DOSB: Statement zur deutschen Sportstättenlandschaft

Im exklusiven Statement äußert sich Andreas Silbersack, Vizepräsident Breitensport und Sportentwicklung beim DOSB, zu aktuellen Trendthemen der Sportentwicklung: Vom Status Quo der Sportstättenlandschaft bis hin zur aktuellen Kunstrasendiskussion.

„Wir brauchen mehr strategische Formen der Zusammenarbeit" – Im Interview spricht Andreas Silbersack, DOSB-Vizepräsident Breitensport und Sportentwicklung, über die Folgen der Corona-Krise für den Breitensport und seine Bedeutung für Kommunen.

Die zentrale Frage ist ebenso banal wie anspruchsvoll: Wie steht es um die Sporträume in Deutschland und wohin geht die Reise?

Die Antworten auf diese Frage sind zwar vielfältig, aber in ihrer Gesamtbilanz recht einfach: Es steht nicht zum Besten um die Sportanlagen und -räume in Sportdeutschland. Die Anzahl der Sporträume erscheint im Großen und Ganzen zwar zufriedenstellend, doch wir haben ein Qualitätsproblem mit einem immensen Sanierungs- und Modernisierungsstau im Umfang von rund 31 Mrd. Euro bundesweit. Deutschland vernachlässigt seine öffentlich genutzte Infrastruktur und wir fahren unsere Sportanlagen auf Verschleiß. Der milliardenschwere Sanierungsbedarf ist ein zentraler Engpass für die Sportentwicklung und beeinträchtigt die Lebensqualität vor Ort sowie den Schulsport.

Bild: DOSB

Gerne möchte ich sie auch über das aktuelle Forschungsprojekt des Bundesinstituts für Sportwissenschaft (BISP) informieren. Das Sportmanagement-Team um Professor Lutz Thieme hat den Zuschlag für des Projekt „Grundlagen für einen digitalen Sportstättenatlas“ erhalten. In dem Projekt geht es darum, Grundlagen für einen digitalen Sportstättenatlas zu schaffen. Wie könnte man alle Sportstätten in Deutschland erfassen und welche Merkmale von Sportstätten sollten dabei erhoben werden? Dabei geht es noch nicht darum, tatsächlich Sportstätten zu erfassen, sondern ein grundlegendes Schema zur Erfassung zu erarbeiten. Erst im Anschluss soll ggf. ein weiteres Projekt ausgeschrieben werden, das sich mit der konkreten Erfassung der Sportstätten nach dem erarbeiteten Schema beschäftigen soll. Ein wichtiges Projekt, welches wir stark unterstützen – nicht nur um bundespolitisch noch besser argumentieren zu können.

Das Problem des Sanierungstaus ist in der Politik mittlerweile weitgehend anerkannt – der Diagnose, die der DOSB seit Jahren in Bund, Ländern und Kommunen, in Fachkreisen und Verbänden auch mit eigenen Wahlforderungen positioniert, wird jedenfalls kaum noch widersprochen.

Im Gegenteil: Anknüpfend an die erfolgreichen „Goldenen Pläne” der Vergangenheit zum Sportstättenbau hat Bundesminister des Inneren, für Bau und Heimat Horst Seehofer im Rahmen unserer Mitgliederversammlung am 7. Dezember 2019 die Realisierung eines neuen „Goldenen Plans“ angekündigt. Mithilfe eines Bundesprogramms war es das Ziel, den auf 31 Mrd. € bezifferten Sanierungsstau in unseren Sportstätten deutlich abzubauen.

Nach den Ausführungen des Bundesinnenministers sollte im Zusammenspiel zwischen Bundestag und Bundesregierung, den Bundesländern und den Kommunen sowie dem organisierten Sport eine Konzeption für ein Investitionsprogramm entworfen werden, die u.a. Aspekte von Klimaschutz, Energieeffizienz sowie Bildungs- und Gesundheitspolitik berücksichtigt und dabei nachhaltig konjunkturelle Impulse auslöst. Ziel der Koalitionäre im Bund war es nach unserer Kenntnis, bereits für 2021 hierfür Mittel im Bundeshaushalt einzustellen und den Sanierungsstau innerhalb einer Dekade abzubauen. Der DOSB hat dieses weitreichende Vorhaben vollumfänglich unterstützt und in zahlreichen Gesprächen seine Kooperationsbereitschaft signalisiert.

