Spielfeld und theoretisch auch Tribünen problemlos als mobile Event-Lösungen nur für die Spieltage aufgebaut werden können, ist dies in anderen technischen Bereichen nicht so einfach zu bewerkstelligen.

Modernisierte Industriehallen oder minimalistische „Wellblech-Paläste“ waren an einigen Standorten ein Weg, sich Saison für Saison relativ kostengünstig durch den Anforderungskatalog zu hangeln. Allerdings wird es aus baurechtlichen Gründen immer enger für solche Zwischenlösungen, und auch die Standort-Fragen spielen mit hinein, wenn es um die Bau- und Betriebsgenehmigungen geht. Wäre es nicht eine naheliegende Lösung, auf einen leichten, flexiblen und modularen Temporärbau zu setzen und diesen je nach Bedarf nach oben oder unten anpassen zu können, wenn der sportliche Erfolg oder Misserfolg dies erfordert? Niemand kann diese Frage besser beantworten als Bernd Helmstadt, Director Sales bei der NÜSSLI Gruppe. Die NÜSSLI Gruppe hat über Jahrzehnte auf allen Kontinenten kleine und große Venue-Lösungen aller Art geschaffen. Von einzelnen Tribünen bis hin zu temporären Stadien und Multifunktionsarenen. Doch selbst der Modularbau-Experte kann Interessenten für eine Temporärbaulösung wenig Hoffnung machen, eine solche Lösung genehmigungsfähig zu bauen und über einen längeren Zeitraum betreiben zu können.

Temporärbau oder Festbau?

Helmstadt setzt mit seiner Begründung mit einem grundlegenden Argument an: „Man kann eine Halle nach Anforderungen der verschiedenen Ligen leicht und günstig bauen und je nach Bedarf Flächen mit mobilen Einheiten darstellen. Wenn man aber die Temporärbaunormen ansetzt, kann die Halle jedoch nicht lange genutzt werden. Für den Temporärbau gelten zunächst einmal 3 Monate Nutzungsgenehmigung, spätestens ab 6 Monaten kommt man in die Bestimmungen für den Festbau. Mit ein bisschen Glück und die eine oder andere Maßnahme lässt sich vielleicht noch eine Verlängerung für einen Temporärbau erwirken.“

Es wäre also bereits die Nutzung nur über eine Saison nach den Festbaubestimmungen zu genehmigen. Außerdem hat ein solches Bauprojekt im Rahmenprogramm zahlreiche Genehmigungsverfahren, die hauptsächlich Dinge betreffen, die sich außerhalb der Halle selbst abspielen:  etwa die Sondierung, das Kampfmittel-, Umwelt- und Verkehrsgutachten sowie das Lärmschutzkonzept, um nur einige zu nennen. Der Aufwand liegt also nicht nur im Gebäude. Außerdem verursacht jede Veranstaltung eine Geräuschkulisse, die nicht nur das unmittelbare Umfeld betrifft, sondern je nach Lage auch viel weitere Kreise zieht. Der Abreiseverkehr ist diesbezüglich besonders intensiv. Nicht nur wegen des Geräuschpegels, sondern auch wegen seiner Stoßwirkung auf den Verkehr. Über den Apparat der Genehmigungen hinaus warten im Gebäude-Umfeld also auch Komplikationen, die auf politischem Weg zu lösen sind. Selbst private Projekte sind spätestens an diesem Punkt auf die Einbindung ins Umfeld angewiesen.

