Einführung: Alles über Einstreugranulat für Kunstrasensysteme

Wesentlich für die Qualität eines Kunstrasensystems sind nicht allein das Garn und seine Verarbeitung, sondern auch die losen Bestandteile, insbesondere die Granulatverfüllung.

AKTUELLER HINWEIS: Auch wenn noch keine endgültige Entscheidung seitens der EU getroffen wurde, gilt ein EU-weites Verbot von Kunststoff-Einfüllgranulaten als wahrscheinlich. Im Laufe des Jahres 2021 sollte feststehen, wie es weitergeht. (Einen ausführlichen Artikel zum Thema finden Sie hier: Kleine Körnchen – großes Problem? Ein Überblick zur aktuellen Mikroplastik-Debatte der ECHA). Die folgenden Informationen gelten somit teilweise unter Vorbehalt. In jedem Fall ist auch klar, dass Übergangsfristen gelten werden und Bestandsanlagen mit Gummi-Granulat in deren Rahmen weiter betrieben werden können.

Während der Sand als untere Schicht in erster Linie den Fasern des Spielfelds festen Halt verleiht, ist die Granulatverfüllung mit einem größeren Anteil an der Steuerung der Spieleigenschaften und Belastbarkeit beteiligt. Sie sorgt (in Kombination mit der Elastikschicht) für die Dämpfung und trägt maßgeblich zu weiteren Eigenschaften des Systems wie dem Ballsprung- und Ballrollverhalten bei und zur Minimierung des Verletzungsrisikos. Je mehr ein Hersteller die Eigenschaften eines Systems ausdifferenziert, desto feiner sind auch die Eigenschaften des Granulats auf das Gesamtprodukt abgestimmt.

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Hierbei kommen nicht allein die sportfunktionellen Eigenschaften zum Tragen, sondern auch solche, mit denen der Kunstrasen seiner Umgebung begegnet. Dies sind zum Beispiel die UV- und Wetterbeständigkeit, der Flammschutz und nicht zuletzt die Eignung für sensible Umweltbedingungen – über den Abrieb und damit Staub, das Verschleppen des Granulats oder über die Eluation mit Wasser können Granulate und deren Inhaltstoffe in die Umwelt gelangen. Darüber hinaus lässt sich die Optik eines Sportplatzes über die Farbgebung des Granulats mit steuern, und letztere beeinflusst auch mit, wie sehr sich der Platz bei Sonneneinstrahlung aufheizt.

Im Laufe der Jahre und mit wachsender Bedeutung des Kunstrasens hat die Industrie ihre Entwicklungsarbeit im Granulat-Bereich intensiviert. Während zunächst hauptsächlich das SBR-Recycling-Material beachtet wurde, stehen mittlerweile unterschiedliche Produktarten zur Verfügung. Ein Kunstoffrasen-System lässt sich nicht allein anhand der Materialeigenschaften des Granulats einstellen, sondern auch mittels der Kornform, beziehungsweise der Schüttdichte. Diese fällt je nach Granulatform und Materialart unterschiedlich aus; so erreichen bei gleicher Menge runde Körner eine geringere Höhe als eckige. Die Füllhöhe ist somit der aussagekräftigere Faktor als das Gewicht pro Quadratmeter. Vom reinen Anschaffungspreis diverser Produkte (in Euro pro Tonne) lässt sich also kein direkter Bezug zur Gesamtinvestition herstellen. Zumal die optimale Füllhöhe auch in Relation zu den Spezifikationen des Garns, in das Granulat eingefüllt wird, zu betrachten ist.  

SBR-Recyklat

Dem SBR-Granulat bescheinigt man sehr gute funktionelle Eigenschaften, so unter anderem eine hohe Elastizität. Der Preis ist beim SBR deutlich günstiger als beim EPDM und TPE. SBR besteht zu fast 100 % aus wiederverwerteten Autoreifen. Qualitätsanforderungen, die das Material bei diesem ursprünglichen Verwendungszweck erfüllt, kommen auch im zweiten Lebenszyklus seiner Bestandteile auf dem Sportplatz zur Geltung. So ist es zum Beispiel hoch UV- und wetterbeständig. Das SBR-Einstreugranulat kann heutzutage eine gute, kostengünstige und zudem ressourcenschonende Lösung sein, wenn es aus einer güteüberwachten, dokumentierten Quelle stammt.

PUR-umhülltes SBR (RPU)

Diese Variante des SBR ist mit einer Polyurethan-Schicht ummantelt, die in erster Linie der Einfärbung des ansonsten schwarzen Recycling-Granulats dient. Diese Beschichtung wird durch die hohen mechanischen Belastungen in einem Kunstrasenplatz über die Zeit abgerieben. Dadurch kommt die ursprüngliche schwarze Farbe wieder zum Vorschein, und es herrschen wieder die konventionellen Eigenschaften eines SBR-Einstreugranulats vor. Das umhüllte SBR-Material empfiehlt sich daher weniger für Sportplätze mit intensiver Nutzung oder einen langen Zeitraum.