Dieses Milliardenpaket ist der Corona-Pandemie leider zum Opfer gefallen, da die Prioritäten im Bundeshaushalt noch einmal grundsätzlich überdacht wurden. Im Zuge der Beschlussfassung zum zweiten Nachtragshaushalt des Bundestages wurden aber neue Mittel für das Bundesprogramm Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur sowie Mittel für einen Investitionspakt Sportstätten bewilligt:

Für den Investitionspakt Sportstätten stellt der Bund nach Maßgabe des Zweiten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan 2020 für die kommenden Jahre 640 Millionen Euro (Verpflichtungsrahmen bis 2024) für Investitionen zur Förderung städtebaulicher Maßnahmen im Bereich Sport zur Verfügung.

„Mitgliederentwicklung ist als Querschnittaufgabe zu verstehen" – Im Interview spricht Andreas Silbersack, DOSB-Vizepräsident für Breitensport und Sportentwicklung, über die Mitgliederentwicklung der Sportvereine in Deutschland sowie Erfolgfaktoren bei der Mitgliedergewinnung und -bindung.

Für das Bundesprogramm Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur wurden die bestehenden Fördermittel erneut aufgestockt. Insgesamt stehen nun 600 Millionen Euro zur Verfügung. Im September 2020 wurden bereits die ersten 200 Mio. Euro freigegeben und damit 105 Maßnahmen mit jeweils 2-3 Mio. Euro Fördersumme versehen. Das Programm, mit dem die Koalition Städte und Gemeinden unterstützen und konjunkturelle Impulse geben möchte, ist insgesamt mit 600 Mio. Euro ausgestattet. Die weiteren 400 Mio. Euro sollen bereits im ersten Quartal 2021 vergeben werden, obwohl diese Mittel ursprünglich für die nächsten vier Jahre vorgesehen waren.

Der DOSB erhofft sich einen mittel- bis langfristigen Effekt durch diesen substanziellen Einstieg des Bundes und die Aufstockung der Mittel für einen „Investitionspakt Sportstätten. Dies ist, nachdem der „Goldene Plan“ in den Planungen der Bundesregierung für 2021 zunächst eine untergeordnete Rolle gespielt hatte, aus unserer Sicht ein weiterer sehr wertvoller Schritt in die richtige Richtung. Hier wird es künftig darum gehen, durch eine Verstetigung der nun beginnenden Maßnahmen und gemeinsamen Anstrengungen von Bund, Ländern und Kommunen über Jahre den erheblichen Sanierungsstau bei den Sportstätten sukzessive abzubauen.

Welche Finanzierungsmöglichkeiten gibt es eigentlich?

Wir haben einen Überblick über Förderprogramme des Bundes für Sportstätten und Sporträume für das Jahr 2020 erarbeitet. Diese detaillierte Überblicksdarstellung schließt diese Informationslücke, erleichtert die Suche nach geeigneten Förderquellen für entsprechende Maßnahmen und bietet umfassende Informationen zu den einzelnen Programmen. Zu jedem Förderprogramm wurden Kurzfassungen zusammengestellt, die u.a. Informationen zu Förderschwerpunkten, Antragsberechtigten und Förderhöhe sowie zuständigen Ansprechpartnern enthalten. Weiterführende Informationen erhalten Sie im DOSB beim Ressortleiter „Sportstätten und Umwelt“, Christian Siegel, und natürlich auf unserer Homepage.

Bild: DOSB

Mikroplastik auf Kunststoffrasenfeldern

Wie angekündigt möchte ich nun noch das Thema „Kunststoffrasen“ ansprechen. Es ist das „Hot Topic“ der Sportstätten-Szene, was ja auch in ihrem eigenen Block im Rahmen dieses Online-Kongresses an zahlreichen Stellen dokumentiert wird.