Es wäre aber auch ein Trugschluss zu glauben, dass eine leichte und günstige Gebäudehülle allein das wesentliche Merkmal eines Arena-Projektes sein kann. Es sind schließlich Richtlinien und Normen einzuhalten, und im Hallenbau ist der Brandschutz von besonderer Bedeutung. „Im Gebäude ist die Technische Gebäudeausrüstung, die TGA, heute so aufwendig, dass man diese Anlagen auch nicht mal eben nur für ein paar Monate einbaut“, weiß Bernd Helmstadt. „Das lässt nicht unbedingt günstige Leichtbaulösungen zu. Der Status quo im Bereich Sicherheit ist sehr anspruchsvoll. Ohne Sprinkleranlage und Luftaustausch kann man keine Versammlungsstätte dieser Größenordnung mehr betreiben. Heizen muss man ohnehin, aber die Kosten für eine Kühlung, die man im Sommer braucht, sind ebenfalls nicht zu verachten. Vor 20 Jahren waren vielleicht einfachere Lösungen denkbar, aber heute muss man schon davon ausgehen, dass der Baukörper ca. 70 % der Baukosten ausmacht und die TGA ca. 30 %.“

Die anschließende Frage hinsichtlich der Kosten ist dann, welche Teile der Kosten, die von dem, was außerhalb der Arena an Baumaßnahmen stattfindet, so die Außenanlagen und die Verkehrsanbindung, man dem Hallenprojekt selbst zurechnen muss. Je nach Betrachtungsweise ergeben sich erhebliche Budget-Unterschiede. Kommunale Bauherren haben in der Regel mehr Zugriff auf geeignete Flächen und können sie in den meisten Fällen günstiger darstellen als ein Club, der privater Bauherr ist und überhaupt froh sein kann, ein geeignetes Grundstück zu finden.

Jahre später ...

Oft genug ist es die Suche nach dem geeigneten Grundstück, die ein Arena-Projekt, mag die Vorplanung des Gebäudes selbst auch noch so fortgeschritten sein, über Jahre und Jahre in die Länge zieht. Manchmal so lange, dass die ursprünglich zugrunde gelegten Parameter hinsichtlich Nutzungskonzept und Finanzierung gar nicht mehr im vollen Umfang gelten. Dies mag in einigen Fällen auch daran liegen, dass sich die Standort-Präferenzen bei städtischen und privaten Bauherren deutlich unterscheiden können. Der Verein sieht seine neue Spielstätte gerne in einem Gewerbegebiet nahe der Autobahn. Hier bekommt man weitaus weniger Stress mit dem Umfeld, alles ist günstiger als bei innerstädtischen Lagen, und auch Anforderungen wie Zuwegung und Parken lassen sich einfacher lösen. Es mischen sich hier auch weitaus weniger beteiligte Parteien mit ihren Ansprüchen ein. Die Kommunen hingegen denken bevorzugt innerstädtisch. Schließlich möchte man attraktive Angebote im Stadtgebiet haben und die Verwertungskette auch hierbehalten, wenn es um Tourismus und Gastronomie geht.

Hospitality-Anforderungen ermitteln

Während die Mindestanforderungen an die Zuschauerkapazität und ggf. auch die Anordnung der Tribünen ligaseitig vorgegeben sind, herrscht bei der Ausgestaltung der Hospitality-Zonen viel Spielraum – beginnend bei der Frage, ob sich ein Logen-Konzept lohnt. Auch bei den Anforderungen für Lounges und den VIP-Bereich kommt es sehr auf den jeweiligen Verein an. Viele traditionsreiche Vereine benötigen viel mehr Platz für die VIP-Gäste und die Gastronomie, womit sie mit ihrem Bedarf zum Teil deutlich über den Liga-Anforderungen liegen. Wenn der VIP-Anteil im Publikum hoch ist, bedeutet dies jedoch nicht zwingend, dass die vorgegebene Hallenkapazität insgesamt zum Verein passt. Klar ist, dass anspruchsvolle Hospitality-Angebote im Rahmen modularer Container- oder Leichtbau-Lösungen bis hin zum klassischen VIP-Zelt weitaus schwieriger zu erfüllen sind als in entsprechend geplanten massiven Bauwerken. Weitläufige Lounges, an denen in der Konsequenz unter anderem auch eine komplette Großküchen-Einrichtung und Sanitärflächen hängen, erweitern allerdings den Baukörper signifikant und damit auch die folgenden Kosten im Unterhalt. Ob sich dies adäquat durch Vermietungen an Drittveranstalter refinanzieren lässt, ist jedenfalls eine spannende Frage, auf die man meist erst die Antwort kennt, nachdem man sich entscheiden hat.