EPDM

EPDM ist traditionell ein Bestandteil vieler Sportboden-Systeme – in den Elastikschichten und als Bestandteil von Kunststofflaufbahnen. EPDM wird als Neuware produziert und an die besonderen Anforderungen als Einstreugranulat angepasst. So gehören eine gute Elastizität, gepaart mit besonderer Resistenz gegen widrige Wetterbedingungen und chemische Einwirkungen bei der Verwendung von EPDM als Einstreumaterial zu den wesentlichen Merkmalen. Diese sind in besonderem Maße auch bei der Verwendung als Einstreugranulat gefragt; zusätzlich kann das EPDM bei sehr guten ökologischen Werten durch die Beimischung entsprechender Zusätze auf verschiedene Einsatzgebiete und deren Anforderungen eingestellt werden. So ist jede Farbeinstellung möglich und/oder die Steuerung des Flammschutzes.

Dennoch ist EPDM nicht gleich EPDM. Peroxidvernetzte EPDM-Einstreugranulate sind in den vergangenen Jahren durch problematische Langzeitstabilität aufgefallen und neigten unter UV-Strahlung und Hitze zum Verklumpen. Schwefelvernetztes EPDM dagegen ist seit mehreren Jahrzehnten in Laufbahnen und seit fast 10 Jahren als Einstreugranulat erprobt und laut Herstellerangaben bewährt im Einsatz.

EPDM-Fasergranulat

Das EPDM-Fasergranulat ist ein neu geformtes Einstreugranulat, das zu 100 % aus einem mit Schwefel vernetzten EPDM-Gummi besteht. Dieses besonders UV-stabile Material wird durch ein neu entwickeltes Fertigungsverfahren in eine, faserige Form gebracht. Die bedeutendste Neuerung dabei ist die organisch ausgestaltete Oberfläche der einzelnen Körner. Dadurch wirkt das Material nicht nur optisch natürlicher, sondern fühlt sich auch auf der Haut angenehmer an.

TPE

TPE-Granulate sind Thermoplastische Elastomere die erst seit einigen Jahren als Einstreugranulate eingesetzt werden. Während es verschiedene TPE-Materialien für den Einsatz bei technischen Produkten gibt, wird als Einstreugranulat aufgrund des Preis-Leistungsverhältnisses momentan nur TPE-S verwendet. Verschiedene Typen von TPE-Granulaten können auf den Verwendungszweck, insbesondere hinsichtlich der Elastizität und des Alterungsverhaltens, zugeschnitten werden. Jedoch ist die Stabilisierung von thermoplastischen Materialien gegen Temperatur und Alterungseinflüsse sehr aufwändig. Dies hat Hersteller dazu bewogen TPE-Granulate nicht für Regionen zu empfehlen, die eine hohe UV-Belastung und hohe Temperaturen aufweisen. Die hochstabilisierten TPE-Granulate haben ihren Preis: TPE ist der teuerste Granulat-Typus.

Kork

Neben den synthetischen Füllstoffen sind auch solche rein natürlichen Ursprungs erhältlich. Der Kork hat sich unter ihnen als gemäß den vielfältigen Anforderungen am besten geeignet erwiesen. Die Anbieter stellen als einen seiner größten Vorteile heraus, dass das aus der Rinde der Korkeiche gewonnene Material vergleichsweise wenig Wärme speichert und leitet. Die der Sommerhitze geschuldeten ungünstigen Eigenschaften chemischer Produkte entfallen damit, hier sammelt das Material auf jeden Fall Sympathie-Punkte. Je nach Qualität haben Kork-Granulate ein unterschiedliches Abriebverhalten; der entstehende Staub jedenfalls ist laut Herstellerangaben umweltneutral. Wegen seiner Wabenstruktur und der naturgegebenen Versiegelung mit Suberin nimmt der Kork kein Wasser auf und ist daher nicht anfällig für biologische Prozesse. Freilich lassen sich sämtliche positiven Eigenschaften in Labortests wie auch in der Verwendung auf dem Sportplatz nur mit einem geringen, nicht verholzten Teil der Korkeichen-Rinde erzielen – und diesem Umstand ist der vergleichsweise hohe Preis dieser Produktart geschuldet. Die gesicherte, spezifische Qualität entsteht ferner durch exakt auf den Verwendungszweck abgestimmte Produktionsverfahren. Der Einsatz beliebigen zerkleinerten Korks, das nicht als Kunstrasen-Infill bestimmt ist, wäre also nicht praktikabel. 

Kein Blick zurück

Freilich sind, wenn es um den Kunstrasen geht, verschiedene Produkt- und Auftragskonstellationen von Interessen der Industrie und Handwerksbetriebe geprägt. Ebenso gibt es regionale Präferenzen und Traditionen. Die Entscheidung für das eine und damit gegen viele andere Produkte sollte Fachleuten obliegen, die das komplexe Zusammenspiel aller Komponenten im Gesamtsystem Kunststoffrasen kennen und mit aktueller Praxiserfahrung einschätzen können. Ein nicht zu unterschätzender Faktor ist hierbei auch, in welcher Menge innerhalb welcher Zeiträume ausgetragenes Material durch Nachstreuen ersetzt werden muss. Die Industrie hat in den vergangenen Jahren viel Entwicklungsarbeit in alle Produktarten investiert. Ältere Erfahrungswerte – und auch Vorurteile – haben kaum noch Gültigkeit. Voraussetzung für die Erfüllung aller Versprechen, die sportspezifische Eignungen von Infill-Materialien betreffen, aber auch den Lebenszyklus und damit am Ende die Wirtschaftlichkeit ist immer, dass nicht nur die Einbau-, sondern auch die Pflegemaßnahmen fachgerecht durchgeführt werden.

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