Der sportbezogene Eintrag von (Mikro-)Plastik in die Umwelt und mögliche Gesundheits- und Umweltbelastungen, die von Sportbelägen, Sporttextilien und Sportveranstaltungen ausgehen, werden immer häufiger wissenschaftlich problematisiert, in sport- und umweltpolitischen Zusammenhängen diskutiert und medial thematisiert. Dies hat potenziell negative Auswirkungen auf die Sportentwicklung und erfordert daher ein abgestimmtes, proaktives Vorgehen der Sportorganisationen.

Der DOSB beteiligt sich intensiv am Meinungsbildungsverfahren der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), der EU-Kommission sowie der Bundesregierung zu einem Beschränkungsvorschlages „Mikroplastik“. Dem handlungsleitenden Prinzip der Nachhaltigkeit folgend, tritt er dabei in seiner politischen Kommunikationsarbeit für einen ausgewogenen Ausgleich ökonomische, soziale und ökologische Interessen ein. Im Sinne eines solchen Interessensausgleichs unterstützt der DOSB grundsätzlich das Ziele der ECHA, den Austrag von Mikroplastikpartikeln aus Kunststoffrasenplätzen deutlich zu reduzieren, fordert jedoch unverändert einen angemessenen Übergangszeitraum von mindestens sechs Jahren. Ein derartiger Übergangszeitraum ermöglicht es den rund 90.000 Sportvereine ihren sportlichen, aber auch ihren gesellschaftspolitischen und sozialen Aufgaben während des Veränderungsprozesses uneingeschränkt nachzukommen. Seine Positionierung verbindet der DOSB mit dem Wunsch an die EU-Kommission die sozio-ökonomischen Folgen des Beschränkungsvorschlags vor dem Hintergrund der aktuellen COVID-19-Pandemie zu gegebenem Zeitpunkt erneut zu überprüfen.

Bild: DOSB

Wie geht es weiter?

Es wird erwartet, dass die konsolidierte Stellungnahme beider Ausschüsse (RAC & SEAC) bis Ende 2020 vorliegt. Die Stellungnahmen der Ausschüsse der ECHA tragen zur Meinungsbildung der EU-Kommission bei, die dann eine ausgewogene Bewertung der ermittelten Risiken sowie des Nutzens und der Kosten der vorgeschlagenen Beschränkung vornehmen soll. Innerhalb von drei Monaten nach Erhalt der Stellungnahmen der beiden Ausschüsse wird die Kommission einen Änderungsentwurf der REACH-Verordnung vorlegen. Die endgültige Entscheidung wird in einem Ausschussverfahren unter Beteiligung der Mitgliedstaaten und des Europäischen Parlaments getroffen. Mit der Verabschiedung der Beschränkung kann im Jahr 2022 gerechnet werden.

Der DOSB hat im Frühjahr 2019 die Arbeitsgruppe „Mikroplastik durch Sport in der Umwelt“ eingerichtet, in der Fachleute aus den Sportorganisationen, den kommunalen Spitzenverbänden, dem Umwelt- und Wissenschaftsbereich sowie der Wirtschaft vertreten sind. Die Arbeitsgruppe stellt einen kontinuierlichen Informationsaustausch und Wissenstransfer zum gesellschaftlich bedeutsamen Thema der Umweltverschmutzung durch Plastik und dessen Bezügen zum Sport sicher.

Der gemeinwohlorientierte Sport kann und will seinen Beitrag dazu leisten, die Umweltverschmutzung durch Mikroplastik zu reduzieren. Wir hoffen, dass die nun vorliegenden `Handlungsempfehlungen´ und `Positionen´ zur Reduzierung bzw. Vermeidung von synthetischen Füllstoffen in Kunststoffrasensystemen führen. Die AG hat in den Positionen sowie Empfehlungen für Fördermittelgeber und Industrie zu Kunststoffrasensystemen erarbeitet. Diese „Handlungsempfehlungen“ und „Positionen“ sowie weitere aktuelle Informationen, FAQs, Downloadmöglichkeiten und einen Überblick über die Fördersituation von Kunststoffrasenplätzen in den Bundesländern gibt es unter: www.dosb.de/mikroplastik. Auch hier steht Ihnen das DOSB-Team um Christian Siegel gerne zur Verfügung.

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