Ein weiterer Aspekt, der die Verwendung simpler Hallenbauweisen immer schwieriger macht, ist Art und Umfang der heute eingesetzten Werbe- und Medientechnik. Videowalls, Videowürfel, Videobanden sowie Pre-Riggs für Drittveranstaltungen – all das bekommt man kaum noch in eine Halle, die nur notdürftig für den Spielbetrieb tauglich gemacht wird.

„Aktuell wäre die erwähnte Gebäudetechnik, aber auch eine zeitgemäße Medientechnik in einer Wellblechhalle einfach nicht genehmigungsfähig unterzubringen“, sagt Bernd Helmstadt. „In vielen Fällen sieht man in Theatern oder Kulturhallen vergleichsweise einfache Lösungen, die als Interimslösungen in Bestandshallen in Industriebrachen unterkommen. Das geht unter Umständen, aber ab einer gewissen Größe machen die wachsenden Kataloge mit Anforderungen dies unmöglich.“ Andersherum gedacht, gibt es kaum noch unkomplizierte Lösungen in einfachen Hallen für kombinierte Konzepte mit Kultur- und Sport-Nutzung. Dennoch muss es jedem Betreiber ein zentrales Anliegen sein, seine Halle an möglichst vielen Tagen auszulasten und neben den Trainings- und Spielterminen des Profi-Teams kommerziell zu vermarkten.

Wieviel Flexibilität ist möglich?

Eine interessante Frage betrifft aber einen anderen zentralen Punkt der Hallenplanung: Wäre es nicht denkbar, die Flächen so einzurichten, dass bei Bedarf, etwa nach einem Aufstieg, die ligaseitig geforderte Zuschauerkapazität mit einem flexiblen bzw. mobilen oder temporären Tribünenkonzept zu realisieren?

BallsportARENA Dresden: Schulsport-Pakete und wandlungsfähiger Hallenboden in privatem Objekt.
BallsportARENA Dresden: Schulsport-Pakete und wandlungsfähiger Hallenboden in privatem Objekt. Bild: BallsportARENA Dresden

Bernd Helmstadt erklärt: „Im Innenraum wird man immer darauf achten, Flexibilität zu ermöglichen. Mindestens eine Seite wird mit einer Teleskoptribüne ausgestattet, sodass bei Veranstaltungen eine Szenefläche mit Rückwand freigeräumt werden kann. Dieses Konzept lässt sich aber nicht so einfach auf die Flexibilität einer Halle über Jahre übertragen, wenn man sich nicht zu Beginn auf eine hohe Zuschauerkapazität einlassen möchte. Ein Halleninnenraum ist immer fest umbaut, die Dimensionen stehen fest. Es ist kaum eine Kalkulation sinnvoll denkbar, die es vorsieht, nach einem Aufstieg den Baukörper zu erweitern. Ebenso ist es unwirtschaftlich, die zur Verfügung stehenden Hallendimensionen nicht auszunutzen und leer stehen zu lassen.“ Denn, nicht zu vergessen: Die TGA inklusive der aufwendigen Brandschutztechnik richtet sich nach der größten Hallenkonfiguration, nicht nach der Minimallösung.

Auch in taktischer Hinsicht, wenn es um die Genehmigungsplanung geht, ist es nicht einfach, eine Kapazitätserweiterung durchzuführen. Die Politik kann unterstützen, aber in Stadtvierteln werden es die Rahmenbedingungen immer sehr schwer machen, Genehmigungen zu erhalten. Allein schon die Nachtruhe einzuhalten und einen Schallschutz zu realisieren, der den Lärmpegel auf unter 42 dB für die Nachtruhe reduziert, ist eine schwierige Aufgabe. Man muss bei jedem Hallenprojekt zudem einen Stellplatznachweis erbringen. Dieser ist im Konzertbetrieb für den Betreiber günstiger als im Sportbetrieb, aber auch hier gilt, dass vor Ort eine Maximallösung machbar sein muss, bevor die Kapazitätserweiterung konkret angegangen wird. Wer aber garantiert, dass nach Jahren im Umfeld noch dieselben städtebaulichen Gegebenheiten existieren und die Stellflächen, geschweige denn ihre Verkehrsanbindung, in erforderlichem Maße noch bestehen?

Der Vollständigkeit halber muss zudem erwähnt werden, dass die kleine, flexible Hallenlösung nicht beliebig aufwärts skalierbar ist. Ab 5.000 Zuschauerplätzen ist eine Schwelle mit zusätzlichen Auflagen erreicht, weil man hier die Richtlinien für Großveranstaltungen beachten muss. Die Kubatur an umgebauten Raum steigt in erheblichem Ausmaß mit an, womit der Aufwand für das Bauwerk deutlich steigt und von der ursprünglichen spartanischen Lösung keine Rede mehr sein kann.

Für den privaten Bauherrn empfiehlt es sich generell, die enge Zusammenarbeit mit der Kommune zu suchen. Das enge Kooperieren wird am Ende auf der Zeitachse wie auch auf der Finanzseite die beste Lösung sicherstellen. Bernd Helmstadt fügt zu diesem Thema hinzu, dass der Bau einer permanenten Halle oder zeitlich befristen Lösung auf mehrere Jahre kein Monsterprojekt, das sich über viele Jahre zieht, bedeuten muss. „Mit unserem Schnellbauverfahren, bei dem mehrere Prozesse parallel laufen, können wir die Bauzeiten erheblich verkürzen und eine permanente Sporthalle und Eventhalle in weniger als einem Jahr errichten.“

So profitiert die Kommune zusätzlich von einem erfolgreichen Sport-Projekt – und ohne sie wird es schwer, die beste Hallenlösung in die Tat umzusetzen. „Und“, so Helmstadt, „dabei wird es auch weiterhin Platz und Anwendung für Temporärbauhallen geben, die für den kurzfristigen Einsatz eine sinnvolle Lösung darstellen“.

Im Visier der EU-Kommission

Die inhaltliche Ausrichtung von Stadthallen, aber auch von Multifunktionshallen, ist neben der betrieblichen Machbarkeit auch mit Blick auf EU-Richtlinien von zunehmender Bedeutung. Werden öffentliche Stadt- und Kulturhallen intensiv für kommerzielle Formate wie z. B. Kongresse, Tagungen und Messen genutzt, müssen aber gleichzeitig über städtische Mittel bezuschusst werden, sind verstärkt beihilferechtliche Aspekte von Relevanz. Dies wird, wie Fachleute beobachten, im zunehmenden Maße auch von der EU-Kommission geprüft. Eine Halle, die einem oder mehreren hochklassigen Clubs als Trainings- und Spielstätte dient, hat in der betrieblichen Praxis nicht viele Tage frei für lukrative Events im zusätzlichen Vermietgeschäft.

Für Spielstätten, die eine entsprechende Ausstattung nach Sporthallen-Norm haben und neben den Profi-Clubs auch Schulen und Vereinen Trainingszeiten bieten möchten, stellt sich die Rechnung noch etwas komplizierter dar, wie Christopher Rörig, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens BEVENUE, beschreibt: „Schul- und Vereinssport-Nutzungen haben feste Belegungszeiten, die in der Regel Grundlage der Realisierung und Genehmigung sind. Werden derartige „Mehrzweck“- bzw. Multifunktionshallen zusätzlich für den Schul- und Vereinssport dann für professionellen Ligaspielbetrieb und/oder Konzertveranstaltungen genutzt, kommt es zu zeitlichen Überschneidungen, für die es ein genehmigungsrechtlich einwandfreies Belegungsmodell zu finden gilt. Denn Schul- und Vereinssport muss weichen, wenn z. B. Gastmannschaften ligastatutbedingt vor den Ligaspielen in den jeweiligen Spielstätten Trainingseinheiten abhalten dürfen oder aber wenn für Konzertveranstaltungen mehrtägige Rüst- und Umbaumaßnahmen anfallen.“ Diese Situation stellt sich in vielen Hallen im Bestand, aber auch bei neuen Entwicklungen, wie z. B. der neuen Großsporthalle in Heidelberg dar, in der Schulen und Vereine ihre Zeiten bekommen, die Handballer der Rhein-Neckar Löwen Champions League spielen und zudem die Basketballer der MLP Academics ihren Ligabetrieb austragen wollen.

Rörig zufolge begutachtet die EU-Wettbewerbskommission solche Aktivitäten mittlerweile verstärkt. Man sehe es hier nicht als Aufgabe der Städte an, professionell ausgerichtete Clubs, die de facto Unternehmen sind, zu fördern, gleichzeitig aber die hoheitlichen, nicht-kommerziellen Schul- und Vereinssportnutzungen zu relativieren. „Genau genommen“, präzisiert Rörig, „darf eine Kommune nicht einfach eine Spielstätte für eine derartige, kommerzielle Nutzung ohne entsprechende Vergütung durch den Nutzer bzw. Verein zur Verfügung stellen. Diese müssten eigentlich eine marktrealistische Vollmiete zur Nutzung der Halle und deren Infrastruktur zahlen, um den rechtlichen Grundlagen zu entsprechen“. Gleiches gilt im Übrigen auch für Kultur- und Stadthallen – auch hier müssen kommerzielle Veranstalter z. B. für Tagungen, Kongresse und Messen eigentlich gegenüber dem Status quo deutlich höhere Mieten zahlen.

Gastro-Pächter: Marktübliche Konditionen?

Ein spezielles Thema sind die in derartigen Stadthallen und Mehrzweckhallen oftmals vorhandenen, von der öffentlichen Hand finanzierten, und vollausgestatteten Großküchen. Es ist nicht unüblich, dass solche ausgestatteten Gastronomien zu nicht marktüblichen Preisen und Konditionen an die Pächter langjährig vermietet werden. Diese können dann zu vergünstigten Konditionen wirtschaften, was manch einen lokalen Mitbewerber auf den Plan ruft, der sich zurecht benachteiligt fühlt. Wenn solche Mietverträge nicht marktkompatibel sind, werden, wie Christopher Rörig beobachtet, zunehmend entsprechende Klagen von lokalen Gastronomien, Hoteliers und Caterern bei der EU eingereicht. Nicht ohne Grund suchen immer mehr Städte die Zusammenarbeit mit Branchenexperten wie BEVENUE, mit Rechtsanwälten und Wirtschaftsprüfungsunternehmen, die in derartigen Angelegenheiten beraten.

Die Vereine, gerade wenn sie auf der Schwelle zu den Profi-Ligen stehen oder sich dort bereits etabliert haben, sind zwar Aushängeschilder der jeweiligen Gemeinden, über sie werden Marken-, Image- und Bekanntheitswerte für einen Standort geschaffen sowie auch Einnahmen generiert –  als direkte und indirekte Umsätze mit so genanntem Sekundarnutzen. Aber wie begründet man es als kommunaler Träger, per zusätzlichem Raum- und Flächenbedarf z.B. für Tribünen neben den erhöhten Investitionskosten über 30 Jahre hinweg die Betriebskosten nach oben zu skalieren?

Jeder Club mit Ambitionen hat einen oder mehrere starke Sponsoren bzw. Mäzene, die oftmals auch ihre Bereitschaft bekunden, derartige Mehrkosten finanziell zu unterstützen. In der Regel laufen solche Verträge aber maximal über fünf Jahre. Selbst wenn ein Sponsor oder Mäzen die gute Absicht bekundet, den Verein langfristig auf ein relativ hohes Level zu helfen, muss der Stadt-Kämmerer kritisch nachfragen, wie er dieses Modell denn im gesamten Lebenszyklus des Objektes darstellen kann. „Die meisten Partner des Sports haben auch, bevor sie ein solches Zahlenwerk mal genauer kennengelernt haben, gar keine Vorstellung davon, welche Summen hier abgerufen werden“, spricht der Berater Rörig aus Erfahrung. „Sind dann konkrete Zahlungen und Zusagen von den privaten Sponsoren oder Mäzenen erforderlich, bleiben diese in nicht wenigen Fällen dann aus oder werden zum Beispiel nach fünf Jahren nicht mehr verlängert. In diesem Fall muss dann, da es die Vereine üblicherweise selbst nicht stemmen können, wieder die Stadt einspringen, was in der Risikobewertung jedes Kämmerers die Ampeln bereits in der ersten Projektplanungsphase auf Rot schnellen lässt – Stichwort: haushaltswirksame Bürgschaften, Rückstellungen. Bürgermeister bzw. Projektinitiatoren schieben dieses Problem aber eher nach hinten bzw. negieren dieses. Auch dieser Thematik bei Veranstaltungsstätten hat sich die EU-Kommission verstärkt angenommen.“

Das Hallenduo – am Ende günstiger?

Es stellt sich sowohl aus dem Bedarf des Sports, aber auch aus dem der weiteren Vermarktung die Frage, ob es sinnvoller ist, zwei Hallen, die jeweils klar einem Nutzungszweck gewidmet werden, zu bauen. Ob dieses Modell doppelt so teuer wäre wie eine einzelne Halle, die zwei Nutzungsarten bedient, ist schwer pauschal zu beantworten. In Bezug auf die Baukosten für derartige Hallen lassen sich kaum seriös Hausnummern angeben. Aber man darf davon ausgehen, dass eine neue Dreifeldhalle für den Schul- und Vereinssport ohne Tribünen für rund 3 bis 3,5 Mio. Euro zu bekommen ist. Bei einer Stadthalle mit Zuschauertribünen und den sonstigen Flächen dürfte man schon 7 bis 10 Mio. Euro veranschlagen. Und die Halle für den Profi-Sport setzt bei dieser Summe erst an. Eine ligataugliche Halle für 3.500 Zuschauer ist heutzutage kaum für unter 15 Mio. Euro machbar.

Auf jeden Fall ist die Untersuchung der unterschiedlichen Zuschauerkapazitäten, die sich aus diversen Hallen-Konfigurationen ergeben, wichtig. Je mehr Sitz- und Stehplatzkapazitäten für z. B. Konzerte nutzbar sind, desto mehr Tickets können verkauft und damit Umsatz generiert werden. Bei Sporthallen fallen dabei bei Konzerten mit Kopfbühnen jedoch einige Quadratmeter an Flächen weg, es verbleiben mit Bühnenbarrikaden und Flucht- und Rettungswegen zwei Drittel bis drei Viertel an Netto-Fläche als vermietbare Zuschauerbereiche. Man kann sich also bei der Planung schon in etwa ausrechnen, in welcher Liga man damit im Kultursektor mitspielen kann, welche Kategorie von Künstlern die Spielstätte für die Tourneeplanung berücksichtigen könnte.

Es gibt keine allgemeinverbindliche Lösung und Antwort auf die Frage, ob nun eine multifunktionale Halle besser ist als z. B. mehrere, monofunktionale Hallen. Dies ist stets abhängig vom Markt, dem Standort, der Nutzung und Ausrichtung sowie auch den finanziellen Möglichkeiten. Es muss auch an dieser Stelle erneut darauf hingewiesen werden, dass Probleme bei den Betriebsgenehmigungen jeglichem Konzept einen Strich durch die Rechnung machen könnten. So lässt sich beispielsweise je nach Standort der Location und Umfeld ohne Schalldämmung und weitere Maßnahmen keine dauerhafte Betriebsgenehmigung erreichen. „In der Nähe eines Wohngebietes wäre die Genehmigung für 10 Veranstaltungen pro Jahr bis spätestens 23 Uhr wohl schon das Maximum, was man sich erhoffen darf“, sagt Rörig. Diese Problematik kann auch ein Hallenduo nicht auflösen.

Ein Beispiel für die Hallenproblematik im Profi-Sport bieten die Basketballer der Crailsheim Merlins. Die aktuell in der Stadt diskutierte und von der Presse begleitete Frage lautete: „Stadthalle? Schulsporthalle? Und was machen die Merlins?“ Hierfür wurden Studien erarbeitet, im Sommer 2020 dann ein ehemaliger Flugzeughangar am Rande der Innenstadt gekauft, der zur Stadthalle ausgebaut werden soll. Nebenan könnte eine neue Merlins-Halle gebaut werden – mit Synergieflächen bei Zuwegung und Parken sowie im VIP-Bereich. Hier gilt wie für jeden Neubau, dass es sich lohnt, Funktionsbereiche zusammenzulegen, das ist in Bau und Betrieb einfacher zu bewerkstelligen als zwei separate Standorte. „Wieviel das Ganze kostet, welche Flächen geschaffen und welche Synergien gegebenenfalls realisiert werden können, das müssen nun konkrete Planungen und Berechnungen ergeben“, berichtet Rörig.

Jedes Jahr bestätigt sich erneut, dass Insolvenzen im Profi-Sport an der Tagesordnung sind, und die Corona-Krise hat nicht dazu beigetragen, die finanzielle Situation der Clubs zu stabilisieren. Ohnehin stellt es sich in Anbetracht aller besprochenen Aspekte als unvernünftig dar, ein Hallenprojekt lediglich an einem Profi-Team – oder einem, das erst noch eines werden soll – aufzuhängen. Selbst wenn im Umfeld des Teams und seiner Träger Euphorie herrscht, ist es ein allzu großes Wagnis, nur die Liga-Anforderungen und den unmittelbaren Bedarf, der rund um den Liga-Betrieb entsteht, im Blick zu haben. An manchen Standorten mag Jahre währendes Gerangel mit einem ambitionierten Club in der städtischen Politik und dem Wirtschaftsumfeld verbrannte Erde hinterlassen haben.

Nutzungsvielfalt anstreben

Jedenfalls sind auch private Hallenprojekte ohne die Einbindung der Kommune, die über die Bereitstellung eines Baugrundes hinausgeht, oder weitere Standbeine kaum dauerhaft solide aufzustellen.

Heiner Peschers, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Institut für Sportstättenberatung IFS, spricht mit reichlich Erfahrung, wenn er sagt: „Man braucht einfach einen ordentlichen Etat, und bei einem gesunden Nutzungs-Mix kommt man kaum um den Schulsport herum, weil auf diesem Weg wichtige Gelder hereinkommen.“ Als Beispiel nennt er die Arena Trier (geplant vom Büro ARC Architektur Concept Pfaffhausen und Staudte) die nach ihrer Eröffnung im Jahr 2003 Spielstätte des örtlichen Basketball-Bundesligisten und der Frauen-Erstliga-Handballerinnen war. Diese fielen mit der endgültigen Insolvenz 2019 als Nutzer aus. Die Basketballer gingen 2015 in die Insolvenz, nach einer Konsolidierung sind sie nun als Zweitligist der Ankermieter Sport.

BallsportARENA Dresden: Zweitliga-Handball plus vermarktbare Flächen u. a. mit Squash.
BallsportARENA Dresden: Zweitliga-Handball plus vermarktbare Flächen u. a. mit Squash. Bild: BallsportARENA Dresden

Die Kapazität ist mit gut 4.500 Sitzplätzen (8.000 Plätze bei Bühnen-Konfiguration) nach Maßstäben der Hallensport-Ligen großzügig ausgelegt; die rundum angelegten Teleskop-Tribünen sind allerdings auf mehreren Ebenen separat fahrbar, sodass geringere Sitzplatz-Kapazitäten problemlos eingerichtet werden können. Neben der kommerziellen Vermarktung als Konzert- und Kulturhalle kommt den Trierern eine ganz andere Nutzung zugute, wie Heiner Peschers beschreibt: „Das ist ein cleveres Hallenkonzept, denn die Arena lässt sich im Alltag als Mehrfeld-Schulsporthalle nutzen. Wenn die Sektoren A, B und C in der großen Halle durch 3 geteilt werden, entstehen bis zu 9 kleine Spielfelder. Weitere 2 sind in der Aufwärmhalle untergebracht. Die Trennvorhänge ermöglichen, dass man aus der Aktionsfläche zwei separate große Handballfelder oder sechs Kleinfelder machen kann.  Sogar die Umkleiden und Sanitärbereiche sind darauf ausgelegt, dass sie entsprechend nach Geschlecht und Nutzergruppen gleichzeitig genutzt werden können. Im Veranstaltungsbetrieb werden aus diesen Flächen Künstler-Garderoben und Produktionsbüros.“

Freilich erfüllt eine solche Halle nicht alle Anforderungen der Schulsporthallen-Norm. Zum Beispiel können unter der Hallendecke und an den Wänden keine Sportgeräte befestigt werden, weil hier die umfangreiche TGA-Ausrüstung angebracht ist. Es können also nicht alle Anforderungen des Schulsports erfüllt werden, etwa für das Geräteturnen, dafür aber sind die Flächen für den Ballsport oder Trainingsgruppen anderer Sportarten großzügig.

Wo sich die Schulsport-Option als feste Säule des Etats nicht umsetzen lässt, sind privat betriebene Hallen aber auf andere Weise so ausgestattet, dass sie mit für die Bevölkerung attraktiven Angeboten einen ganzjährigen Tagesbetrieb haben. Die BallsportARENA Dresden, beispielsweise, bietet Anlagen für Squash, Badminton, Kegeln und Beachvolleyball, Sauna und Wellness, Fitness und Kinderschwimmen. Eine Gastronomie rundet hier das Angebot ab. Dem Schulsport offerieren die Betreiber Angebotspakete auf Stundenbasis. Das Schulsportpaket beinhaltet Badminton und Squash. Wahlweise kann auch Fußball, Futsal, Handball, Basketball oder Volleyball auf dem multifunktionalen Glas-Spielfeld mit LED-Markierungen gespielt werden.

Neben einer umsichtigen Planung von Beginn an und Geschick in betrieblichen Angelegenheiten gehört es untrennbar zu solchen Konzepten, sich als Partner lokaler Sport- und Freizeit-Träger zu positionieren sowie keine Alleingänge ohne Dialog mit der Politik zu unternehmen. Es kommt, einer trendigen Formulierung folgend, darauf an, das urbane Umfeld „mitzunehmen“. (Stadionwelt 04.10.2022)

Weitere News - Architekten / Fachplanung

AllgemeinContent+

Bauvorhaben und Infrastruktur-Investitionen

Stadionwelt/Sportplatzwelt veröffentlicht Bau-Planungen und Investitionen in die Infrastruktur von Sportstätten. Wer plant eine neue Tribüne oder Flutlicht und wo wird auf ein Payment-System umgestellt: Bundesförderung für Sporthallenneubau + Neue Sporthalle für Oberschule + mehr... mehr

Nachhaltigkeit

2. Deutscher Sportstättentag: Zentrale Forderungen

Rund 180 Teilnehmer aus Sport und Politik debattierten auf dem 2. Deutschen Sportstättentag am 25. Oktober 2023 über die Zukunft von Sport- und Bewegungsräumen und formulierten politische Forderungen für die nachhaltige Weiterentwicklung dieser Räume. mehr

Bauunternehmen

Der Generalunternehmer: Dirigent des Baustellen-Orchesters

Wer als Bauherr ein größeres Sportstättenprojekt in Auftrag gibt, setzt eine Lawine von Prozessen in Gang. Während der Architekt Ansprechpartner für den Entwurf ist, zeichnet der Generalunternehmer für alle Details der Umsetzung verantwortlich. mehr